# taz.de -- Wirtschaft in Portugal: Die „Männer in Schwarz“ sind weg | |
> Portugal hat den Rettungsschirm verlassen. Drei Jahre lang hatten | |
> internationale Geldgeber einen Sparkurs diktiert, der vor allem Renten | |
> und Sozialleistungen kürzte. | |
Bild: Nicht Gebete, sondern Kürzungen bei den Schwächsten haben geholfen – … | |
LISSABON afp | Nach drei Jahren unter Kuratel der internationalen Geldgeber | |
hat Portugal den Euro-Rettungsschirm offiziell verlassen. „Wir haben das | |
Investorenvertrauen zurückgewonnen, aber die Haushaltsdisziplin geht | |
weiter", sagte Ministerpräsident Pedro Passos Coelho am Samstag. Die | |
EU-Kommission mahnte, vor der vollständigen Genesung Portugals liege noch | |
ein „jahrelanger“ Reformkurs. | |
Mit Zinsen von mehr als 18 Prozent für Zehnjahresanleihen hatten die Märkte | |
Lissabon im April 2011 unter den Rettungsschirm gezwungen. Im Gegenzug für | |
78 Milliarden Euro an Notkrediten von Euroländern, Europäischer Zentralbank | |
(EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) hatte sich das Land dann zu | |
einem schmerzhaften Sparkurs verpflichtet. So wurden etwa Renten und | |
Pensionen gekürzt und Sozialleistungen beschnitten. | |
Zwar haben die Investoren das Land jetzt wieder vom Haken gelassen, die | |
Zinsen fielen zwischenzeitlich auf 3,5 Prozent und damit niedriger als vor | |
der Krise. Dennoch warnen viele Experten vor dem Risiko, auch ohne | |
Vorsorgekredit des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) an den Markt | |
zurückzukehren. „Die Zeit für Euphorie ist noch nicht gekommen“, mahnte am | |
Samstag auch Regierungssprecher Luís Marques Guedes. „Wir müssen | |
weitersparen, um nicht zurückzufallen.“ | |
Die Bilanz der drei Jahre am Eurotropf ist durchwachsen: Einerseits konnte | |
das Hauhsaltsdefizit auf 4,9 Prozent der Wirtschaftsleistung halbiert | |
werden. Im gleichen Zeitraum stieg die Gesamtverschuldung aber von 94 auf | |
129 Prozent. | |
## Die Arbeitslosigkeit ist weiterhin hoch | |
Und die Arbeitslosigkeit liegt mit 15,3 Prozent weiter „inakzeptabel hoch“, | |
wie der zuständige EU-Kommissar Siim Kallas am Samstag monierte. Und so | |
lobte er zwar, dass die notwendigen Strukturreformen „begonnen“ hätten. | |
Entscheidend sei aber, dass diese „in den kommenden Monaten und Jahren | |
fortgesetzt werden“. | |
Portugal ist nach Spanien und Irland der dritte Patient der Währungsunion, | |
der aus einem Rettungsprogramm aussteigt. Weiter am Tropf der Euro-Partner | |
hängen Griechenland und Zypern. | |
Lissabon hätte die Möglichkeit gehabt, beim ESM einen sogenannten | |
Vorsorgekredit zu beantragen. Doch die Bundesregierung und andere | |
Euroländer hatten durchblicken lassen, dass sie vor der Europawahl davon | |
nicht viel halten. | |
Die in der Bevölkerung verhassten „Männer in Schwarz“ von der | |
Geldgeber-Troika, die penibel auf die Umsetzung der Sparauflagen achteten, | |
sind nun zwar abgereist. Lissabon wird aber noch 20 Jahre unter | |
verschärfter Kontrolle der EU bleiben. | |
Denn so lange wird es vermutlich dauern, bis Portugal drei Viertel der | |
Notkredite zurückgezahlt hat, die es zur Abwendung seiner Pleite in den | |
vergangenen drei Jahren in Anspruch nehmen musste. | |
18 May 2014 | |
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