# taz.de -- Nebeneinkünfte von Abgeordneten: Zehn Stufen der Intransparenz | |
> Die Bundestagsabgeordneten erzählen nicht gerne, was sie außer den Diäten | |
> noch einnehmen. Jetzt müssen sie die Nebeneinünfte zumindest zum Teil | |
> offenlegen. | |
Bild: Peter Gauweiler, höhere Instanzen bittend, dass seine Nebeneinkünfte ni… | |
BERLIN epd | Die Diäten der Bundestagsabgeordneten wurden jüngst auf 9.082 | |
Euro im Monat erhöht. 123 der derzeit 631 Abgeordneten verdienen aber | |
zusätzlich woanders Geld, zeigen die gerade vom Bundestag veröffentlichten | |
Nebeneinkünfte. Genaue Summen sind dort nicht zu lesen: Die Volksvertreter | |
geben ihre Einkünfte in zehn Stufen an, die letzte umfasst Einkünfte über | |
250.000 Euro. | |
So viel Transparenz gab es noch nie im Bundestag. Transparenz, die | |
Sprengstoff birgt. Denn einzelne Parlamentarier verdienen zusätzlich zu | |
ihrer Abgeordnetendiät bis zu 500.000 Euro im Jahr, hat die Organisation | |
Lobbycontrol errechnet. „Ob jemand in Stufe zehn 250.001 Euro verdient oder | |
mehrere Millionen, das sieht man nicht“, sagt Christina Deckwirth von | |
Lobbycontrol, die das Zehn-Stufen-System unterm Strich für eine | |
Verbesserung hält. | |
Aber: „Es ist weiterhin möglich, als Lobbyist im Bundestag zu sitzen.“ Und | |
dann eben auch die Interessen der zahlenden Auftraggeber in die Politik | |
einfließen zu lassen. Gehälter von Lobbyverbänden oder PR-Jobs hält | |
Lobbycontrol für „mit dem Mandat unvereinbare Interessenskonflikte“. Ebenso | |
hoch dotierte Vorstandsposten. „Politiker werden für ihre Kontakte und | |
ihren Einfluss auf diese Posten gesetzt – und nicht weil sie besonders viel | |
Arbeitszeit ins operative Geschäft stecken können.“ | |
Einer der so kritisierten Gutverdiener mit Nebeneinkünften von mindestens | |
147.000 Euro ist Rudolf Henke (CDU). Der Arzt aus Aachen ist | |
stellvertretender Vorsitzender im Gesundheitsausschuss - und gleichzeitig | |
Bundesvorsitzender des Ärzteverbandes Marburger Bund und Präsident der | |
Ärztekammer Nordrhein. Auch für seine Arbeit im Beirat der | |
Allianz-Versicherung und der Deutschen Ärzteversicherung wird er bezahlt. | |
Für Lobbycontrol ist das ein klarer Interessenskonflikt: „Ärzteinteressen | |
sind nicht immer deckungsgleich mit Patienteninteressen“, sagt Deckwirth. | |
„Es ist daher sehr problematisch, wenn ein Politiker von | |
Ärzte-Interessensvertretungen bezahlt wird und dann für die ganze | |
Bevölkerung über Gesundheitsthemen entscheidet.“ | |
Rudolf Henke sieht das anders: „Ich habe aus meinen Aufgaben in ärztlichen | |
Organisationen nie einen Hehl gemacht und sehe darin keinen ethischen | |
Konflikt“, sagt der CDU-Politiker. Als politisch interessierter Arzt habe | |
er von Berufsbeginn an in Mitarbeitervertretungen im Krankenhaus, im | |
Marburger Bund und im Caritas-Verband gearbeitet. „Dadurch habe ich mir | |
eine Fachkompetenz im Gesundheitsbereich erarbeitet, die für die | |
Abgeordnetenarbeit sehr wichtig ist - und ihr vor allem nicht | |
widerspricht“, findet Henke. Sein gesundheitspolitisches Ziel sei eine gute | |
Patientenversorgung. | |
## Anonyme Mandanten | |
Seine parlamentarische Unabhängigkeit gefährdeten die „finanziellen | |
Aufwandsentschädigungen“ der Verbände nicht. Als Landtagsabgeordneter in | |
Nordrhein-Westfalen habe er beispielsweise für Studiengebühren gestimmt, | |
obwohl der Marburger Bund vehement dagegen war. Er stimme im Parlament | |
nicht als Vertreter des Marburger Bundes ab, sondern als freier | |
Abgeordneter. | |
Henkes Geldgeber kann jeder Bürger auf dessen Bundestagsseite nachlesen. | |
Bei Abgeordneten, die als Anwälte arbeiten, ist das anders: Die Mandanten | |
werden anonym aufgelistet: „Mandat 02, 2013, Stufe 10“ (mehr als 250.000 | |
Euro) steht zum Beispiel bei Bundestags-Spitzenverdiener Peter Gauweiler | |
(CSU). | |
„Es sollte wenigstens die Branche der Geldgeber veröffentlicht werden, | |
damit Interessen erkennbar werden“, sagt Martin Ryter von der Organisation | |
Abgeordnetenwatch. Auch ihm geht die Transparenz der Nebenjobs nicht weit | |
genug. „In Großbritannien veröffentlichen Parlamentarier exakte | |
Verdienstsummen und auch die verwendete Arbeitszeit“, sagt Ryter:„Es gibt | |
keinen vernünftigen Grund, warum unsere das nicht tun.“ | |
Immerhin würden sie für einen Vollzeitjob bezahlt. „Wer nebenbei | |
Spitzengehälter verdient, muss sich auch die Frage gefallen lassen, wie | |
viel Zeit er noch für sein Mandat hat.“ | |
22 Apr 2014 | |
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