# taz.de -- Referendum im Osten der Ukraine: Zustimmung in durchsichtigen Urnen | |
> Das umstrittene Referendum in der Ostukraine ist angelaufen. Über die | |
> Beteiligung gibt es widersprüchliche Angaben, wie auch über die Zahl der | |
> Wahlberechtigten. | |
Bild: Wahl unter freiem Himmel in Lugansk. | |
DONEZK dpa | Das umstrittene Referendum in der Ostukraine über eine | |
Abspaltung der Region vom Rest des Landes ist nach Angabe der Separatisten | |
auf riesiges Interesse gestoßen. „Die Wahlbeteiligung ist nicht nur hoch, | |
sondern überwältigend“, sagte der selbst ernannte Wahlleiter der fiktiven | |
„Volksrepublik Donezk“, Roman Ljagin, am Sonntag der Agentur Interfax. | |
Die Befragung laufe auf Hochtouren – auch in der von Regierungstruppen | |
umstellten Separatisten-Hochburg Slawjansk, behauptete Ljagin. Dort sowie | |
im Raum Krasny Liman soll es erneut zu Gefechten gekommen sein. Eine | |
unabhängige Bestätigung gab es zunächst nicht. | |
Fotos aus der Gebietshauptstadt Donezk zeigten lange Schlangen vor | |
„Wahllokalen“. Einwohner warfen ihre Stimmzettel in durchsichtige Urnen, | |
auf die die schwarz-blau-rote Flagge der Volksrepublik geklebt war. | |
Proukrainische Medien berichteten hingegen von geringer Beteiligung. Viele | |
Menschen wüssten nicht, wo sie abstimmen könnten, oder seien schlichtweg | |
nicht interessiert. | |
In der angrenzenden „Volksrepublik Lugansk“ sprachen die Aktivisten am | |
Vormittag von 22 Prozent Beteiligung. Die Abstimmung soll bis 22.00 Uhr | |
Ortszeit laufen. Insgesamt soll es mehr als drei Millionen Wahlberechtigte | |
geben. | |
## Keine internationalen Beobachter | |
Die prowestliche Zentralregierung in Kiew sowie die EU und die USA erkennen | |
die Befragung nicht an. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische | |
Präsident François Hollande nannten das Referendum unrechtmäßig. | |
Internationale Beobachter sind zu der zweifelhaften Abstimmung nicht | |
angereist. Der Westen setzt auf die Präsidentenwahl am 25. Mai zur | |
Stabilisierung der angespannten Lage in der früheren Sowjetrepublik. | |
Die USA warfen Russland Passivität gegenüber den Separatisten vor. | |
Kremlchef Wladimir Putin habe seinem Aufruf zur Verschiebung der | |
Volksbefragung keine Taten folgen lassen, teilte das Außenministerium in | |
Washington mit. Die Regierung in Moskau habe ihren Einfluss auf die | |
Separatisten nicht geltend gemacht, um die Abstimmung zu verhindern. Putin | |
hatte am Mittwoch eine Verschiebung des Referendums gefordert – dies hatten | |
die moskautreuen Aktivisten abgelehnt. | |
## Keine aktuellen Wählerverzeichnisse | |
In den Gebieten Donezk und Lugansk mit insgesamt gut 6,5 Millionen | |
Bewohnern haben die Separatisten nach eigener Aussage flächendeckend | |
Wahlbüros eingerichtet, meist in Schulen. Sie rechnen mit einer breiten | |
Zustimmung für eine Eigenständigkeit. Die Zentralregierung hat die | |
Kontrolle über weite Teile der russisch geprägten Region verloren. | |
Allerdings räumen die moskautreuen Kräfte ein, nicht über aktuelle | |
Wählerverzeichnisse zu verfügen. Ein Anschluss an Russland nach dem Vorbild | |
der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim ist vorerst nicht geplant. | |
Vor allem die jüngsten brutalen Zusammenstöße von Nationalisten und | |
Regierungseinheiten mit prorussischen Kräften in Odessa und Mariupol hätten | |
den Wunsch nach einer Loslösung befeuert, sind die Aktivisten überzeugt. | |
Dabei waren insgesamt Dutzende Menschen getötet und weit mehr als 200 | |
verletzt worden. Ukrainische Truppen gehen zudem im Norden des Gebiets | |
Donezk mit einem „Anti-Terror-Einsatz“ gegen die Regierungsgegner vor. | |
Das Metallunternehmen Metinvest des Milliardärs Rinat Achmetow, des | |
reichsten Ukrainers, rief die Zentralregierung auf, ihre Truppen aus der | |
Ostukraine zurückzuziehen. Die Führung müsse Fehler einräumen und einen | |
Dialog beginnen, hieß es in einer Mitteilung. | |
11 May 2014 | |
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