# taz.de -- Sichere und merkbare Passwörter: x!FdD´Px3+UWG8.a | |
> Geknackte SSL-Verbindungen erinnern uns daran: Ein Passwort muss sicher | |
> sein. Und man sollte es sich merken können. Wie geht das zusammen? | |
Bild: Und was ist das jetzt wieder für ein umständliches Passwort? | |
Chefredaktion taugt nicht. Auch nicht in den Varianten ChEfRedàKt10n oder | |
3hEFréD1kt9oN. Chefredaktion taugt nicht, weil ein gutes Passwort | |
mindestens 15, besser noch 16 Zeichen haben soll, die sich zufällig aus | |
groß und klein geschriebenen Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen mischen. | |
Ein gutes (im Sinne von sicheres) Passwort ist x!FdD´Px3+UWG8.a oder | |
o´FnXE.;h2XJ0P8U bzw. keins von beiden, weil sie hier schon publiziert | |
wurden und damit verbrannt sind. [1][Jeder Passwort-Generator, der auf 16 | |
Stellen ausgerichtet ist], kann passende Antworten geben. | |
Das Problem an x!FdD´Px3+UWG8.a und o´FnXE.;h2XJ0P8U ist: Das können wir | |
uns nicht merken. Zumindest dann nicht, wenn wir dem Rat von Fachleuten | |
folgen, die sagen, dass alle wichtigen Accounts wie E-Mail, Online-Banking, | |
digitales Shopping etc. mit je einem eigenen Passwort gesichert sein | |
sollten. | |
Mit Mühe ließe sich x!FdD´Px3+UWG8.a als generelles Passwort lernen, nicht | |
aber auch noch o´FnXE.;h2XJ0P8U und WzIRE"GpyGWubN?h. Was heißt schon | |
wichtige Accounts? Der eine steckt viel Liebe und Fleiß in den eigenen | |
Facebook-Auftritt, die andere kann ohne drei Stunden „Everquest“ am Tag | |
nicht leben. | |
## 12345678 und qwertzu | |
Und nun? Alles im Passwort-Manager des Rechners speichern? Eher nicht. Das | |
ist, als legte man einem Taschendieb im Portemonnaie auch gleich noch eine | |
Tan-Liste, den Fahrzeugbrief und einen Zweitschlüssel für die Wohnung als | |
Service bereit. Kehren wir in den Blütezeiten der Digitalisierung zur | |
Zettelwirtschaft zurück? Das kann machen, wer niemals Zettel verliert oder | |
verlegt und sie stets so aufbewahrt, dass sie tatsächlich immer parat sind. | |
Sicherheit kommt dort an ihre Grenzen, wo das Gedächtnis dem Menschen sagt: | |
Was mir nicht dient, bringt nichts. | |
Jedes Jahr veröffentlichen Sicherheitsdienstleister Listen [2][mit den | |
größten Passwortdämlichkeiten]. In der englischsprachigen Welt heißt ein | |
häufig verwendetes Passwort dann „Password“, in Deutschland „Passwort“. | |
Auch naheliegende Tastaturkombinationen wie qwertzu und 12345678 sind | |
beliebt, ebenso die Namen von Popstars und Fußballvereinen. | |
Digital Viertelgebildete lachen über solche Listen und jene User, die | |
solche Passwörter verwenden. Sie selbst fühlen sich sicher, weil sie | |
glauben, auf ihr uztrewq und 87654321 komme niemand. Darüber wiederum | |
schütten digital Halbgebildete viel Häme aus. Ihre Kombination aus | |
Merkbarkeit und Sicherheit besteht in Worten aus dem persönlichen oder | |
beruflichen Kontext, die mit Ziffern und Sonderzeichen aufgepimpt werden: | |
aus Chefredaktion wird ChEfRedàKt10n. | |
## Aus lukpssulzm wird ?lUkpSsUlZm14% | |
Digital Dreiviertelgebildete schmunzeln auch darüber. Sie wissen: Das eine | |
Passwort gibt es nicht. Es gibt nur viele Passwörter, die in einem | |
unregelmäßigen Abstand auch noch gewechselt werden. Als Basis kann | |
beispielsweise dieser Satz dienen: „Lange und komplizierte Passwörter sind | |
sicherer und leichter zu merken“. Aus den einzelnen Wortanfängen wird erst | |
„lukpssulzm“, dann folgt die eingearbeitete Groß-/Kleinschreibung mit | |
„lUkpSsUlZm“, weiterhin werden Ziffern eingefügt, die für einen selbst Si… | |
ergeben (Geburtsjahr der Mutter; Alter, in dem ich den ersten Joint | |
rauchte; das Jahr, in dem mein Fußballverein sein letztes Spiel gewann) wie | |
in „lUkpSsUlZm04“, schließlich folgen Sonderzeichen, so dass am Ende | |
„?lUkpSsUlZm14%“ steht. | |
Für unterschiedliche Passwörter muss jede und jeder sein eigenes System | |
finden. Anders geht es nicht. Um beim Beispielsatz „Lange und komplizierte | |
Passwörter sind sicherer und leichter zu merken“ und seiner Abkürzung | |
„lukpssulzm“ zu bleiben: Beim Online-Banking-Passwort wird dann nur die | |
Groß-/Kleinschreibung alle ein/zwei/drei Monate variiert, zuerst werden die | |
ersten beiden Buchstaben in Versalien geschrieben, dann die nächsten beiden | |
usw. Ziffern und Sonderzeichen bleiben gleich. | |
Bei weiteren Passwörtern bleibt die Groß-/Kleinschreibung gleich, und nur | |
die Ziffern werden verändert. Bei Facebook beispielsweise rücken alle drei | |
Monate die Zahlen um je zwei Positionen von hinten auf oder aber die | |
Ziffern werden nach einem bestimmten System ausgetauscht – von 50 aufwärts | |
um je 3 Ziffern, von 500 abwärts um je vier Ziffern usw. Weitere Accounts | |
werden allein von einer sinnvollen, für den Nutzer und die Nutzerin einfach | |
nachvollziehbaren Änderung der Sonderzeichen geschützt, | |
Groß-/Kleinschreibung und Ziffern bleiben gleich. Da sind Fantasie und | |
Logik gleichermaßen gefragt, statische Systeme verbieten sich auf dieser | |
Ebene von selbst. | |
## 16stellige Zufallskombinationen samt Mehrfaktorautorisierung | |
Digital Ganzgebildete runzeln über die Mühen der digital | |
Dreiviertelgebildeten die Stirn. Sie wissen: Sicherheit gibt auch dieses | |
Verfahren nicht. Ein Algorithmus, der darauf angesetzt wird, ein Passwort | |
zu knacken, dessen Kern etwas anderes als reiner Zufall ist – und der Satz | |
„Lange und komplizierte Passwörter sind sicherer und leichter zu merken“ | |
samt seiner Abkürzungen und Verfremdungen ist ja eben kein Zufall –, wird | |
es auch knacken. Die Frage dabei ist nicht ob, sondern wann. Dem | |
entgegengesetzt werden 16stellige Zufallskombinationen, am besten versehen | |
mit einer sogenannten Mehrfaktorautorisierung. | |
Das bedeutet, das lange Zufallspasswörter noch einmal anders bestätigt bzw. | |
ergänzt werden müssen. Bei der Passwortabfrage wird eine verschlüsselte | |
E-Mail mit einem Code an ein anderes Gerät verschickt, dieser Code wiederum | |
kann nur per SMS bestätigt werden. Den meisten Nutzern ist [3][das | |
mTan-Verfahren bei elektronischen Banküberweisungen] bekannt, auch hier | |
dient ein anderes Gerät der Authentifizierung. | |
Ebenso können biometrische Merkmale wie Fingerabdruck- oder Irisscan zur | |
Anwendung kommen. Denkbar für die Mehrfaktorautorisierung sind zudem | |
komplexe körperliche Merkmale wie DNS-Informationen. Und ebenso denkbar | |
ist, dass damit aus mittelgroßen Problemen des Datenschutzes riesige | |
Probleme werden. | |
## Der Unterschied von Wahrscheinlichkeit und Sicherheit | |
Absolute Sicherheit von Passwörtern geht auf Kosten der Merkbarkeit und | |
umgekehrt. Eine Lösung, die beiden Aspekten gerecht wird, ist nicht in | |
Sicht. Man mag sich in der Sicherheit wiegen, die Wahrscheinlichkeit, dass | |
jemand einen Algorithmus ausgerechnet auf mein Passwort(-System) ansetzt, | |
sei im Vergleich zu Angriffen auf die IT-Systeme der Deutschen Bank, des | |
Europäischen Parlaments oder einer Rüstungsfirma gering. Wahrscheinlichkeit | |
ist gut, endgültige Sicherheit sieht anders aus. | |
Ein großer Vorteil der digitalen Welt bestand bislang darin, das Leben der | |
Menschen einfacher zu machen. Die nicht einfache Antwort auf die einfache | |
Frage, wie ein Passwort zugleich sicher und merkbar sein kann, zeigt: Der | |
Vorteil schwindet. NSA, GCHQ und Verfassungsschutz, die nach eigenem | |
Bekunden angetreten sind, das Leben der Menschen sicherer zu machen, machen | |
es im Alltag unsicherer. Und schwieriger. | |
27 Apr 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.cryptool-online.org/index.php?Itemid=136 | |
[2] /index.php | |
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Transaktionsnummer | |
## AUTOREN | |
Maik Söhler | |
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