# taz.de -- Die Wahrheit: Januskopf mit Hefezopf | |
> Julia T. ist eine Frau mit vielen Facetten und als Januskopf mit Hefezopf | |
> prädestiniert für allerhöchste Ämter. Definitiv auf dem Weg zum | |
> Friedensnobelpreis. | |
Bild: Die Haare von Frau T. | |
Das schaffen nur ausgewiesene Spagatkünstler, sehr trainierte | |
Spreizschrittartisten oder eben Julia T. Erst kündigt sie zünftig an, dem | |
„Bastard“ Wladimir eine Kugel in den Kopf zu jagen, dann seine in der | |
Ukraine lebendenden acht Millionen Russen „mit Atombomben“ zu vernichten, | |
um schließlich in Russland nur noch „verbrannte Erde“ zu hinterlassen. | |
Anschließend behauptet Julia T., das mit den Atombomben sei ihr | |
untergeschoben worden von einem Stimmenimitator in russischen Diensten. Sie | |
habe natürlich gesagt, dass alle Ukrainerinnen und Ukrainer von ihr vereint | |
werden. | |
Schon klar, als ehemalige Vizekanzlerin und Energieministerin hat man | |
natürlich das Wohl des ganzen Landes und besonders seiner Minderheiten | |
stets im Auge. Doch so etwas authentisch in die Kameras sülzen, während die | |
ungefälschte Aufnahme der eigenen Vernichtungsfantasien weltweit kursiert, | |
ist hohe PR-Kunst – nur hochflexible Janusköpfe kriegen so etwas hin, ohne | |
rot zu werden. Julia T. ist eine Meisterin dieses Fachs und als Januskopf | |
mit Hefezopf prädestiniert für allerhöchste Ämter. | |
Da nimmt es weiß Gott nicht Wunder, dass die Demokratin und Jeanne d’Arc | |
der Ukraine just letzte Woche vom außenpolitischen Arbeitskreis der CSU für | |
den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wurde. Ja, servus – was für eine | |
wunderbar debile Verneigung vor sämtlichen aufgegangenen Hefeteilchen | |
dieser Welt! Doch das Kaliber Julia T. schafft es auch, trotz eines | |
„schweren“ Bandscheibenvorfalls, nach der Rollstuhlshow auf dem Maidan | |
stante pede wieder in ihre High Heels zu schlüpfen. | |
Auf solchen Stöckeln und mit einer Mitleidskrücke tauchte die Eiserne ja | |
auch in Berlin auf, von Merkel mütterlich in der „Freiheit“ begrüßt. Nic… | |
überliefert ist, ob anschließend in der Charité außer dem Vorfall der | |
Bandscheibe auch die Vorfälle der Hirnsynapsen der Julia T. untersucht | |
wurden. Dort paaren sich nuklearer Vernichtungswille mit | |
zivilgesellschaftlichen Reformen offenbar ebenso perfekt wie Raffgier und | |
Größenwahn mit Demokratie und sozialer Verantwortung. | |
Offensichtlich ist aber, dass dem durchgeknallten Hefezopf aus | |
Dnjepropetrowsk nur genauso weit zu trauen ist, wie man seine Waschmaschine | |
werfen kann. Bevor Julia T. als Fake-Blondine mit Wickelfrisur in die | |
vaterländische Politik einstieg, hatte sie als brünetter Business-Vamp | |
ihren Faible für das Multitasking bereits unter Beweis gestellt. Während | |
nach dem Ende der Sowjetunion die meisten nichts zu beißen hatten, brachte | |
sie in wenigen Jahren zwanzig Prozent der ukrainischen Kohle (will heißen: | |
Gas) unter ihre Kontrolle. | |
Wie es sich in derartiger Windeseile als Tochter einer Telefonistin zur | |
„11-Milliarden-Dollar-Frau“ (Guardian) aufsteigen lässt, gab sie damals | |
ebenso freimütig zu Protokoll: „Jeder, der nur einen Tag im ukrainischen | |
Geschäftsleben tätig war, könnte ins Gefängnis gesteckt werden.“ Nicht ga… | |
folgerichtig beteuerte sie dann nach der Inhaftierung 2011 penetrant ihre | |
Unschuld. Während doch alle Indizien darauf hindeuteten, dass Julia T.s | |
Geschäftsmodell mafiös funktionierte und dass die Gründung ihrer Partei | |
keinem gesellschaftlichen Interesse geschuldet war, sondern nach dem | |
Vorbild Silvio Berlusconis allein dem Schutz des erbeuteten | |
Milliardenvermögens diente. | |
Dabei war Julia T. einst bescheiden ins Wirtschaftsleben eingestiegen, mit | |
Raubkopien von Videokassetten. Den entscheidenden Schub bekam ihr Kramladen | |
durch die Beziehung zu dem Provinzfürsten Pawlo Lasarenko, der 1996 | |
Premierminister wurde. „Lady Ju“ machte dieser gleich mal zur Direktorin | |
der staatlichen Energiewerke. In deren Rohre lieferte Russland dem | |
Brudervolk in der Ukraine täglich Gas weit unter Marktpreis. | |
Die gelernte Raubkopiererin brachte das auf die dreiste Idee, den billigen | |
Stoff abzuzapfen und auf eigene Rechnung zum Weltmarktpreis zu verkaufen. | |
Als ihr Mentor Lasarenko nach kaum zwei Jahren als Premier abtreten musste | |
und neun Jahre in den Knast wanderte, war seine Schülerin zu Hause zur | |
„Gasprinzessin“ und Ikone der US-gesponserten „orange Revolution“ | |
aufgestiegen. Dass sie sich als neue Retterin der zu kurz Gekommenen in | |
Szene setzte, juckte den Volksmund allerdings wenig. Er taufte Julia T. | |
geschwind in Sonka um. Die nicht lange fackelnde Sonka war in den | |
Zwanzigerjahren die Diebin und Gangsterbraut der Ukraine schlechthin | |
gewesen. | |
1 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Mathias Bröckers | |
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