| # taz.de -- Südkorea - Belgien (Gruppe H): Zehn Belgier und ein Abstauber | |
| > Eine Halbzeit spielen die Belgier in Unterzahl. Gegen harmlose | |
| > Südkoreaner reicht es dennoch zum souveränen Achtelfinaleinzug. | |
| Bild: Belgische Jubel-Traube. | |
| Die Startbedingungen: Belgien geht mit 6 Punkten in die letzte | |
| Vorrundenbegegnung. Dass die Mannschaft bei ihren Siegen gegen Algerien und | |
| Russland nicht wirklich überzeugte, könnte eher für sie sprechen: Alles | |
| gewonnen, aber noch reichlich Luft nach oben. Spielentscheidend könnte | |
| heute wieder sein, wer zunächst auf der Bank sitzt – bisher wurden | |
| sämtliche belgischen Tore von Einwechselspielern erzielt. Und auf der Bank | |
| sitzt fast die gesamte erste Mannschaft. | |
| Südkorea könnte sich zwar theoretisch auch noch für das Achtelfinale | |
| qualifizieren, aber dazu müssten bei beiden Parallelspielen wundersame | |
| Dinge geschehen. Im Kontinente-Ranking dieses Turniers liegt Asien | |
| abgeschlagen auf dem letzten Platz. Ein Unentschieden brächte Südkorea | |
| seinen zweiten Punkt – das wäre Asienrekord bei dieser WM. | |
| Das Spiel: Nach 30 Sekunden taucht Belgien zum ersten Mal im koreanischen | |
| Strafraum auf und gibt damit die Richtung vor: Der Tabellenführer ist, | |
| meist erfolgreich, um Kontrolle bemüht und sucht das schnelle Umschaltspiel | |
| – zunächst aber meistens etwas zu ungenau. Man merkt, dass die Besetzung | |
| nicht eingespielt ist: viele Pässe ins Leere, weil die Laufwege nicht | |
| stimmen. Ganz große Chancen kommen dabei zunächst nicht heraus. Am | |
| Elegantesten noch Mirallas, der sich in der 24. Minute durch den Strafraum | |
| riberyt, mit einiger Mühe auch noch an seinem Mitspieler Fellaini | |
| vorbeikommt, dann aber keinen gefährlichen Abschluss mehr hinbekommt. | |
| Die Südkoreaner sind erkennbar bemüht, ihre letzte Chance zu wahren oder | |
| sich wenigstens ordentlich zu verabschieden. Sie versuchen es vor allem mit | |
| Kontern, und um die 30. Minute herum kommen sie denn auch zu mehreren | |
| nennenswerten Chancen. Nach einem belgischen Ballverlust in der eigenen | |
| Hälfte zieht Sung-Yueng Ki aus ca. 25 Metern ab, Courtois klärt zur Ecke, | |
| Davon folgen noch weitere, die jeweils für Unruhe im belgischen Strafraum | |
| sorgen – dann aber ist erst mal wieder Schluss mit lustig für die Koreaner. | |
| Im letzten Drittel der ersten Halbzeit erhöht Belgien den Druck, die | |
| Koreaner sehen sich mehrfach zu Fouls in der Nähe des eigenen Strafraums | |
| gezwungen. Daraus ergeben sich mehrere Freistoßgelegenheiten für Belgien, | |
| deren beste Südkoreas Keeper in der 36. Minute über die Latte wischelt. | |
| In der 43. Minute trifft Steven Defour, und zwar eingesprungen das | |
| Schienbein des liegenden Shin-Wok Kim. Der australische Schiedsrichter | |
| Benjamin Williams, bis dahin mit großväterlicher Geduld über allerhand | |
| Rüpeleien hinwegsehend, zückt spontan und zu Recht Rot. | |
| Nach der Pause versuchen die Koreaner, ihre Überzahl auszunutzen. Das | |
| reicht, um einige Male mit Ball in den belgischen Strafraum einzudringen, | |
| aber gefährlich wird es dabei selten. In der 59. Minute schlägt Son den | |
| Ball von der Seitenlinie auf die Latte, die meisten Versuche werden von den | |
| Belgiern noch vor dem Strafraum abgefangen. Den Belgiern bietet sich nun, | |
| anders als vor der Pause, mehrfach Gelegenheit zu Kontern. In der 77. | |
| Minute verwandelt Vertonghen aus dezenter Abseitsposition nach Abpraller | |
| von Koreas Keeper Kim. Danach versucht Südkorea zwar noch mal seriös, | |
| wenigstens noch auszugleichen, aber daraus wird nichts mehr. | |
| Der entscheidende Moment: Da spricht bei einem 1:0 natürlich viel für das | |
| Tor. Das wäre allerdings ohne den Platzverweis für Defour womöglich nicht | |
| gefallen, denn der war es, der Südkorea zu verstärkter Offensive verführte, | |
| und das rächt sich, das rächt sich… | |
| Spieler des Spiels: Daniel van Buyten: Der Dauerkarteninhaber des FC Bayern | |
| München wirkt – wen wundert’s – ausgeruht und fit, abgeklärt und souver… | |
| So jemanden braucht eine junge Mannschaft wie die belgische. | |
| Die Pfeife des Spiels: Ach ja, es ist ja ein bisschen billig, aber Bela | |
| Rethy ist schon wieder in Hochform: Als sich Young-Gwon Kim im eigenen | |
| Strafraum dem durchgelaufenen Vanden Borre für die Füße schmeißt und diesen | |
| damit zu Fall bringt, konstatiert Rethy einen „fairen Zweikampf“, er stellt | |
| statt Defour zunächst Fellaini vom Platz, und kurz vor Ende der ersten | |
| Halbzeit begründet er einen Freistoß für Belgien mit dem Handspiel eines | |
| Belgiers. Und auch bei acht Wiederholungen aus fünf Kameraperspektiven | |
| übersieht er immer noch, wer zuletzt am Ball war. Warum nur musste er heute | |
| das Spätspiel bei ZDFinfo kommentieren? | |
| Die Schlussfolgerung: Südkorea hat mit großem Einsatz und starker Moral | |
| bewiesen, dass der Abstand zu den Besten größer geworden ist. Und Belgiens | |
| Trainer Marc „Das Kampfschwein“ Wilmots kann sich aussuchen, mit welchen | |
| seiner 23 Spieler er die USA nach Hause schicken will. Außer mit Steven | |
| Defour. | |
| Und sonst? Schon nicht schlecht, die Belgier. Und als flämische, | |
| wallonische oder brüsseliensische Nationalmannschaft wären sie nicht so | |
| weit. Denkt noch mal drüber nach, Belgier! | |
| 27 Jun 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernd Cornely | |
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