# taz.de -- Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Letztes Abenteuer Sandpackung | |
> Der Massenurlaub am Strand ist noch immer für viele der Abstecher ins | |
> Paradies. Sehen und gesehen werden ist das Ziel, nur das Äußerliche, das | |
> muss stimmen. | |
Bild: Das neue Stranderlebnis: Massage direkt am Wasser. | |
Rimini, das Synonym für Strand schlechthin: der kultivierte, der gezähmte, | |
der breite, goldgelbe, der massentouristisch verpönte, der verbaute Strand. | |
Viel geschmähter Teutonengrill. Massentourismus à la carte. | |
Was dem Proll sein Ballermann ist der trendigen Jugendszene heute ihre | |
Rund-um-die-Uhr-Party in Benidorm, auf Ibiza und in Rimini, und der gut | |
verdienenden Kleinfamilie der gepflegte Aufenthalt im Robinson Club am | |
Meer. | |
Der massenhafte Strandurlaub – von Kritikern des Tourismus beargwöhnt und | |
bei golfspielenden Fincabesitzern schon immer verpönt –, gilt den | |
Badetouristen, immer wieder und – trotz Schmäh – als Abstecher ins | |
Paradies. | |
Das glaubte zumindest der französische Soziologe Jean-Didier Urbain, der | |
angetreten war, den Strandurlaub zu rehabilitieren: Wo sich die | |
Sonnenhungrigen drängeln und um einen Platz fürs Strandtuch ringen, habe | |
jeder an den Intimitäten des anderen teil, schrieb Urbain in seiner Studie | |
„Sur la plage“ (Paris 1995). | |
Jeder beobachte jeden. Tagträumereien und Flirts, offen oder versteckt – | |
kleine prickelnde Genüsse. Und der Körper „das strahlende Zentrum, um das | |
sich das zeitgenössische Badespektakel orchestriert“. | |
Sehen und gesehen werden, mit oder ohne Schmerbauch. Sonne, Sand und Wasser | |
prickelnd auf der gebräunten Haut. Zeit zu schauen, träumen, dösen, | |
flirten, nichts zu tun – das war einmal. | |
Die phlegmatische Körperlichkeit, die an heißen Strandtagen in jede Pore | |
dringt, sie zur erogenen Zone macht, wird heute wegmassiert, wegtrainiert, | |
wegmeditiert, weggedröhnt. Statt den eigenen Körper zu genießen, den | |
fremden Körper zu begehren, wird unermüdlich daran gearbeitet, ihn zu | |
optimieren. Das vitale, knisternde Strandleben, es verschwindet. | |
Der Strandurlaub schafft sich selbst ab, noch bevor der steigende | |
Meeresspiegel die schönen, goldenen Strände begräbt: als öffentliche | |
Muckibude oder ohrenbetäubende Partymeile. Das letzte Abenteuer: die | |
sinnliche Sandpackung. Die letzte Begehrlichkeit: ein fester Po. | |
22 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
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