# taz.de -- Räumung verschoben: Noch ist die Eisfabrik nicht dicht | |
> Bewohner und Unterstützer demonstrieren für eine Unterbringung in | |
> Wohnungen. Sozialamt Mitte zeigt sich handlungsunfähig. | |
Bild: Wohnen in selbstgezimmerten Verschlägen. | |
Vor der ehemaligen Eisfabrik am Spreeufer steht eine Menschentraube. | |
Unterstützer des Bündnisses gegen Zwangsräumung sind darunter und Bewohner | |
der Fabrikruine. 35 Menschen aus Bulgarien leben derzeit in dem | |
heruntergekommenen Gemäuer in selbst gezimmerten Bretterverschlägen. Es ist | |
Freitag, 9 Uhr früh. Soeben ist die Frist abgelaufen, die der | |
Gebäudeeigentümer, die Telamon GmbH, den Bewohnern zum Verlassen des | |
Gebäudes gesetzt hat. Nun warten alle auf die Räumung. Aber die Polizei | |
kommt nicht. | |
Die Situation ist verfahren. In einer bauordnungsrechtlichen | |
Sicherungsanordnung hatte das Bezirksamt Mitte im Oktober von der Telamon | |
verlangt, alle Zugänge zur Eisfabrik zuzumauern. Telamon-Geschäftsführer | |
Thomas Durchlaub hatte eingewandt, das Gebäude erst sichern zu können, wenn | |
die Bewohner eine andere Unterkunft hätten. | |
Am 20. Dezember entschied das Verwaltungsgericht im Eilverfahren, dass die | |
Telamon die Eisfabrik ohne weiteren Aufschub sichern und räumen lassen | |
muss. Gleichzeitig erging an das Bezirksamt die Aufforderung, für die | |
Unterbringung unfreiwillig Obdachloser zu sorgen. | |
„Die Häuser denen, die drin wohnen“, skandieren die Unterstützer vom | |
Bündnis gegen Zwangsräumung. Als klar ist, dass keine Polizei kommt, | |
formiert sich ein Demonstrationszug zum Bezirksamt Mitte. „Keine | |
Notunterkünfte, sondern Wohnungen für die Bewohner der Eisfabrik“, so die | |
Forderung. | |
## Das Sozialamt ist schon da | |
Das Paradoxe ist: Das Bezirksamt ist längst vor Ort. Auf dem Bürgersteig | |
vor der Eisfabrik stehen der Leiter des Sozialamts, Hermann Heil, und zwei | |
seiner Mitarbeiter. Heil ist da, weil er von einer Räumung ausgegangen ist. | |
Nun weiß er auch nicht mehr weiter. Im Falle einer Räumung hätte er von der | |
Polizei die Liste mit den Namen der in der Fabrik angetroffenen Bulgaren | |
erhalten. Jedem von ihnen hätte Heil dann einen Gutschein für einen Platz | |
in einer Notunterkunft oder einem Hostel ausgestellt. | |
„Ohne Räumung können wir nichts tun“, sagt Heil. Die Mitarbeiter nicken. | |
Warum sie nicht selbst Kontakt zu den Bewohnern aufnehmen? Er dürfe fremdes | |
Gelände nicht betreten, erklärt Heil. Das sei eine Ordnungswidrigkeit. Die | |
Mitarbeiter nicken noch einmal. | |
Die Berliner Morgenpost schreibt am Nachmittag unter Berufung auf den | |
Sozialstadtrat von Mitte, Stephan Dassel, die Wohnungslosen hätten die | |
angebotene Hilfe des Sozialamts Mitte am Freitag abgelehnt. Die Wahrheit | |
ist: Es gab keine Hilfsangebote. | |
Mit Blick auf das Urteil sagte Telamon-Geschäftsführer Durchlaub zur taz: | |
„Ich gehe davon aus, dass das Sozialamt den Leuten eine feste Bleibe | |
besorgt.“ Einem Unterstützer zufolge haben die 35 Bewohner am Freitagabend | |
in der benachbarten St.-Michael-Kirche um Asyl gebeten. | |
27 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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