# taz.de -- Chile vor dem Achtelfinale gegen Brasilien: Mit Plan C gegen Neymar | |
> Angst vor dem favorisierten Heim-Team müssen die Chilenen nicht haben. | |
> Denn die Spielweise der Brasilianer könnte ihnen entgegenkommen. | |
Bild: Es gibt angenehmere Gegner als Chiles Mauricio Isla – hier im Duell geg… | |
„Der größte Sieg ist immer der nächste.“ Nur wenige Minuten nach dem | |
[1][historischen Triumph über Weltmeister Spanien] hat Chiles Trainer Jorge | |
Sampaoli diesen Satz formuliert. Und diese Ruhelosigkeit und | |
Erfolgsbesessenheit, die in diesen Worten lag, wirkte wie eine nahtlose | |
Fortsetzung dessen, was man zuvor auf dem Rasen gesehen hatte. Mit dem | |
nächsten größten Sieg wurde es aber nichts [2][gegen die Niederlande]. Und | |
im Nachhinein gesehen war das vermutlich das Beste, was den Chilenen | |
passieren konnte. Denn nun treffen sie im Achtelfinale nicht auf Mexiko, | |
sondern auf den Gastgeber und Favoriten Brasilien. | |
Das mag unlogisch erscheinen, ist es aber nicht. Bitter hatte sich nämlich | |
Sampaoli beklagt, dass die Niederländer sich vornehmlich auf die | |
Defensivarbeit beschränkten und den Chilenen den Ball überließen. Die | |
Südamerikaner mussten die Spanier spielen. Aber der Ballbesitzfußball | |
behagt ihnen überhaupt nicht. Um ihre Gefährlichkeit entwickeln zu können, | |
muss der Gegner am Zug sein. | |
Im Moment der Balleroberung nutzten sie etwa gegen Spanien deren | |
zwangsläufig entstandene kurzzeitige Unordnung schnell und effizient aus. | |
Anders als das mexikanische Team wird es sich nun die Seleção angesichts | |
der Erwartungshaltung der eigenen Fans nicht leisten können, so abwartend | |
und dicht gestaffelt zu agieren wie die Niederlande. | |
Schon deren Trainer Louis van Gaal musste sich kritische Fragen gefallen | |
lassen. Und er erwiderte, seine Offensivleute könnten doch nicht Isla und | |
Mena über 90 Minuten hinterherrennen. So schirmte er die Vorstöße der | |
chilenischen Flügelspieler mit einer Fünferkette ab. | |
## Anfällig auf den Außen | |
Felipe Scolari dagegen dürfte aber kaum von seiner bisherigen taktischen | |
Formation abrücken. Das könnte den Chilenen durchaus entgegenkommen. Gerade | |
auf ihren beiden Außenseiten ist die Seleção anfällig, weil die beiden | |
Verteidiger Marcelo und Dani Alves oft weit nach vorne mit aufrücken und in | |
ihrem Rücken große Freiräume hinterlassen. Insbesondere Alves erweist sich | |
bei diesem Turnier in der Defensivarbeit als wenig verlässlich. | |
Bislang konnte die brasilianische Mannschaft dies vor allem dank der | |
Geniestreiche von Neymar kompensieren. Bedenkt man, wie schlecht die | |
chilenische Abwehr zuweilen Standardsituationen verteidigt, so könnte dem | |
Meister des ruhenden Balles auch diesmal wieder eine tragende Rolle | |
zukommen – ob vorbereitend oder vollstreckend. | |
Beim südamerikanischen Duell in Belo Horizonte stehen sich nun das | |
erfolgversprechendere Konzept dieser WM – Chiles Plan C – und die | |
erfolgversprechenderen Individualisten gegenüber. „Was ist denn Ihre | |
Definition von Angriffsfußball?“, hatte van Gaal zuletzt einen Journalisten | |
angepflaumt, der Hollands Stil kritisierte. „Ich wähle das System, mit dem | |
ich gewinnen kann.“ Seine Ideen ähneln denen des chilenischen Kollegen. | |
Brasiliens Erfolge dagegen sind mehr Neymar als einem übergeordneten Plan | |
zuzuschreiben. Eine Abhängigkeit, die von den Brasilien-Fans kritisch | |
beäugt wird. | |
Kommen nun Impulse von außen? Fernandinho, so wird spekuliert, könnte den | |
bisher enttäuschenden Paulinho im defensiven Mittelfeld ersetzen, so wie er | |
es im Spiel gegen Kamerun nach der Halbzeitpause recht überzeugend getan | |
hat. | |
Chile zehrt noch von seinem Spanien-Erlebnis. „Wir haben ein hohes Maß an | |
Reife erreicht“, stellte jüngst Coach Sampaoli mit Stolz fest. Er ist ein | |
großer Bewunderer seines Vorgängers Marcelo Bielsa, dessen Erbe er | |
stilgetreu fortgeführt hat. Unter Bielsa hat Chile vor vier Jahren in | |
Südafrika auch an einem 28. Juni im WM-Achtelfinale gegen Brasilien | |
gespielt. Eine außergewöhnliche Parallele, die natürlich zu Vergleichen | |
einlädt. Damals konnte das Team in der Anfangsphase mit seiner Giftigkeit | |
beeindrucken und verlor dann doch deutlich 0:3. Können sie dieses Mal | |
(länger) mithalten? | |
(Brasilien - Chile, 18 Uhr, ARD) | |
28 Jun 2014 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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