# taz.de -- WM-Kolumne Ordem e Progresso: Barrierefreiheit für Schlandisten | |
> Alles offen: Bei einer Besichtigungstour durchs Stadion in Salvador da | |
> Bahia trifft man Zeitgenossen aus Deutschland – sogar in | |
> Sicherheitsbereichen. | |
Bild: Training der Schweizer im Stadion von Salvador da Bahia: An einem Ruhetag… | |
Barrieren stellen in Brasilien keine unüberwindlichen Hindernisse dar. | |
Manchmal kommt man ganz locker drüber. Wie beim sogenannten Fifa-Fanfest in | |
Salvador, das wir, ohne anstehen zu müssen, von einem Seiteneingang aus | |
betreten. Passt schon, sagt der Ordner und winkt uns freundlich durch. Auch | |
im Stadion von Salvador konnte man ausgiebige Besichtigungstouren starten, | |
in die Katakomben, in die VIP-Lounge, an den Spielfeldrand. | |
Alles war an einem Ruhetag offen zugänglich, keine Tür verschlossen. | |
Niemand wunderte sich über den neugierigen Eindringling aus Deutschland, | |
der alles inspizierte. Ja, sogar deutsche Fans schafften es in die | |
Sicherheitsbereiche des Stadions. | |
Wir trafen das Trio, das aus Kiel stammte, unter einem Baldachin, der uns | |
vor einem tropischen Platzregen schützte. Wider Erwarten entpuppten sich | |
die Schlandisten in ihren grünen und weißen DFB-Trikots als recht | |
freundliche Zeitgenossen. Nach einer Plauderei über die Reize Salvadors, | |
über Schweini und Co. schlossen sie sich uns an. | |
Die erste Schleuse zum Stadion, die eigentlich nur mit einer | |
Fifa-Akkreditierung zu passieren ist, nahmen die drei ohne Schwierigkeiten. | |
Am zweiten Checkpoint scheiterten sie – zunächst. Denn wir trafen die Fans | |
im Schlund des Stadions vorm Pressekonferenz-Raum wieder, wo sie uns mit | |
großem Hallo empfingen: „Mensch, wir haben schon auf euch gewartet, wo | |
bleibt ihr denn?“, tönten sie. Im Schlepptau von ein paar Security-Leuten | |
hatten sie die heiklen Bereiche der Arena geentert. | |
So was geht offenbar in Brasilien. Die Sicherheitskontrollen sind ja eh | |
ziemlich lax. Mal ist der Metallscanner an, mal nicht. Mal wird in die | |
Taschen geschaut, mal nicht. Tudo bem? Alles gut? Logo, passt schon | |
irgendwie. Muss ja nicht alles generalstabsmäßig geplant sein. Mit dieser | |
Mischung aus Tiefenentspanntheit und Laisser-faire erledigt man die kleinen | |
Dinge des Lebens – und die großen wie eine Weltmeisterschaft. Ist nicht der | |
schlechteste Ansatz. | |
Man setzt auch klare Prioritäten. Wenn Brasilien spielt, dann wird nicht | |
mehr gearbeitet, ist ja klar. Die deutsche Botschaft sagte neulich eine | |
Besichtigungstour zum Industriekomplex Camaçari in Bahia ab, weil die | |
Belegschaft dort beschlossen hatte, am Tag des Spiels der Seleção schon um | |
11 Uhr die Arbeit zu beenden. Das Spiel begann um 16 Uhr. | |
Easy going, so lautet auch die Devise in den überlaufenen Zonen der Stadt. | |
Alemao? Deutscher? Alles klar. Super. Daumen hoch. Nur ein kleiner | |
Schweizer, der in einem Trikot der Seleção steckte und offensichtlich in | |
Begleitung einer Gewerbetreibenden war, rief uns giftig hinterher: | |
„Alemanha merde – ich kann die Deutschen nicht ausstehen!“ Wie gut für d… | |
Eidgenossen, dass er nicht auf ein paar echte Schlandisten getroffen ist, | |
sondern nur auf friedfertige Schreiberlinge. Es hätte böse enden können für | |
ihn. | |
25 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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