# taz.de -- Kommentar Spaniens Fußball: Gracias, La Roja | |
> Das spanische Nationalteam versagt bei der WM auf ganzer Linie. Aber die | |
> Mannschaft um Xavi und Iniesta hat jahrelang großartigen Fußball | |
> gespielt. | |
Bild: La Roja: Weltmeister 2010. | |
Man hat es nach dem 1:5 gegen die Niederländer zum Auftakt gespürt: In | |
dieser Weltmeistermannschaft der Spanier fehlt etwas. Nicht, dass die | |
Männer um Robben und van Persie schlecht gewesen wären. Im Gegenteil. Aber | |
als das eigentlich weniger begabte Team überfuhren sie ihre Endspielgegner | |
von 2010 so furios und erbarmungslos, dass man eines gewiss aus dem Tun der | |
Spanier herauslesen konnte: Die allerletzte Regung zum Widerstand, zum | |
Kampf, zur Konsequenz ging ihnen ab. | |
Immer einen Schritt zu langsam beim Passen und zu ungenau bei dem, was | |
Tiki-Taka genannt wird: Das war nur noch eine halbe Ruine dessen, was noch | |
vor zwei Jahren bei der Euro als ein glänzendes Stück Fußballarchitektur zu | |
bewundern war. Jenem Team fehlte offensichtlich das, was den Niederländern | |
eigen war: Appetit, Ehrgeiz, Hunger. | |
An „Wille und Wucht“, so ARD-Kommentator Mehmet Scholl, mangelte es den | |
Männern von Trainer Vicente del Bosque gegen Chile. Das ist viel zu deutsch | |
formuliert, aber was soll's, es ist ja richtig: Der Unterschied zwischen | |
den Teams war kein aus dem Fußball selbst heraus erklärbarer, keine | |
Differenz um Details, sondern einer ums Ganze: Spanien als | |
Fußballavantgarde war satt. | |
Natürlich, da lag Robben nach dem klaren Sieg seiner Mannschaft richtig, | |
war schon der Auftakt keine Revanche für das Finale von Südafrika. Konnte | |
es nicht sein. Es war nur ein Gruppenspiel. Aber die Spanier wollten sich | |
nur noch retten, nicht mehr angreifen. Die Niederländer hingegen, die das | |
Gefühl pflegen, vor vier Jahren auch den Titel verdient gehabt zu haben, | |
waren motiviert wie eine Schar von Sättigungsbedürftigen, denen die Spanier | |
in der ersten Partie gerade recht kamen: Der Ehrgeiz um die höchste Krone | |
im Fußball machte die zweifachen Euro-Sieger und die Weltmeister platt. | |
Man muss den Spaniern unbedingt Danke sagen. Für fast sechs zauberhafte | |
Jahre, in denen diese Spieler, geschult auch an den Ideen Pep Guardiolas, | |
der Fußballwelt demonstrierten, dass die Idee, Fußball habe mit Schach zu | |
tun, gelebt werden kann. Und sie begeisterte. | |
## Müden Könige aus Barcelona und Madrid | |
In Chile hat diese Equipe ihren letzten Meister gefunden. Die Südamerikaner | |
bewiesen sehr ansehnlich, dass man die müden Könige aus Barcelona und | |
Madrid (sieben Spieler in der Startelf) mit dem bezwingen kann, was sie mal | |
selbst auszeichnete: Teamspirit. Die Chilenen kämpften, wuselten und | |
rannten, dass es nur so begeisterte. Es schien, als würden diese Latinos | |
sich während der 99 Minuten (inklusive Nachspielzeiten) in einen Rausch | |
spielen – um es den Kolonisatoren voll auf Droge mal so richtig zeigen zu | |
können. | |
Das war großer Fußball, auch aus der Dramaturgie der Partie selbst heraus: | |
Es sah aus wie eine Tragödie in zwei langen Akten, bei dem die spanischen | |
Spieler nicht einmal wie am Boden zerstört aussahen, als sie nach der | |
Partie um Statements gebeten wurden. Eher wie Abgedankte, die sich bewusst | |
sind, welche schöne Regentschaft sie der (Fußball-)Welt zu bieten wussten. | |
Nun ist Spanien in der Krise, der Kalauer mag erlaubt sein: Nicht weil da | |
jetzt ein König abdankte, sondern weil die Monarchen des Fußballs allzu | |
erschöpft waren, noch einmal zu beweisen, was als Beweis längst erbracht | |
war: Fußballerische Intelligenz kann unsterblich machen. So wie „la Roja“ | |
der Generation Xavi und Iniesta. | |
19 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
## TAGS | |
WM 2014 | |
Spanien | |
Fußball | |
Chile | |
WM 2014 | |
Chile | |
WM 2014 | |
WM 2014 | |
Maracana | |
WM 2014 | |
Spanien | |
WM 2014 | |
Spanien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Aberglaube bei der WM: Ronaldo streichelt sich | |
Fußballspieler und Trainer haben jede Menge Marotten. Brasiliens Trainer | |
ist da ganz weit vorne. Aber auch Carlos Bilardo, Manager der Argentinier, | |
hat seine Rituale. | |
Niederlande – Chile (Gruppe B): Ohne „van“ zum Sieg | |
Die Niederlande schlagen Chile mit 2:0 und ziehen als Gruppensieger ins | |
Achtelfinale ein. Arjen Robben liefert erneut eine Bestleistung ab. | |
Spanien - Australien (Gruppe B): Irgendwer schießt ein Tor | |
Weltmeister Spanien gegen Außenseiter Australien – ein Wahnsinnsspiel, das | |
Sie da verpasst haben werden! Lesen Sie den weltexlusiv ersten | |
Spielbericht. | |
Kolumne Fußball-Wissenschaft: Vollidioten, labert weiter Blödsinn! | |
Kritiker kritisieren ist bekanntlich sinnlos. Aber da der Autor seine Tage | |
sowieso mit Sinnlosigkeiten verbringt, macht das nichts. | |
Kolumne Aufm Platz: Platz da! | |
Chilenische Fans wollten am Mittwoch mit aller Macht ins Maracanã und | |
stürmten das Medienzentrum. Jetzt werden sie in ihr Heimatland abgeschoben. | |
Spanien scheidet bei WM aus: Ein Stück Fußballgeschichte | |
Das frühe Ausscheiden der spanischen Nationalmannschaft ist historisch. Das | |
wird Konsequenzen haben. Doch die Spanier werden zurückkommen. | |
Spanien gegen Chile (Gruppe B): Das Ende einer Ära! | |
Spanien verliert sein zweites Gruppenspiel gegen Chile mit 2:0. Der | |
Titelträger verabschiedet sich damit vorzeitig aus dem Turnier. | |
Spanien unter Druck: Erstes Endspiel für die Weltmeister | |
Gegen die Chilenen müssen die Titelträger siegen – sonst droht die | |
Heimreise. Hat Trainer del Bosque die besten Spieler nominiert? | |
Kommentar Spanischer Fußball: Das Ende einer Ära? | |
Weltmeister Spanien blamiert sich gegen die Niederlande bis auf die | |
Knochen. Aber die 5:1-Klatsche könnte auch einen positiven Effekt haben. |