# taz.de -- Krise in der Ukraine: Tote bei Kämpfen in Mariupol | |
> Die Lage in der Ukraine spitzt sich weiter zu. Im Süden des Landes sind | |
> nach Angaben der Regierung mindestens 20 Milizionäre und ein Polizist | |
> getötet worden. | |
Bild: An einem Checkpoint in Mariupol am Freitag. | |
DONEZK/MOSKAU/KIEW afp/dpa | Bei Kämpfen zwischen prorussischen | |
Separatisten und ukrainischen Soldaten in der südukrainischen Hafenstadt | |
Mariupol sind nach Angaben der ukrainischen Regierung mindestens 21 | |
Menschen getötet worden. | |
Unter den Todesopfern seien 20 Milizionäre und ein Polizist, erklärte | |
Innenminister Arsen Awakow am Freitag auf Facebook. Bei den Kämpfen seien | |
zudem fünf Polizisten verletzt worden, vier Rebellen seien festgenommen | |
worden. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax versuchten | |
ukrainische Militäreinheiten, ein von Separatisten besetztes | |
Verwaltungsgebäude einzunehmen. | |
Übergangspräsident Alexander Turtschinow und Ministerpräsident Arseni | |
Jazenjuk schlugen unterdessen am Donnerstagabend einen nationalen Dialog | |
zur Entschärfung der Krise vor, stellten aber erneut klar, dass sie nicht | |
mit bewaffneten Regierungsgegnern verhandeln. Entgegen internationaler | |
Forderungen sollen Sicherheitskräfte in der Ostukraine zudem weiter gegen | |
Separatisten vorgehen. Nach russischen Angaben hatte Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel einen „Runden Tisch“ aller Konfliktparteien vorgeschlagen, also auch | |
unter Beteiligung der prorussischen Separatisten. | |
Auch diese setzen weiter auf Konfrontation. Unabhängigkeitsreferenden im | |
Osten des Landes sollen – ungeachtet eines Appells des russischen | |
Präsidenten Wladimir Putin – am Sonntag abgehalten werden. Mehr als drei | |
Millionen Menschen in den russisch geprägten Gebieten Donezk und Lugansk | |
sollen dann entscheiden, ob sie eine Abspaltung von der Zentralregierung | |
unterstützen. Gestellt wird die Frage nach einer staatlichen | |
Eigenständigkeit der Region. Die Bundesregierung, die Europäische Union und | |
die USA lehnen die Abstimmung ab. | |
Merkel forderte von allen Seiten Bewegung. „Kompromisse kann man nicht | |
finden, indem eine Seite sich überhaupt nicht bewegt“, sagte sie bei einer | |
Veranstaltung des Westdeutschen Rundfunks (WDR) in Berlin. Außenminister | |
Frank-Walter Steinmeier (SPD) mahnte, „die Zeit des Taktierens muss | |
vorbei“. | |
US-Außenminister John Kerry telefonierte derweil erneut mit seinem | |
russischen Kollegen Sergej Lawrow. Kerry erneuerte dabei nach Angaben | |
seines Ministeriums Forderungen nach Deeskalation, Entwaffnung der | |
Separatisten und Räumung besetzter Gebäude. Russland hatte den Westen zuvor | |
aufgerufen, mäßigend auf die Regierung in Kiew einzuwirken. | |
## Schlüsselfragen der ukrainischen Gesellschaft | |
Diese erklärte am Donnerstagabend, Ziel des Dialogs sei ein nationaler | |
Konsens über Schlüsselfragen der ukrainischen Gesellschaft. Dazu zählten | |
eine Dezentralisierung der Macht, eine Reform des Sicherheits- und | |
Justizapparats sowie der Schutz der Minderheiten. Überwachen solle den | |
Prozess die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa | |
(OSZE), hieß es in einer Erklärung Turtschinows und Jazenjuks. | |
Trotz der Zuspitzung der Krise will US-Präsident Barack Obama nicht die | |
Möglichkeit nutzen, Putin bei den „D-Day-Feiern“ Anfang Juni in der | |
Normandie zu sprechen. Es gebe keine Planungen zu bilateralen Gesprächen | |
mit anderen Staats-und Regierungschefs, sagte der stellvertretende | |
Regierungssprecher Josh Earnest. | |
Bei den Feierlichkeiten am 6. Juni gehe es um die Erinnerung an die Landung | |
der Alliierten an der französischen Normandieküste vor 70 Jahren. „Und das | |
hat nichts mit Präsident Putin zu tun“, sagte Earnest nach Angaben des | |
Weißen Hauses an Bord des Präsidentenflugzeugs „Air-Force-One“. Putin und | |
Obama haben wegen der Ukraine-Krise zwar mehrfach miteinander telefoniert, | |
ein persönliches Treffen gab es aber seit Ausbruch der Krise nicht. | |
## Russland testet Interkontinentalraketen | |
Mitten in der Ukraine-Krise testete Russland drei mit Atomsprengköpfen | |
bestückbare Interkontinentalraketen. Eine Rakete vom Typ Topol-M | |
(Nato-Code: SS-25 Sickle) sei vom Weltraumbahnhof Plessezk in Nordrussland | |
abgeschossen worden, erklärte das Verteidigungsministerium. Zudem hätten | |
zwei Atom-U-Boote je eine Rakete auf Truppenübungsplätze abgefeuert. | |
Linksfraktionschef Gregor Gysi warf Merkel vor, im Ukraine-Konflikt die | |
falschen Signale zu setzen. In der Passauer Neuen Presse kritisierte er das | |
Treffen Merkels mit dem ukrainischen Präsidentschaftskandidaten Pjotr | |
Poroschenko. Dass dem Oligarchen im Kanzleramt „der rote Teppich“ | |
ausgerollt worden sei, sei ein Fehler gewesen. Merkel hatte Poroschenko bei | |
dem Treffen am Mittwoch zum Dialog gemahnt. | |
Gysi beklagte, in der deutschen Öffentlichkeit gebe es ein | |
Schwarz-Weiß-Denken. „Putin wird zum Bösen erklärt, und die anderen sind | |
nur die Guten“, sagte er. Auch der Westen müsse sich nach seiner | |
Verantwortung fragen lassen: „Er setzt auf sinnlose Sanktionspolitik und | |
Nato-Truppen an den Grenzen Russlands. Sanktionen und Säbelrasseln helfen | |
nicht weiter.“ Unionsfraktionschef Volker Kauder warf der Linkspartei | |
Parteinahme für Moskau vor. | |
Dieser Artikel wurde aktualisiert um 15.50 Uhr. | |
9 May 2014 | |
## TAGS | |
Ostukraine | |
Referenden | |
Russland | |
Alexander Turtschinow | |
Arseni Jazenjuk | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
D-Day | |
Die Linke | |
Donezk | |
Russland | |
Ukraine | |
Ukraine | |
Ukraine | |
Ukraine | |
Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
70. Jahrestag D-Day: Das Jubiläum hat Priorität | |
Im Zentrum der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der alliierten Landung | |
stehen zivile Opfer und Veteranen. Die Ukraine-Krise bleibt eine Randnotiz. | |
Kommentar Linkspartei und Ukraine: Spiegelbild der Scharfmacher | |
Die hitzköpfigen Putin-Beschimpfer werden von der Linkspartei kritisiert. | |
Eine echte Alternative stellt aber auch sie nicht dar. | |
„Tag des Sieges“ in der Ost-Ukraine: Rote Fahnen, alter Hass und Pilze | |
Der Tag des Sieges über den Faschismus wird in Donezk zur prorussischen | |
Demonstration für die Loslösung von Kiew. Aber nicht alle machen mit. | |
Umstrittener Besuch des Kremlchefs: Putin ist auf der Krim gelandet | |
Erstmals seit der Annexion durch Russland ist Wladimir Putin auf die Krim | |
gereist. Dort will er den Sieg über Nazi-Deutschland 1945 feiern. | |
Kommentar Abstimmung in der Ukraine: Sieg der Falken | |
Die EU muss mehr Druck ausüben und Russland sollte klare Worte an die | |
Rebellen richten. Viel Zeit bleibt bis zum Referendum am Sonntag nicht. | |
Geschichtsbilder in der Ukraine: Der Krieg um den Krieg | |
Am 9. Mai drohen Konflikte zwischen ukrainischen Nationalisten und | |
prorussischen Kräften. Denn das Land ist erinnerungspolitisch gespalten. | |
Krise in der Ostukraine: „Wie in einem Irrenhaus“ | |
Es gibt Anzeichen für eine Entspannung in der Ostukraine – und für eine | |
weitere Eskalation. Aber auch einige der Russland-Befürworter haben Angst. | |
Fußball in der Ukraine: Anti-Putin-Lieder auf den Rängen | |
Bei der Partie zwischen Kiew und Odessa in der ukrainischen Hauptstadt | |
feuern die Heimfans auch die Spieler der gegnerischen Mannschaft an. | |
Separatisten in der Ostukraine: Riskantes Referendum | |
Die ukrainischen Aufständischen halten an der Abstimmung am Sonntag fest. | |
Haben sie sich von Putin losgesagt? Oder ist alles mit Moskau abgesprochen? |