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# taz.de -- Berlins Spreeufer: Eisfabrik soll zur Factory werden
> Eine Initiative will Räume schaffen für Kunst, Kultur und
> Kreativwirtschaft. Geldgeber wären da. Doch der Eigentümer träumt von
> Luxuswohnungen.
Bild: Auf dem Dach der ehemaligen Eisfabrik an der Köpenicker Straße in Mitte.
Zwei Besuchergruppen durchstreifen am Freitagmorgen die Brache an der
ehemalige Eisfabrik in der Köpenicker Straße. Die eine Gruppe ist eine
Schulklasse, die sich an der urbanen Szenerie ergötzt: gegenüber das
Holzmarkt-Gelände, nebenan der graffitibedeckte Schornstein der
Fabrikruine, dazwischen jede Menge Müll und Weite. Typisch Berlin eben. Die
andere Gruppe besteht aus Berlinern, die sich in der Initiative „Forum
Stadtspree“ zusammengeschlossen haben, weil sie sich darum sorgen, dass
diese urbane Weite an der Spree bald Geschichte sein wird.
Das Gerücht geht um, dass dort, wo bis Dezember bulgarische Wanderarbeiter
in dem Industriedenkmal kampierten, Luxuswohnungen gebaut werden sollen.
Nächste Woche will der ehemalige Liegenschaftsentwickler TLG, der
inzwischen dem Finanzinvestor Lone Star gehört, das Gelände weltweit
ausschreiben. Und das, obwohl sich im Dezember Senat, die Bezirke
Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte sowie stadtpolitische Initiativen und
Grundstückseigentümer auf eine gemischte Nutzung geeinigt haben: Kunst,
Kultur, Clubs, Kleingewerbe und „neues urbanes“ Wohnen – mit öffentlichem
Uferweg.
Die Forum-Stadtspree-Mitglieder, die sich auf der Brache versammelt haben,
halten an diesen Plänen fest. Sie haben nicht nur ein Nutzungskonzept in
der Tasche, sondern auch Zusagen von möglichen Investoren. Stefan Richter
von der Stiftung Zukunft Berlin erklärt, man strebe einen Kauf des
TLG-Geländes zusammen mit dem nebenliegenden Spreegrundstück an, auf dem
früher die Kühlhäuser der Eisfabrik standen. So soll ein rund 30.000
Quadratmeter großes Areal für Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft
entstehen.
## Unterstützung vom Senat
Potenzielle Investoren stünden auch schon bereit: etwa die Stiftung Edith
Maryon aus Basel, die bereits das Schokoladen-Gründstück in der Ackerstraße
kaufte. Auch der Radialsystem-Investor Thomas Durchlaub, der 2011 das
Kühlhaus-Gelände von der TLG erwarb, wäre bereit, in das
Gemeinschaftsunternehmen zu investieren. Unterstützt wird das Vorhaben
zudem auch von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) und den
verantwortlichen Bezirksvertretern: Sie alle haben die Kulturpläne beim
Forum Stadtspree mitgetragen.
Zum Ortstermin am Freitag sind sogar Mietinteressenten erschienen: ein
Kreuzberger Unternehmen für DJ-Software, ein Vertreter des Holzmarkts,
Christophe Knoch von der Koalition der Freien Szene. Einzig die TLG mauert.
Nach Darstellung des Architekten und Anrainers Christian Schöningh hätten
sich die Eigentümer der beiden Grundstücke „hoffnungslos ineinander
verhakt“ – der Streit und die Weigerung der TLG, von ihren Luxusplänen
abzusehen, verhinderten eine Einigung.
Die Anwesenden hoffen nun auf Druck: Weil die Grundstücke in einem
Sanierungsgebiet liegen, hat das zuständige Bezirksamt ein Vetorecht. Man
müsse Kaufinteressenten jetzt unmissverständlich klar machen, dass in
Nachbarschaft von Holzmarkt und Radialsystem „Oligarchenarchitektur“
unerwünscht sei, forderte Liegenschaftsexperte Andreas Krüger von der
Belius-Stiftung.
Im Café des Deutschen Architektur Zentrums nebenan wurde anschließend noch
viel über sozialverträgliche Stadtentwicklung, Uferwege und Utopien für
diskursive Kunst-Orte an der Spree gesprochen. Der anregende
Gedankenaustausch wäre um einiges wirkungsvoller dahergekommen, wenn auch
ein Vertreter der Politik an der Runde teilgenommen hätte.
4 Apr 2014
## AUTOREN
Nina Apin
## TAGS
Berlin
Stadtentwicklung
Cuvrybrache
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