# taz.de -- Umkämpfter Staudamm in Brasilien: Nicht mal Gott hilft | |
> Im Streit um den Staudamm Belo Monte im brasilianischen Amazonasgebiet | |
> ziehen Indígenas und Umwelt weiterhin den Kürzeren. Die Arbeiten gehen | |
> voran. | |
Bild: Land unter, leider nicht für das Staudamm-Projekt in Pimenta. | |
RIO DE JANEIRO taz | Belo Monte ist in Brasilien ein Reizwort. Der Bau des | |
weltweit drittgrößten Staudamms mitten im Amazonas-Urwald ist so umstritten | |
wie sonst nur die Fußball-WM. Umweltschützer und Indígenas laufen Sturm | |
gegen das Mammutprojekt, die Regierung verteidigt es mit lauteren und | |
unlauteren Mitteln. Mitte Mai startet der Dokumentarfilm „Count-Down am | |
Xingu“ in Deutschland. | |
Trotz der jahrelangen Protestwelle scheint der Kampf gegen den Staudamm | |
verloren; die Arbeiten gehen stetig voran. Zehntausende Menschen wurden von | |
ihrem Land vertrieben, um dem riesigen Stausee von 50.000 Hektar Platz zu | |
machen. | |
Zwar gelingt es den Indígenas immer wieder, einen Baustopp zu erwirken. | |
Doch meist geben die höheren Instanzen dem Baukonsortium oder der Regierung | |
recht. Wirtschaftliche Interessen oder und die strategische Erschließung | |
der abgelegenen Region wiegen schwerer als die Rechte der Indígenas, deren | |
Verletzung sogar der Interamerikanische Gerichtshof erfolglos monierte. | |
Nicht einmal die katholische Kirche konnte das Blatt wenden. Bischof Erwin | |
Kräutler – ein gebürtiger Österreicher, der seit 1982 in der Xingu-Region | |
lebt – gehört zu den prominentesten Kritikern des Belo-Monte-Staudamms. | |
Anfang April trug er seine Anliegen Papst Franziskus vor. Kräutler beklagte | |
den mangelnden politischen Willen der brasilianischen Regierung, die Rechte | |
den Indigenen bei der Verteidigung ihres Landes gegen Großgrundbesitzer und | |
das Agrobusiness zu unterstützen. | |
Und er klagte Belo Monte als ein Projekt an, das die ganze Region aus dem | |
Gleichgewicht bringt: „Die Regierung hat alle Gesetze und Regeln verletzt, | |
um die Arbeiten so schnell wie möglich in Angriff zu nehmen. Alle Einwände | |
von Indígenas, Siedlern und den Flussanrainern ließ sie ins Leere laufen“, | |
so der Bischof. | |
Belo Monte ist Bestandteil der brasilianischen Wirtschaftspolitik, die auf | |
schnelles Wachstum und die Erschließung der bisher wenigen entwickelten | |
Gegenden des riesigen Landes setzt. Neue Verkehrswege, Energieproduktion, | |
der Abbau von Bodenschätzen, aber auch die Förderung der exportorientierten | |
industriellen Landwirtschaft sind Stützpfeiler dieses Modells. | |
## Allheilmittel für Regierung | |
Die Mitte-links-Regierung in Brasília hält dieses Rezept für ein | |
Allheilmittel zur nachholenden Entwicklung, Konflikte mit lokalen sozialen | |
Bewegungen werden oft mit Gewalt ausgetragen. | |
Das zu Zeiten der Militärdiktatur entworfene Projekt gilt allerdings als | |
ökonomisch fragwürdig, da die Turbinen aufgrund des schwankenden | |
Flussspiegels nur wenige Monate im Jahr ausgelastet sein werden. Hinzu | |
kommen Zerstörungen in der gesamten Flusslandschaft. | |
Der Filmemacher Martin Keßler zeigt in „Count-Down am Xingu“ | |
Unregelmäßigkeiten von unzureichenden Entschädigungszahlungen bis zur | |
Bereicherung von korrupten Bauunternehmen. Mit im Geschäft sind auch | |
deutsche Unternehmen wie Siemens und Mercedes-Benz. Sie liefern Turbinen | |
und Fahrzeuge. | |
7 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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