# taz.de -- Umstrittene Hochschulpolitik: Dohnanyis zweiter Versuch | |
> Grüne laden zur Diskussion über Papier zur Wissenschaftsmetropole. Einer | |
> der Autoren wollte schon 2003 die Hochschulen gestalten, zum Leidwesen | |
> kleiner Fächer. | |
Bild: Nur wenn die Köpfe rauchen, kann aus Hamburg was werden: StudentInnen be… | |
HAMBURG taz | Hamburg könne seine Bedeutung in Zukunft „nur als | |
Wissenschaftsmetropole sichern“, das haben der frühere Bürgermeister Klaus | |
von Dohnanyi (SPD), Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) und der | |
ehemalige grüne Stadtentwicklungssenator Wilfried Maier in ihrem Papier „In | |
Sorge um Hamburg“ angemahnt. Die Zukunft als Hafenstadt und | |
Logistikdrehscheibe sei auf dauer keine sichere Bank. | |
Der Auftritt fand viel Beachtung und wurde Thema einer | |
Bürgerschaftsdebatte. Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeld (SPD) | |
bittet die drei demnächst zum Gespräch. Und die Grünen laden für heute | |
Abend zur Diskussion ins Rathaus mit Uni-Präsident Dieter Lenzen. | |
Der musste sich bereits rechtfertigen, weil die Uni Hamburg nicht in der | |
Spitzenliga mitspiele. Die Hochschulen müssten „entschlossen ihre | |
Profilbildung vorantreiben“, heißt es in dem Papier. Das verlange „Führung | |
und nicht lamentieren“. Exzellenz und Wettbewerbsfähigkeit seien „niemals | |
nur eine Frage des Geldes, sondern in erster Linie der Prioritätenbildung, | |
Konzentration, Selbstbeschränkung und Qualitätsorientierung“. | |
Was bislang nirgends zu lesen war: Dohnanyi hat selber in diesem Feld schon | |
Führung gezeigt und 2003 als Chef einer Kommission den Hochschulen eine | |
Radikalkur verordnet. Er verlangte den Abbau von 1.800 | |
Studienanfängerplätzen, unter anderem die Halbierung der | |
geisteswissenschaftlichen Studiengänge. Denn im Jahr 2012, so weissagte die | |
Kommission, brauche man in diesen Fächern statt 510 nur noch 330 | |
Absolventen. | |
Dohnanyi hat Spuren hinterlassen. Aus 18 Fachbereichen der Uni wurden sechs | |
Fakultäten. Die Geisteswissenschaften sind zwar nicht halbiert worden, aber | |
geschrumpft, kleine Fächer wie Skandinavistik und Indologie sind ganz | |
verschwunden. | |
Zwölf Jahre später ist die Zahl der Studierenden zwar wundersamer Weise von | |
knapp 70.000 auf über 90.000 gewachsen. Doch dies ist den Privat-Unis zu | |
verdanken, die wie Pilze aus dem Boden schossen und deren Studierendenzahl | |
sich von 2002 bis 2012 auf 21.444 versiebenfachte. | |
Seit drei Jahren regiert jetzt die SPD. Wegen der Schuldenbremse erhalten | |
die Unis nur 0,88 Prozent Inflationsausgleich und müssen wieder sparen. Die | |
Grüne Eva Gümbel rügt, dies geschehe per Zufallsprinzip, weil Leitlinien | |
der Senatorin fehlten. „Wenn gespart wird, dann soll die Politik sagen, | |
wo“, findet sie. | |
Laut Dieter Lenzen gibt es solche Vorgaben der Senatorin. Die Uni-Hamburg | |
habe bei der Verwaltung gespart, und darüber hinaus ein wenig bei der | |
Betriebswirtschaftslehre und der Fakultät Mathematik, Informatik und | |
Naturwissenschaften (MIN). Die übrigen Fakultäten blieben weitgehend | |
verschont. | |
Hamburg zur Wissenschaftsmetropole auszubauen, sei gut und richtig, findet | |
Lenzen. Aber die Erfolge dürften nicht klein geredet werden. So habe die | |
Uni seit 2010 die Drittmittel von 83 Millionen auf 111 Millionen Euro | |
gesteigert und stehe auf Platz 13 von insgesamt 392 deutschen Hochschulen. | |
Zudem habe sich die Uni mit dem „Ziel der Nachhaltigkeit“ ein Leitbild | |
geschaffen, das auch für die Lehre gelte. | |
Geht es nach Dohnanyi, Peiner und Maier, braucht Hamburg als Stadt ein | |
Wissenschafts-konzept 2025. Am besten wäre es, wenn der Bürgermeister dafür | |
eine Kommission einsetzte. | |
28 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Drittes Reich | |
Hochschulpolitik | |
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