# taz.de -- Kommentar Sexuelle Gewalt im Krieg: Keine vergessenen Opfer mehr | |
> Trotz weiterhin dringenden Handlungsbedarfs hat der Kampf gegen sexuelle | |
> Gewalt als Kriegswaffe große Fortschritte gemacht. | |
Bild: Immer mehr Frauen, wie diese philippinische Polizistin, arbeiten bei den … | |
Es war im Jahr 2001, da reisten die Liberianerin Ellen Johnson-Sirleaf und | |
die Finnin Elisbeth Rehn gemeinsam in vierzehn Kriegsgebiete auf der Welt. | |
Zusammen erstellten die spätere erste Staatschefin Afrikas und die erste | |
Verteidigungsministerin der Welt den ersten unabhängigen Bericht über die | |
Bedeutung der Rolle der Frau bei der Prävention und Lösung bewaffneter | |
Konflikte. | |
Wenige Monate zuvor, im Oktober 2000, hatte der UN-Sicherheitsrat die | |
bahnbrechende Resolution 1325 beschlossen. Die Resolution stellte | |
Frauenrechte und Geschlechtergleichheit in den Mittelpunkt der | |
internationalen Friedens- und Sicherheitspolitik. Die UNO wird im nächsten | |
Jahr die Fortschritte seitdem überprüfen. | |
Zwar gibt es noch viel zu tun, aber wir können auf große Fortschritte in | |
den vergangenen 14 Jahren zurückblicken. Die Beendigung sexueller Gewalt in | |
Konflikten, Thema des dieswöchigen Gipfeltreffens in Großbritannien, ist | |
jetzt für den Sicherheitsrat vorrangig und für Friedensmissionen und | |
humanitäre Hilfe eine Priorität. Trotz andauernder Herausforderungen und | |
Unzulänglichkeiten widmen die Vereinten Nationen diesem Thema mehr Energie | |
und Ressourcen als je zuvor. | |
Im Jahr 2000 stand die Bestrafung von Kriegsverbrechern für sexuelle | |
Gewaltverbrechen durch internationale Gerichte noch ganz am Anfang. Heute | |
beziehen internationale und nationale Kriegsverbrechertribunale und andere | |
Justizmechanismen routinemäßig Spezialisten zur Ermittlung und | |
Dokumentation sexueller und geschlechterbezogener Gewalt ein. | |
## Zunehmende Beteiligung von Frauen | |
Im Jahr 2000 wurden in den meisten Flüchtlingslagern keine spezifischen | |
Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Mädchen vor sexueller und | |
geschlechterbezogener Gewalt getroffen. Heute ist das in fast allen der | |
Fall, berichtet der UN-Flüchtlingskommissar (UNHCR). Damals gab es | |
gesonderte Gender-Abteilungen in nur einem Fünftel aller | |
UN-Friedensmissionen, meist mit nur einem einzigen einsamen Mitarbeiter. | |
Heute gibt es die in fast allen - und die Missionen stationieren dazu | |
Frauenschutzberaterinnen. Die historisch erste Kommandeurin einer | |
UN-Blauhelmtruppe, Kristin Lund aus Norwegen, wurde erst vor wenigen Wochen | |
ernannt. | |
Vor vierzehn Jahren lag der Anteil von Frauen in Parlamenten in | |
Konfliktgebieten kaum über zehn Prozent. Heute hat er sich fast verdoppelt. | |
Die UNO hat vor kurzem ihre allererste Mediatorin ernannt. Der Anteil von | |
Frauen in Mediatorenteams und Friedensverhandlungen wächst, und zum ersten | |
Mal sind gegenwärtig ein Drittel aller Botschafter beim UN-Sicherheitsrat | |
Frauen. Immer mehr Frauen erhalten Reparationen und Wohlfahrtsunterstützung | |
als Teil von Entwaffnungs- und Demobilisierungsprogrammen oder von | |
Übergangsprogrammen zur Arbeitsbeschaffung. | |
Finnland hat erhebliche Beiträge für die UN-Organisation „UN Women“ | |
geleistet und ist einer seiner größten Geber geworden. Durch Unterstützung | |
von „UN Women“ und die Zusammenarbeit damit fördern Nationen | |
Frauenkoalitionen für den Frieden und bereiten diese darauf vor, sich in | |
Friedensprozessen zu engagieren. Wir arbeiten mit Soldaten in | |
Friedensmissionen, um konfliktbezogene sexuelle Gewalt zu erkennen und zu | |
stoppen. | |
Wir unterstützen Rahmenprogramme in Justiz und Sicherheit, die Frauen und | |
Mädchen vor Gewalt und Diskriminierung schützen, und auch öffentliche | |
Dienstleistungen, die auf die Bedürfnisse von Frauen eingehen. Wir | |
unterstützen auch den verbesserten Zugang von Frauen zu ökonomischen | |
Möglichkeiten und das Engagement von Frauen in allen Bereichen der | |
nationalen und lokalen Entscheidungsfindung. | |
## Dringender Handlungsbedarf | |
Finnland konzentriert sich zunehmend auf fragile Staaten. Finnland und | |
Osttimor halten gegenwärtig gemeinsam den Vorsitz des Internationalen | |
Dialoges über Friedenskonsolidierung und Staatsaufbau und sprechen auf der | |
UN-Bühne insbesondere für Frauen in fragilen Staaten. | |
Trotz vieler Bemühungen zahlreicher Akteure zeigen die bedrückenden | |
Nachrichten aus Nordnigeria, Syrien, Südsudan, der Zentralafrikanischen | |
Republik, Afghanistan und anderen Krisengebieten, dass stärkeres Handeln | |
dringend nötig ist. Beim gegenwärtigen Tempo wird es bis zum 22. | |
Jahrhundert dauern, bevor Geschlechterparität in Regierungen, Parlamenten | |
und Friedenskonferenzen erreicht ist. 97 Prozent aller UN-Friedenssoldaten | |
sind immer noch Männer. | |
Im Vergleich zu den weltweiten Militärausgaben sind Investitionen in | |
Frauenrechte vernachlässigenswert. Ungleichheit, Marginalisierung und | |
Diskriminierung vor dem Gesetz treiben noch immer Frauen ins Elend und | |
untergraben ihre Fähigkeit, sich von Konflikten zu erholen und zum Frieden | |
beizutragen. Dies ist eine der großen Ungerechtigkeiten unserer Zeit, und | |
wir werden in der Post-2015-Entwicklungsagenda diese Herausforderung | |
angehen. Die Arbeitsgruppe für die Post-2015-Entwicklungsziele hat in ihrem | |
jüngsten Bericht die Zielmarke 2030 zum Erreichen der | |
Geschlechtergleichheit gefordert. | |
Weltweit erleiden Frauen in Konflikten immense Härten und | |
Menschenrechtsverletzungen, aber sie legen auch immense Hartnäckigkeit und | |
Zielstrebigkeit an den Tag, um für sich und ihre Familien ein besseres | |
Leben aufzubauen. Regierungen und die internationale Staatengemeinschaft | |
haben die Verantwortung, auf ihrer Seite zu stehen. Wie Elisabeth Rehn und | |
Ellen Johnson Sirleaf schrieben: „Wo Frauen sicher sind, sind es auch | |
Nationen. Wo sich Frauen sicher fühlen ist Frieden möglich.“ | |
10 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Pekka Haavisto | |
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