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# taz.de -- Journalistenhelfer in Brasilien: Der Strippenzieher
> Bilder aus den Favelas sind derzeit beliebt unter internationalen
> Reportern. Um die zu finden, brauchen die Journalisten Fixer – wie Caio
> Vilela.
Bild: Favela in Salvador – Fixer Caio Vilela hat die Kontakte, Journalisten …
SÃO PAULO taz | Es dauert keine halbe Stunde, dann antwortet Caio Vilela –
mitten in der Nacht, in der Multi-Millionen-Metropole São Paulo. Die
nächste Nachricht folgt keine vier Stunden später, direkt nach dem
Aufstehen.
Ein paar Anrufe und Nachrichten später sitzen fünf Männer in Vilelas weißem
Pick-up. Einer muss sich auf die Kindersitze hinter der Rückbank zwängen.
Sie kennen sich gegenseitig kaum. Vilela hat sie zusammengeführt, um sie
ans andere Ende der Stadt zu bringen.
In Itaquera, dem Stadtteil, in dem die neue Arena für die Weltmeisterschaft
errichtet wurde, ist er einer Geschichte auf der Spur: Für den dänischen
Fernsehsender TV2 sucht er einen Jungen, der durch den Stadionneubau
umgesiedelt wurde.
Vilela ist rastlos. 44 Jahre alt, runde Intellektuellen-Brille, Jazzfan und
lebt im hippen Ausgehviertel Vila Madalena. Nach seinem Geographiestudium
hat er sich treiben lassen, in die ganze Welt, zunächst für Zeitungen und
Magazine wie National Geographic, den Rolling Stone oder Playboy.
## Ablaufpläne und Reiserouten
Vor etwas mehr als zehn Jahren fragte das finnische Staatsfernsehen Yle bei
ihm an, ob er sie bei einem Beitrag in Brasilien unterstützen könne. Der
passionierte Reiseführer musste nicht lange überlegen, bis seine neue
Geschäftsidee geboren war. Seither führt er Fernsehteams aus aller Welt an
Orte und zu Personen in Brasilien, an die sie ohne ihn nicht kommen würden.
Vilela ist ein Fixer. „Stringer sagen nur die Deutschen.“ Das Wort möge er
nicht. Der Fixer arbeitet Ablaufpläne und Reiserouten aus, sucht die
passenden Kontakte und Orte, klärt die Drehgenehmigungen, kümmert sich um
den Transport und die Sicherheit, übersetzt und dokumentiert. „Wenn ich
einen Job mache, dann zu hundert Prozent. Am Ende stehe ich nahezu rund um
die Uhr bereit, um etwas zu klären.“ Maximal zehn solcher Aufträge nehme er
pro Jahr an. Auch, weil er noch genug Zeit für seine anderen Projekte haben
möchte.
Sein Leben ist ein ständiges Geben und Nehmen, ein Netzwerken, ein
Tippgeben. Hinten links auf der Rückbank des Pick-ups sitzt deshalb Ederon
Marques. Er hat auf Vilelas Aufruf bei Facebook hin den Tipp gegeben. Mehr
als 3.700 Freunde hat der Fixer auf seiner bevorzugten Plattform, zwanzig
Antworten bekam er auf sein Gesuch. Eine Fahrstunde später stehen sechs
Männer etwas unbeholfen in einem Hinterhof eines brasilianischen
Sozialbaus.
## Gesehen werden, das ist wichtig
Weitere zehn Minuten später in der kleinen Zweizimmerwohnung von Vinicius
und seiner Mutter. Geld wollen sie keines, sagt Vilela: „Sie wollen sich
zeigen, im Fernsehen, das ist ihnen wichtiger.“ Auch Marques müsse er nicht
bezahlen.
Wenn es in die Favelas geht, plane er die lokale Unterstützung dagegen im
Budget mit ein. 400 Reais, etwa 130 Euro, als Tagessatz für Führer. Bei
Fernsehsendern, konkretisiert Vilela redselig. „Ein guter Anlaufpunkt sind
soziale Einrichtungen oder Missionen, die die Leute gut kennen. Die wissen
auch, in welcher Straße man lieber nicht filmt.“ Passiert sei in all den
Jahren noch nie was.
Längst hat Vilela zwei Assistenten. „An die gebe ich kleine Aufträge direkt
ab, simple Interviews mit Sportlern oder Prominenten.“ Er selbst, auch
begeisterter Bergsteiger, liebt größere Herausforderungen. Fälle, bei denen
er nicht sofort fündig wird, fixen ihn richtig an. Bislang habe er jeden
Wunsch erfüllt.
Vinicius und seine Mutter zeigen ihre Wohnung, der Junge blättert durch die
Cover seiner Videospiele, die Mutter bringt Kaffee und Kuchen. Beim Projekt
Spirit of Football, das Andrew Aris vom Beifahrersitz anleitet, machen sie
auch noch mit. Ein paar Tage später wird das dänische Team hier drehen.
22 Jun 2014
## AUTOREN
John Hennig
## TAGS
Journalismus
Fernsehen
Favelas
Brasilien
WM 2014
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