# taz.de -- Der 1. Weltkrieg bei Arte: Private Perspektiven | |
> In acht Teilen zeigt Arte „14 – Tagebücher des Ersten Weltkrieges“. Das | |
> viele Geld wäre besser in eine reine Doku angelegt worden – ohne | |
> Spielszenen. | |
Bild: Die ziehen in den Krieg: Britische Soldaten bei der Abfahrt. | |
„14 – Tagebücher des Ersten Weltkriegs“, umgesetzt von Arte, diversen | |
ARD-Sendern und dem ORF, ist ein sehr ambitioniertes Dokudrama-Projekt. | |
Mehr als 1.000 Tagebücher haben die Macher um Produzent Gunnar Dedio | |
ausgewertet und Bildmaterial aus 21 Ländern aufgetrieben. Sechs Millionen | |
Euro standen – auch dank elf Partnersendern aus ganz Europa – für den | |
Mehrteiler zur Verfügung, der am Dienstag bei Arte startet. | |
Als die Sender ihr Großprojekt in Hamburg vorstellen, sagt Lutz Marmor, der | |
ARD-Vorsitzende, man könne die Geschichte des Ersten Weltkriegs nicht | |
„rational und national“ erzählen. Es ist an diesem Vormittag viel die Rede | |
von „Emotionalität“. Aber: Wenn Fernsehleute, die irgendwas mit | |
Informationen machen, den Begriff „Emotionen“ betonen, ist meistens etwas | |
faul. | |
„Die Abfolge von Schlachten kann man auch bei Wikipedia nachlesen“, sagt | |
Drehbuch-Koautor Yuri Winterberg, um zu verdeutlichen, was dieser | |
Mehrteiler nicht ist. Allerdings: Im Netz kann man auch private Tagebücher | |
aus dem Ersten Weltkrieg nachlesen, etwa in dem Archiv [1][Europeana | |
1914–1918]. | |
Die Tagebücher, deren Inhalte Regisseur Jan Peter szenisch umgesetzt hat, | |
stammen sowohl von „einfachen Leuten“ – wie dem österreichischen Bauern | |
Karl Kassert, der hofft, aufgrund einer Handverletzung als untauglich | |
durchzugehen – als auch Prominenten wie dem britischen Journalisten und | |
Schriftsteller Charles Edward Montague, der sein Alter verschweigt, um als | |
Freiwilliger mitmischen zu können. | |
## Freiwillige Kindersoldaten | |
Die 14-jährige Russin Marina Yurlova schreibt zu Kriegsbeginn: „Mein Vater | |
war ein stolzer, harter Mann. Dass er mich in den Arm nahm, hatte ich noch | |
nie erlebt.“ Sie wird sich bald selbst einiges an Härte aneignen und als | |
Kindersoldatin freiwillig bei einer gefährlichen Brückensprengung mittun. | |
Die privaten Perspektiven werden gepaart mit allgemeinen Einordnungen, in | |
der Kleinigkeiten wie Großmachtinteressen und Rüstungswettlauf keine | |
übergroße Rolle spielen. Erzähler Udo Samel pflegt einen mal onkelhaften, | |
mal raunenden Tonfall, der sich gut ergänzt mit Formulierungen à la „Der | |
Krieg fegt über dicht besiedeltes Gebiet hinweg“. | |
Die Macher betonen, „14“ zeichne sich dadurch aus, dass keine Historiker zu | |
Wort kommen, sondern mittelbar die direkt Betroffenen von einst. Wenn man | |
„14“ sieht, spürt man angesichts des geringen Nährwerts indes eine kaum f… | |
möglich gehaltene Sehnsucht nach ein paar saturierten | |
Geschichtswissenschaftlern, die einem erklären, wie der Hase wirklich lief. | |
Auch sonst funktioniert der Mehrteiler nicht: Ständig hin- und | |
herzuspringen zwischen den Erlebnissen der so unterschiedlichen | |
Protagonisten aus sechs Ländern ist dem Erzählfluss nicht förderlich. | |
Außerdem wirkt das regelmäßig eingesetzte Stilmittel der direkten | |
Publikumsansprache – siehe Bertolt Brecht beziehungsweise für die Jüngeren: | |
„House of Cards“ – wie ein verzweifelter Versuch, dem Zuschauer | |
aufzuzwingen, sich mit den Figuren zu identifizieren. Ganz nach dem Motto: | |
Das könntest du sein, der hier fast verreckt im Schützengraben. Packendes | |
Geschichtsfernsehen geht anders. Zum Beispiel mit einem echten | |
Doku-Projekt. | |
29 Apr 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.europeana1914-1918.eu/de | |
## AUTOREN | |
René Martens | |
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ihn. |