# taz.de -- Studiengang wird eingestellt: Keine neuen Türkisch-Lehrer | |
> Weil es zu wenige Studienanfänger gibt, beendet die Uni Hamburg die | |
> Ausbildung von Türkisch-Lehrern. Die türkische Gemeinde ist entsetzt. | |
Bild: Können in Hamburg nicht mehr ausgebildet werden: Türkisch-LehrerInnen. | |
HAMBURG taz | Seit fast 20 Jahren werden an der Uni Hamburg Türkisch-Lehrer | |
ausgebildet. Zum neuen Wintersemester soll es nun erstmals keine neuen | |
Bachelor-Studenten mehr geben. „Die Nachfrage und die Studierendenzahlen | |
sind in diesem Fach sehr gering“, teilt die Pressestelle mit und nennt die | |
Anfängerzahlen für das Lehramt Gymnasium: Nur fünf in den Jahren 2010 bis | |
2012. | |
Das scheint wenig, doch addiert man die Studierenden für das Lehramt | |
Primarstufe und Sekundarstufe I (LAPS) hinzu, läppert sich die Zahl auf | |
knapp 100. Professor Yavuz Köse, der am Institut für Turkologie die | |
Studierenden betreut, geht gar von 128 aktuell eingeschriebenen Bachelor- | |
und Masterstudierenden aus. Das Problem, sagt er, sei, dass man mit nur | |
einer Professur und einer derzeit vakanten Juniorprofessur gleich zwei | |
Studiengänge betreue: Turkologie und Lehramt Türkisch. Dafür sei die | |
Ausstattung viel zu knapp. Den didaktischen Teil übernimmt die Fakultät für | |
Erziehungswissenschaften. Doch auch dort gebe nur eine Lehrkraft auf einer | |
halben Stelle, die nur Russisch und kein Türkisch spricht. Das Problem habe | |
seit Jahren bestanden. Nun habe seine Fakultät „die Reißleine gezogen“. | |
Am 19. Mai, so heißt in in der Senatsantwort auf eine Anfrage der Grünen, | |
habe das Präsidium der Uni die beiden Fakultäten gebeten, „das Verfahren | |
zur Einstellung des Unterrichtsfaches Türkisch einzuleiten“. | |
„Wir sind sehr traurig darüber“, sagt Bilge Yörenc, die Vorsitzende des | |
Türkischen Lehrervereins Hamburg, Töder. Türkisch sei nach Deutsch die | |
meist gesprochene Sprache im Land. Rund 15.000 Schüler in Hamburg sprächen | |
sie. Die Förderung ihrer Herkunftssprache sei für den Bildungserfolg | |
wichtig. Weltweit werde Türkisch von 300 Millionen Menschen in sechs | |
Ländern gesprochen. Auch suchten immer mehr Firmen Mitarbeiter mit | |
Türkisch-Kompetenz. | |
Yörenc sieht in der Entscheidung eine Abwertung des Türkischen, welche sich | |
gerade zu einer „Bildungssprache“ entwickele. In Hamburg bieten etwa 30 | |
Schulen Türkisch an, sechs als zweite Fremdsprache ab der 7. Klasse. Auch | |
in Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein zieht Türkisch in den | |
Schulalltag ein. Die einzige andere Uni, die Türkisch-Lehrer ausbildet, | |
liegt in Duisburg/Essen. | |
Es gebe sehr wohl in Hamburg mehr Interessenten für das Fach, sagt Yörenc. | |
Doch weil die Stadt als Studienort so beliebt ist, lag der Numerus clausus | |
für Erziehungswissenschaft zuletzt bei Note 1,5. Zudem müssen die | |
Türkisch-Anwärter einen Sprachtest bestehen. „Von 20 Bewerbern, die den | |
Test bestehen, bekommen nur zehn oder elf einen Platz“, kritisiert auch | |
Köse. Dabei seien Abiturienten mit Notenschnitt 2 bis 2,5 sehr wohl | |
geeignet. Hier müssten Ausnahmen bei der Zulassung her, fordert Yörenc. „So | |
wie es für Musik und bildende Kunst möglich ist.“ Auch mit einem Projekt | |
oder einer Stiftungsprofessur könnte der Studiengang gerettet werden. | |
Die türkische Gemeinde ruft für Freitag zu einer Protestkundgebung auf. | |
Denn auf die Briefe, etwa an den Uni-Präsidenten, zu einer gemeinsamen | |
Lösung zu kommen, wurde nicht reagiert. Gefragt, ob man denn mit Töder | |
gesprochen habe, verneint die Universität. Das Gesetz sehe „eine | |
Beteiligung externer Interessenvertreter auch nicht vor“. Aber sehr wohl | |
sei das Thema im „Rat des Zentrums für Lehrerbildung“ besprochen worden. | |
Die dort anwesenden Vertreter der Schulbehörde hätten „keine Einwände | |
erhoben“. | |
Der Frage, ob die Schließung mit der Schulbehörde abgesprochen ist, weicht | |
diese aus. Ihr Sprecher verweist auf die Wissenschaftsbehörde, die auf die | |
Autonomie der Uni verweist. Immerhin verspricht die Schulbehörde, dass das | |
Fach Türkisch an Hamburgs Schulen „unverändert weitergeführt“ werde. Man | |
decke ja den Bedarf an Lehrkräften „bundesweit ab“. | |
22 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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