# taz.de -- Afghanistan sucht neuen Präsidenten: Zweiter Wahlgang wird notwend… | |
> Abdullah Abdullah verfehlt nach vorläufigem Endergebnis mit 44,9 Prozent | |
> die nötige absolute Mehrheit. Jetzt muss er in die Stichwahl gegen | |
> Aschraf Ghani. | |
Bild: Höfliches Auftreten und geschliffenes Englisch: Abdullah Abdullah. | |
KABUL afp | Bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl in Afghanistan | |
treten der frühere Außenminister Abdullah Abdullah und der renommierte | |
Intellektuelle Aschraf Ghani nach vorläufigem Endergebnis gegeneinander an. | |
Nach Angaben der Unabhängigen Wahlkommission vom Samstag lag Abdullah im | |
Feld der insgesamt acht Kandidaten der ersten Runde vom 6. April klar vorn. | |
Jedoch verpasste er die nötige absolute Mehrheit, so dass er am 7. Juni in | |
die Stichwahl gegen Ghani muss. | |
Der gelernte Augenarzt Abdullah Abdullah diente bereits als Sprecher in der | |
Regierung von Burhanuddin Rabbani Anfang der 1990er Jahre, bevor diese | |
durch die Taliban aus Kabul vertrieben wurde. Nach deren Sturz infolge der | |
US-Intervention im Herbst 2001 wurde Abdullah von Präsident Hamid Karsai | |
mit der Leitung des Außenministeriums betraut. Auf diesem Posten erwarb er | |
sich mit seinem höflichen Auftreten und seinem geschliffenen Englisch | |
international Ansehen, wurde 2006 jedoch von Karsai aus der Regierung | |
entlassen. | |
Der Sohn eines paschtunischen Vaters und einer tadschikischen Mutter, der | |
vor allem im Norden und Nordosten Rückhalt hat, trat bei der | |
Präsidentenwahl 2009 gegen Karsai an und landete auf dem zweiten Platz. | |
Abdullah warf den Anhängern Karsais damals Manipulationen vor und zog sich | |
nach heftigem Streit aus der Stichwahl zurück. Dieses Mal gab es nach | |
Angaben der Wahlkommission deutlich weniger Unregelmäßigkeiten. Der | |
53-Jährige, dessen Symbol bei der Wahl Stift und Papier sind, kam laut dem | |
vorläufigem Endergebnis auf 44,9 Prozent. | |
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP sprach sich Abdullah für | |
den Verbleib Karsais in der Politik aus. Eine Strafverfolgung seines | |
früheren Rivalen, dem wiederholt Korruption vorgeworfen wurde, lehnte er | |
ab. „Ich würde einen derartigen Kurs nicht verfolgen, das wäre eine Politik | |
der Rache und der Vergeltung. Unsere Priorität (...) wird sein, uns um die | |
Prioritäten der Nation zu kümmern“, sagte Abdullah. Er versicherte, anders | |
als Karsai werde er insbesondere bei den Frauenrechten keine Zugeständnisse | |
an konservative Kräfte machen. | |
## Augenarzt gegen Politikwissenschaftler | |
Der renommierte Intellektuelle Aschraf Ghani landete bei der Wahl 2009 noch | |
abgeschlagen auf dem vierten Platz, doch hat er seitdem deutlich an Statur | |
gewonnen und kam nun mit 31,5 Prozent klar auf den zweiten Platz. Im | |
Wahlkampf versprach der 64-Jährige, der mit dem Koran als Wahlsymbol | |
antritt, den Ausbau der lokalen Infrastruktur. Kritik rief Ghani hervor, | |
indem er den Usbeken Raschid Dostum zu seinem Stellvertreter erkor. Der | |
Kriegsherr wird für viele Verbrechen verantwortlich gemacht, doch brachte | |
er dem Paschtunen Ghani Stimmen bei der usbekischen Minderheit im Norden. | |
Internationales Ansehen als Akademiker erwarb sich Ghani in den 1980er | |
Jahren, als er an mehreren Universitäten in den USA Politikwissenschaft und | |
Anthropologie lehrte. Im Jahr 1991 wechselte er zur Weltbank. Nach dem | |
Sturz der Taliban 2001 kehrte er nach Kabul zurück und diente dem | |
UN-Gesandten Lakhdar Brahimi als Sonderberater. In der Übergangsregierung | |
Karsais war er von 2002 bis 2004 Finanzminister, später leitete der für | |
seine scharfe Zunge bekannte Politiker die Nationale Sicherheitskommission. | |
Ghani sprach sich in einem Interview mit AFP für die Aussöhnung mit | |
Pakistan aus. Darin liege ein Schlüssel zu mehr Stabilität in seinem Land. | |
Ziel sei eine „besondere Beziehung“ beider Länder ähnlich dem Verhältnis | |
zwischen Deutschland und Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg, sagte | |
Ghani. Früher habe der östliche Nachbar zwischen „guten Taliban“ und | |
„schlechten Taliban“ unterschieden, doch Ministerpräsident Nawaz Sharif | |
betrachte den Extremismus insgesamt als „fundamentale Herausforderung“, | |
sagte Ghani. | |
26 Apr 2014 | |
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