# taz.de -- Abstiegskampf in der Bundesliga: Braunschweig stirbt zuletzt | |
> Beim Tabellenletzten kämpft man mit Erfolg gegen schlechte Stimmung an. | |
> Der Relegationsplatz ist auch am letzten Spieltag noch in Reichweite. | |
Bild: Kämpfen bis zur letzten Sekunde: Domi Kumbela (links), Braunschweigs Tra… | |
BRAUNSCHWEIG taz | Als der erste Frust bewältigt war, mussten die Verlierer | |
trotz ihrer großen Not grinsen. „Unglaublicher Weise haben wir immer noch | |
die Chance, die Klasse zu halten“, sagte etwa Mittelfeldspieler Mirko | |
Boland. „Dann gewinnen wir eben in Hoffenheim. Wir haben noch eine | |
Patrone“, ergänzte Verteidiger Benjamin Kessel und konnte sich ein | |
zynisches Lächeln nicht verkneifen. | |
Eintracht Braunschweig, an 30 von 33 Spieltagen Tabellenletzter der | |
Fußball-Bundesliga, wird auch das Saisonfinale als rechnerisch schlechteste | |
Mannschaft bestreiten. Mental aber fühlen sich die Hauptdarsteller des | |
Aufsteigers bereit für das große Wunder. Ein Sieg in Hoffenheim kann immer | |
noch möglich machen, was den Niedersachsen niemand zugetraut hat – den | |
Klassenerhalt mit einem Team zu schaffen, dessen Stärke aus einer | |
besonderen Moral besteht. | |
Pfiffe und Buh-Rufe? Gab es überhaupt nicht. Anfeindungen oder Tränen? | |
Keine Spur. „Auch wenn es romantisch klingt: Wir hätten den Klassenerhalt | |
am meisten verdient“, findet Braunschweigs Trainer Torsten Lieberknecht. | |
Bis zur letzten Sekunde hatte er sein wackeres Team im Heimspiel gegen den | |
FC Augsburg auf Sieg spielen lassen. Aber statt eines Erfolges, den | |
Augsburgs Torhüter Marwin Hitz kurz vor Spielende mit einer Glanzparade bei | |
einem Schuss von Salim Khelifi verhinderte, gab es eine 0:1-Pleite. | |
Gäste-Stürmer Raul Bobadilla war in der vierten Minute der Nachspielzeit | |
mit einem herrlichen Lupfer der Siegtreffer gelungen. Dem Tor folgte im | |
Braunschweiger Stadion, das niemand der 22.600 Zuschauer vorzeitig | |
verlassen wollte, eine gespenstische Stille. Offenbar mussten alle | |
Anwesenden erst einmal rechnen, was dieses ärgerlich schöne Tor bedeutet. | |
Es wirkte wie ein Stich mitten ins Herz und ein Schlag auf das Denkzentrum | |
zugleich. | |
## Neuer Mut | |
Aus der Bilanz des Mangels schöpft Eintracht Braunschweig auf sonderbare | |
Art immer neuen Mut. Nach nur sechs Siegen und gerade einmal 25 erkämpften | |
Punkten kann der aufmüpfige Klub den Hamburger SV immer noch vom | |
Relegationsplatz verdrängen und mit dem 1. FC Nürnberg absteigen lassen. Es | |
ist nahezu unmöglich, in dieser völlig fußballverrückten Stadt jemanden zu | |
finden, der die Hoffnung aufgibt. | |
Die Mannschaft wurde im vermeintlich letzten Heimspiel der Saison noch | |
einmal mit aufmunternden Sprechchören in einer Dauerschleife und stehenden | |
Ovationen bedacht. Das Vertrauen in Lieberknecht und seine Jungs ist immer | |
noch spürbar. Trotz der Aussichtslosigkeit für die Eintracht will die | |
Stimmung einfach nicht ins Negative kippen. „Ich weiß. An Deutschlands | |
Stammtischen wird es heißen, dass weder Nürnberg, Hamburg noch Braunschweig | |
in der Liga bleiben wollen. Aber wir haben alles versucht und werden das | |
auch weiterhin tun“, versichert Sportdirektor Marc Arnold. | |
Die Fragen nach einer äußerst offensiven Ausrichtung, die Braunschweig am | |
Ende auch noch um das Remis brachte, ließen nicht lange auf sich warten. | |
Immer wieder fiel das Wort „naiv“, als es darum ging, warum sich die | |
Eintracht eigentlich nicht mit einem Punkt zufrieden geben wollte. | |
Lieberknecht hatte sich geweigert, seine Spieler über die Zwischenstände in | |
den anderen Stadien informieren zu lassen und konnte diese Form der | |
Geheimniskrämerei auch gut begründen. „Wir wollten von Anfang an gewinnen. | |
Es interessiert mich doch nicht, wie die anderen spielen. Wir spielen | |
Profifußball“, sagte der Anführer eines Ensembles, das sich einfach nicht | |
geschlagen geben will. An der Grundkonstellation, dass sich die Eintracht | |
mit einem Sieg am letzten Spieltag noch in die Relegation retten kann, hat | |
sich nichts geändert. Der feine Unterschied zur Konkurrenz bleibt: In | |
Nürnberg und Hamburg trübt der zermürbende Abstiegskampf die Stimmung. In | |
Braunschweig empfinden es alle Beteiligten als Ehre und Genugtuung, immer | |
noch im Rennen zu sein. | |
4 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Otto | |
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