# taz.de -- Zoff um die Gasnetz-Vergabe: Senator gegen Senator | |
> Das gab’s noch nie: Im Streit um die Gasnetz-Vergabe fordert | |
> Justizsenator Heilmann eine Unterlassungserklärung von Finanzsenator | |
> Nußbaum. Und der macht - gar nichts. | |
Bild: Zwei, die sich gerade gar nicht grün sind: Finanzsenator Ulrich Nußbaum… | |
Der Streit um das Berliner Gasnetz hat sich zum Zweikampf zwischen | |
Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) und Finanzsenator Ulrich Nußbaum | |
(parteilos, von der SPD benannt) entwickelt. In einer im Senat noch nicht | |
erlebten Weise hat Heilmann Nußbaum per Anwalt gedrängt, einen Vorwurf | |
zurückzuziehen und eine sogenannte Unterlassungserklärung zu | |
unterschreiben. Der Finanzsenator hatte zuvor den Verdacht nahegelegt, der | |
Justizkollege könnte im Gasnetz-Streit befangen sein. Bis Mittwoch, 10 Uhr | |
vormittags sollte Nußbaum widerrufen – und tat es nicht. | |
Im Kern der Auseinandersetzung steht die Vergabe der Konzession zum Betrieb | |
des Gasnetzes für mindestens die nächsten 10 Jahre. Nußbaum hatte vor drei | |
Wochen bekannt gegeben, dass sich dabei die landeseigene Berlin Energie | |
gegen den bisherigen Betreiber, die Gasag, durchsetzte. Daraufhin | |
kritisierte die CDU das Verfahren als zu wenig transparent und gab zu | |
verstehen, die Gasag könnte benachteiligt worden sein. Am deutlichsten | |
äußerte sich dabei Heilmann: Er bezeichnete das Verfahren als | |
„rechtswidrig“. Die Gasag will unabhängig von dem koalitionsinternen Streit | |
gegen die Vergabeentscheidung klagen. | |
In der Senatssitzung am Dienstag soll Nußbaum dann darauf hingewiesen | |
haben, dass Heilmann möglicherweise befangen sei. Dieser war – wie der | |
Finanzsenator – vor seinem Leben in der Politik ein erfolgreicher | |
Unternehmer und ist nach eigenen Angaben weiter an über einem Dutzend | |
Firmen beteiligt. Dazu zählt die Ampere AG, die mit Strom und Gas handelt. | |
Laut Heilmann, der bis 2012 dort auch Aufsichtsratschef war, steht sie in | |
keiner Verbindung zur Gasag: Von Gasnetzen sei die Ampere AG „weit weg“. | |
Ein Kontakt zum Gasag-Mitgesellschafter Eon soll sich auf ein | |
Klageverfahren aus dem Jahr 2003 beschränken. | |
Noch während Nußbaum am Dienstagmittag in der üblichen Pressekonferenz nach | |
der Senatssitzung saß, traf nach Angaben seiner Sprecherin Kathrin | |
Bierwirth die Aufforderung zur Unterlassungserklärung in der | |
Finanzverwaltung ein. Selbst Heilmanns CDU-Kollege Manuel Heide – seit 1985 | |
Mitglied des Abgeordnetenhauses und damit zweit-dienstältester | |
Parlamentarier – kann sich an einen solchen Rechtsstreit zwischen Senatoren | |
nicht erinnern. Auch die Senatskanzlei sprach von einem bisher einmaligen | |
Vorgang. | |
## Alles ganz natürlich | |
Die in der Forderung gesetzte Frist hat Nußbaum verstreichen lassen. „Nach | |
Absprache mit dem Regierenden Bürgermeister haben wir darauf nicht | |
geantwortet“, sagte seine Sprecherin. Heilmann und seine Verwaltung lehnten | |
gegenüber der taz eine Stellungnahme ab. Regierungschef Klaus Wowereit | |
(SPD) soll die Aufforderung auf dem Pressefest der SPD-Fraktion am | |
Dienstagabend als „irrelevant“ bezeichnet haben. | |
Der Nußbaum-Seite zufolge ist es nur natürlich, wenn ein Finanzsenator nach | |
eventuellen Verstrickungen fragt. Bei Heilmann hingegen sieht man überhaupt | |
keinen Zusammenhang. Vielmehr sei es seine Aufgabe als Justizsenator, ein | |
so großes Vergabeverfahren kritisch zu begleiten. Immerhin gehe es um viel | |
Geld: rund 1 Milliarde Euro, die Berlin Energie der Gasag als Ablösesumme | |
zahlen müsste. | |
Falls Heilmann auf eindeutige Rückendeckung durch seine Partei gesetzt | |
hatte, so blieb diese aus. Der CDU ist kurz vor ihrem Landesparteitag am | |
Freitag merklich an Befriedung gelegen. Zwar erwartet ihr Generalsekretär | |
Kai Wegner, dass Nußbaum die Anschuldigungen nicht wiederholen wird. Er | |
sieht aber nicht allein Nußbaum in der Pflicht: „Beide sind aufgerufen, die | |
Situation zu entschärfen und aufeinander zuzugehen“, so Wegner. „Eigene | |
Befindlichkeiten sind menschlich verständlich, müssen aber im Sinne der | |
Stadt zurückgestellt werden.“ | |
25 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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