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# taz.de -- Sicherheit vor Boko Haram in Nigeria: „Bleib nicht vor dem Tor st…
> Straßensperren oder zusätzliche Schulwächter – es gibt viele neue
> Maßnahmen, um sich vor Boko Haram zu schützen. Aber sie stoßen auf
> Skepsis.
Bild: In diesem Jahr soll jeder fünfte Naira des Staatshaushalts Nigeras in da…
ABUJA/KADUNA taz | Es ist später Abend in Abuja. Die Straßen im Zentrum der
nigerianischen Hauptstadt sind leer. Dennoch gibt es ab und an eine
Straßensperre. Im Schritttempo geht es an den Polizisten vorbei, die für
ein paar Sekunden mit der Taschenlampe ins Auto leuchten. Nur ganz selten
wird ein Fahrzeug angehalten und tatsächlich kontrolliert.
Der Taxifahrer grinst: „Wir gehen davon aus, dass nur Autos angehalten
werden, die im Norden zugelassen sind, zum Beispiel in Borno. Wer ein
Kennzeichen aus Abuja oder Lagos hat, wird nie gestoppt.“ Das, da ist er
sich sicher, sollte sich auch längst bei mutmaßlichen Terroristen
herumgesprochen haben.
Angesichts der Gewalt durch die islamistische Gruppe Boko Haram haben in
Nigerias Hauptstadt vor allem Hotels und Botschaften aufgerüstet.
Wachpersonal lässt sich die Kofferräume zeigen und sucht per Spiegel die
Unterseiten der Autos ab. Kommt es zu neuen Anschlägen, dann entstehen
schnell ein paar neue Straßensperren. Doch diese suggerieren nicht einmal
Sicherheit, sondern gelten selbst als mögliches Ziel für erneute Angriffe.
Dabei scheint Sicherheit zumindest auf dem Papier Priorität für den
nigerianischen Staat zu haben. In diesem Jahr soll jeder fünfte Naira des
Staatshaushalts in das Verteidigungsministerium fließen. Aber an ein
schnelles Ende des Terrors glaubt in Nigeria niemand.
Das liegt auch an der Entführung der knapp 300 Schülerinnen Mitte April in
Chibok im Bundesstaat Borno. Seit mehr als neun Wochen befinden sie sich
mittlerweile in den Händen von Boko Haram. Gerade unter Schülern ist die
Angst seitdem groß.
In der nördlichen Millionenstadt Kaduna spürt Schwester Martina das jeden
Tag. Die katholische Nonne ist Leiterin einer angesehenen Privatschule, die
– selbstverständlich, so sagt sie – von Christen und Muslimen besucht wird.
Erst gerade wieder hörte sie das Gespräch von zwei Schülerinnen mit: „Die
eine sagte zur anderen: Bleib nicht vor dem Tor stehen, das könnte
gefährlich sein.“ Einmischen wollte sie sich nicht. Innerlich, so sagt die
Ordensschwester, habe sie der Schülerin recht gegeben.
## „Ganz ehrlich: Was können sie ausrichten?“
Martina weiß nicht, ob sie im Ernstfall für die Sicherheit der Jungen und
Mädchen garantieren kann. „Eigentlich müssten wir die Mauer höher bauen“,
überlegt sie. Dabei stehen vor dem Eingang schon zwei Polizisten. Auch wenn
es Staatsdiener sind, muss die Schule sie aus eigener Tasche zahlen.
Dennoch sind die Polizisten besser als gar nichts, findet Schwester
Martina. „Vielleicht schrecken sie ab“, hofft sie. „Aber ganz ehrlich: Was
können sie ausrichten, wenn ein ganzer Pick-up mit Terroristen kommt?
Nichts.“
Helfen könnte nun ein neues Programm, das „Safe School“ heißt. Angeregt
hatte es der frühere britische Premierminister Gordon Brown während des
Afrika-Weltwirtschaftsforums in Abuja im Mai. Die Initiative „Sichere
Schule“ gibt Bildungseinrichtungen Finanzhilfen für Sicherheitsmaßnahmen,
damit Mädchen und Jungen unbesorgt zum Unterricht gehen können. Die
Startfinanzierung durch internationale Organisationen und Unternehmen lag
bei 10 Millionen US-Dollar, inzwischen hat Nigerias Regierung weitere 10
Millionen zugesagt. Davon profitieren sollen in der Anfangsphase 500
Schulen im Norden.
Die staatliche Oberschule in Sabon Tasha, einem der südlichen Stadtteile
Kadunas, könnte ein solches Programm dringend brauchen. Das Gelände ist
nicht einmal von Mauern umgeben. Die Schulleiterin, die ihren Namen nicht
nennen möchte, ist besorgt: „Schaut euch nur den Schulhof an. Von allen
Seiten könnten sie kommen.“ Ob sie mit Finanzhilfen einen privaten
Wachdienst organisieren könnte? Sie verzieht spöttisch den Mund. „Ich habe
nicht einmal Geld für neue Bücher.“
25 Jun 2014
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Afrika
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