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# taz.de -- „Wickie und die starken Männer“: Und schon blinken die Sterne
> Das ZDF hat die Kinderserie „Wickie“ in quietschbunter 3-D-Animation neu
> aufgelegt. Doch die Gags zünden nicht und den Figuren fehlt die
> Ausdrucksstärke.
Bild: Cleaner Klon im quietschbunten 3-D-Look: der neue Wickie.
1974 rieb sich Wickie das erste Mal die Nase – es regnete Sternchen, wenn
er eine Idee hatte. Wer diese wiederkehrende Szene einmal im Kindesalter
gesehen hat, wird sie nie vergessen.
„Wickie und die starken Männer“ – nach einem Kinderbuch des Schweden Run…
Jonsson – ist heute ein Klassiker des deutschen Fernseh-Zeichentricks und
war die erste Serie, die in Deutschland produziert und in Japan animiert
wurde. Viele weitere Serien für Kinder folgten, die heute Kult sind: „Biene
Maja“, „Pinocchio“, „Heidi“, „Kimba“. Vorreiter Wickie verzaubert…
immer durch seinen Charme. Nun geht das ZDF das Wagnis ein, diesen
Klassiker für die heutige Generation neu aufzubereiten. Wagnis?
Wie beim Relaunch der „Biene Maja“ von 2013 geht man auf Nummer sicher:
eine bewährte „Marke“ aufgehübscht neu zu produzieren ist einfacher, als
eine originelle neue Idee durchzusetzen. Sei's drum – wie gelingt es also,
die beliebte Serie in zeitgemäßer Ästhetik wiederzubeleben?
Auf den ersten Blick ist alles wie gehabt: Die Neuinterpretation des
Titelsongs durch die Band Madsen unterscheidet sich kaum hörbar vom
Original. Wickie und sein „Paps“ Halvar schippern abenteuerlustig übers
Meer, die Mannschaft ist dieselbe, Halvars Gegenspieler „der schreckliche
Sven“ lauert hinter mancher Klippe und wird durch Wickies Ideen immer
wieder ausgetrickst.
„Man muss mit der Vorlage behutsam umgehen, wenn man sie modernisieren
will“ sagt ZDF-Hauptredaktionsleiterin „Kinder und Jugend“ Barbara
Biermann. Doch nun sind die Folgen mit 12 Minuten nur halb so lang wie das
Original und holpern deshalb von einer „cartoonig“ albernen Action zur
nächsten – die Zeit, eine Handlung sinnvoll einzufädeln, fehlt, Hauptsache:
lustig.
Viele Gags zünden nicht, Wendungen bleiben unverständlich, auch, weil es
dem Design oft an Klarheit fehlt. Das sonnendurchflutete Meer und die
grellgrüne Vegetation erinnern mehr an Südsee als ans Nordmeer. Zu gefällig
ist der Look, betont kindlich der Humor. 78 neue Folgen sind es insgesamt,
die Drehbücher wurden hauptsächlich in Frankreich und Australien
geschrieben, Layout und Animation stammen von der französischen Firma
„Studio 100“.
Viel künstlerische Freiheit hat man den Zeichnern nicht gegönnt: Die
Figuren sehen aus, als hätte man die Originalvorlagen einfach in 3-D
umgewandelt und die Farbleuchtkraft verstärkt. Man orientierte sich,
ähnlich Bully Herbigs biederer Live-Action-Adaption, an den alten Designs,
kein einziger neuer Charakter wurde hinzuerfunden. Wie so oft in der
3-D-Animation wirken die Figuren wie Spielzeugpuppen und erreichen nicht
die Ausdrucksstärke, die Figuren in 2-D-Serien wie den „Peanuts“ oder den
„Simpsons“ zeigen können.
Die in der Originalserie so zauberhaft schrulligen Wikinger-Sidekicks –
etwa der lispelnde Snorre oder der einfältige dicke Faxe – verlieren an
Kontur, ihre Synchronsprecher vernuscheln zudem so manchen Dialogtext. Der
quietschbunte 3-D-Look scheint dem ZDF ein Garant für Modernität zu sein.
Auch wenn das Meer nun naturalistischer animiert ist – die Charaktere haben
nicht an Tiefenschärfe gewonnen, sie wurden pädagogisch glattgebügelt. Und
Wickie?
Der muss nicht mehr lange überlegen, berührt die Nase nur kurz mit dem
Finger, schon blinken die Sterne wie auf Knopfdruck, schwups ist der
Einfall da. Ob die Kleinen das schlucken? Kindgerechter nach heutigem
Verständnis ist der cleane Wickie-Klon vielleicht. Odin sei dank gibt es
den alten Wickie aber weiterhin zu sehen. Noch.
17 Apr 2014
## AUTOREN
Ralph Trommer
## TAGS
Fernsehserie
Kinderfernsehen
Fernsehen
Animation
Kinderbuch
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