Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Flüchtlingen Behandlung verweigert?: Frühchen stirbt an Klinikver…
> Die Verweigerung einer ärztlichen Behandlung endete für das Kind einer
> Asylbewerberin tödlich. Eine Kinderklinik wies das Frühchen ab – der
> Krankenschein fehlte.
Bild: Mutter mit todkrankem Frühchen weggeschickt? Kinderkrankenhaus Auf der B…
HAMBURG taz | Vorigen Donnerstag kam es in der Hannoverschen Kinder- und
Jugendklinik „Auf der Bult“ zur Katastrophe: Ein gut ein Monat alter Junge
erlag seinen Atemstörungen. Die aus Ghana stammende Mutter erhebt nun
gegenüber der Klinik schwere Vorwürfe: Der Tod ihres Sohnes Joshua sei
vermeidbar gewesen, doch die Ärzte hätten ihm zunächst eine Aufnahme
verweigert, da sie keinen Behandlungsschein habe vorlegen können. Sie sei
daraufhin in ihrer Not mit dem Bus zu einer ihr bekannten Kinderärztin
gefahren. Als diese ihren Sohn in die Klinik einweisen ließ, war es zu
spät. Joshua starb noch im Krankenwagen. Wiederbelebungsversuche blieben
erfolglos.
„Am Donnerstag wurde ein Kind per Krankenwagen eingeliefert, bei dem die
Reanimation erfolglos blieb“, bestätigt Kliniksprecher Björn-Oliver Bönsch
in dürren Worten. „Weitere Fragen beantworten wir derzeit aufgrund der
laufenden Ermittlungen nicht“, so Bönsch weiter.
Auch die Staatsanwaltschaft Hannover will sich nicht weiter äußern. „Die
Obduktion der Leiche ist abgeschlossen. Wir warten noch auf die Ergebnisse
einiger Untersuchungen, dies kann sich bis nach Ostern hinziehen“, meint
Staatsanwältin Kathrin Söfker. Vorher könne sie keine Angaben zu den
näheren Umständen machen. Söfker bestätigt nur, dass die Klinik sich nach
dem Tod des Kindes vorschriftsgemäß an die Polizei gewandt habe, die den
Fall dann an die Staatsanwaltsaft weitergab.
Der als Frühchen und Zwilling geborene Joshua litt seit seiner Geburt am
10. März unter Atemproblemen. Deshalb wurde der kleine Junge direkt nach
seiner Geburt in die Kinderklinik auf der Bult eingewiesen. Am 19. März
wurde er dann entlassen. Als sich sein Zustand vergangene Woche jedoch
wieder verschlechterte, beschloss die Mutter, ihr Kind erneut in die Klinik
zu bringen. Obwohl er dort bereits bekannt war, verweigerte die Klinik der
Asylbewerberin die Behandlung ihres kranken Sohnes.
„Das kann man sich in Deutschland eigentlich gar nicht vorstellen“, empört
sich Abayomi Bankole, niedersächsischer Landesvorsitzender des
Afrikanischen Dachverbands. „Wir werden es uns nicht mehr gefallen lassen,
dass die medizinische Behandlung vom Status einer Person abhängig ist.“
Laut Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat Niedersachsen wäre die Klinik zu
einer Behandlung verpflichtet gewesen. „Normalerweise müssen Flüchtlinge
einen Krankenschein vorlegen, für Notfälle gilt dies jedoch nicht. Die
Klinik hätte auch kein finanzielles Risiko tragen müssen. Für die
Behandlungskosten von Flüchtlingen kommen die Sozialkassen auf.“
Walbrecht empört sich: „Der Fall zeigt den strukturellen Rassismus, der
durch das Asylbewerberleistungsgesetz entsteht. Die Krankenscheine müssen
zunächst beantragt werden, erst danach ist es einem Asylbewerber möglich,
einen Arzt aufsuchen.“ Walbrecht weiter: „Eine Aufnahme im Krankenhaus wäre
wohl ohne Probleme erfolgt, wären Mutter und Kind in einer regulären
gesetzlichen Krankenversicherung gewesen.“ Er fordert eine
Krankenkassenkarte für Flüchtlinge nach dem Bremer Modell. Dort arbeiten
die Behörden eng mit der AOK zusammen.
16 Apr 2014
## AUTOREN
Florian Lucks
## TAGS
Flüchtlinge
Hannover
Flüchtlinge
Hannover
Niedersachsen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ein Notfall und seine Folgen: Ungelöste Fragen
Das Verfahren um den Tod eines Flüchtlingskindes nach dem Besuch einer
Klinik ist eingestellt worden. Dennoch fordern Anwalt und Flüchtlingsrat
Veränderungen.
Totes Flüchtlingsbaby: Die letzte Fahrt des kleinen Joshua
Die Mutter war mit ihrem Sohn von der Klinik, von der sie sich abgewiesen
sah, zu einer Kinderärztin gefahren – doch dann war es zu spät.
Totes Flüchtlingsbaby in Hannover: Folge eines Fehlers im System
Die Kinderklinik in Hannover, die eine Ghanerin, deren Baby später starb,
wegen fehlender Papiere weggeschickt haben soll, weist die Vorwürfe zurück.
Krankenversorgung für Flüchtlinge: Tod des Babys ist kein tragischer Einzelfa…
Niedersachsen will prüfen, ob das Bremer Modell der Gesundheitskarte auch
für das Flächenland sinnvoll ist und noch im Sommer einen Gesetzentwurf
vorlegen. Die letzte Prüfung dieser Art fiel allerdings negativ aus.
Flüchtlingsrat über Krankenversorgung: „Die Regelung ist ein Sündenfall“
Der Tod eines Säuglings in Hannover ist für Kai Weber vom Flüchtlingsrat
Niedersachsen Ausdruck eines Fehlers im System. Die Ärzte zögern oft mit
der Behandlung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.