# taz.de -- Kein Ende des Konflikts in Nahost: Hamas verzögert Waffenruhe | |
> Ein Waffenstillstand war nicht das Ziel der Hamas. Vom ägyptischen | |
> Vermittlungsvorschlag hatte sie sich mehr versprochen. | |
Bild: Opfer des Konflikts: palästinensischer Junge in Gaza | |
JERUSALEM taz | Für ein paar Stunden sah es am Dienstag so aus, als sei ein | |
Ende des Kriegsgeschehens greifbar nah: Israels Regierungschef Benjamin | |
Netanjahu hatte am Morgen das Sicherheitskabinett einberufen und seine | |
Minister den ägyptischen Kompromissvorschlägen und einer Waffenruhe | |
zugestimmt. Der eigens angereiste Bundesaußenminister Frank-Walter | |
Steinmeier warnte jedoch vor überhöhten Erwartungen: „Wir brauchen nicht | |
nur Israel, sondern auch die Hamas“, sagte er unmittelbar im Anschluss an | |
seine Beratungen mit Netanjahu, vor Journalisten in Tel Aviv. | |
Doch die Antwort der Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, ließ auf | |
sich warten. Gleichzeitig regneten Dutzende Raketen der Islamisten über | |
weite Regionen Israels ab. Am frühen Nachmittag verlor Netanjahu die | |
Geduld. Er gab der Luftwaffe grünes Licht für „harte Angriffe gegen | |
Terrorziele“ im Gazastreifen. | |
Aus dem Gazastreifen drangen widersprüchliche Nachrichten. Einmal hieß es, | |
man lehne die Feuerpause ab, dann wieder dauerten die Beratungen angeblich | |
noch an. Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri ließ wissen, dass die Bewegung nicht | |
direkt aus Ägypten über den Waffenstillstandsvorschlag informiert worden | |
sei, sondern „erst aus den Medien davon erfahren“ hätte. | |
Dementgegen soll der Funktionär des Islamischen Dschihad, Chaled | |
al-Batasch, die Vorschläge laut der liberalen israelischen Haaretz schon am | |
Vorabend erhalten haben. Die beiden islamistischen Bewegungen arbeiten | |
zusammen. | |
## Kairoer Rahmenplan | |
Die Hamas hatte sich vom ägyptischen Vermittlungsvorschlag mehr erhofft: | |
etwa die Entlassung der in den vergangenen Wochen verhafteten Islamisten im | |
Westjordanland, die Zahlung der seit Monaten ausstehenden Gehälter für den | |
öffentlichen Dienst und die Öffnung der Grenzen. | |
Der Kairoer Vorschlag ist jedoch kaum mehr als ein Rahmenplan mit mehreren | |
Phasen: zuerst eine Waffenruhe, dann über alles weitere verhandeln. Die | |
Grenzen sollen demnach erst geöffnet werden, „wenn die Sicherheitssituation | |
stabil ist“. Von einer Amnestie für die Hamas-Häftlinge ist nicht die Rede. | |
„Wir kämpfen dafür, die Unterdrückung unseres Volkes zu beenden“, | |
kommentierte Hamas-Sprecher Abu Suhri gegenüber Maan. „Ein Waffenstillstand | |
war nicht unser Ziel.“ | |
Minister Steinmeier sprach von „entscheidenden Stunden“. Die Bundesrepublik | |
übernehme keine Vermittlerrolle, „aber uns liegt die Sicherheit Israels und | |
der israelischen Bevölkerung am Herzen“. Das Leiden auf beiden Seiten müsse | |
ein Ende haben. Steinmeier mahnte die Hamas, auch im Interesse der Menschen | |
im Gazastreifen die Waffenruhe einzuhalten und zeigte Verständnis, dass | |
„die Lebensbedingungen in Gaza verbesser werden müssen“. Dennoch dürfe der | |
palästinensische Küstenstreifen „nicht auf Dauer ein Waffenlager für die | |
Hamas bleiben“, und auch die Menschen, die dort leben, „dürfen nicht | |
dauerhaft in Geiselhaft genommen werden durch Waffenlager inmitten der | |
Zivilbevölkerung“. | |
Neben der ägyptischen Regierung, die – trotz der jüngst sehr belasteten | |
Beziehungen zur Hamas – die zentrale Rolle bei den Vermittlungen spielt, | |
schaltete sich auch Katar ein, Sitz des Hamas-Politbürochefs Chaled | |
Meschal. Ägypten zur Seite steht US-Außenminister John Kerry, der gestern | |
in Kairo eintraf. Bereits in der Nacht berieten die Außenminister der | |
Arabischen Liga in einer Dringlichkeitssitzung über mögliche Lösungen. | |
Nach Berichten des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira ziehen die | |
politische Führung der Hamas und ihr bewaffneter Arm, die | |
Issedin-al-Kassam-Brigaden, nicht am selben Strang. Die | |
Waffenstillstandsvorschläge, wie sie in den Medien publiziert wurden, „sind | |
die Tinte nicht wert, mit der sie geschrieben wurden“, hieß es in einer | |
Erklärung der Kampfbrigaden, die ankündigten, „die Schlacht mit dem Feind | |
fortzusetzen und grausam zu verschärfen“. | |
15 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
## TAGS | |
Israel | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Waffenstillstand | |
Hamas | |
Gaza | |
Israel | |
Benjamin Netanjahu | |
Israel | |
Hamas | |
Israel | |
Mahmud Abbas | |
Israel | |
Gaza | |
Israel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Streit bei israelischer Zeitung „Haaretz“: Herr Levy soll weg | |
Die älteste Zeitung Israels verliert Abonnenten. Der Zorn richtet sich vor | |
allem gegen einen Journalisten – und seine Kommentare zum Gazakrieg. | |
Kommentar Bodenoffensive in Gaza: Breitbeinige Hoffnungslosigkeit | |
Irael befindet sich in einer Hassspirale und die Hamas ist zynisch wie | |
immer: Warum Verzweiflung trotzdem die falsche Antwort ist. | |
Waffenruhe in Nahost: Fünf Stunden für die Humanität | |
Für eine Versorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen wollen Israel und | |
die Hamas die Waffen ruhen lassen. Bis dahin schießen sie weiter. Die | |
Anzahl der Toten steigt. | |
Kommentar Nahost-Konflikt: Keine Lösung ohne die Fatah | |
Die Hamas kann es sich nicht länger erlauben, Kompromisse auszuschlagen. | |
Mahmud Abbas und seinen Sicherheitsleuten dürfte das nützen. | |
Nach gescheiterter Waffenruhe: Israel bombardiert Hamas-Führer | |
Die israelische Armee hat ihre Angriffe im Gazastreifen verschärft. Die | |
Zahl der Toten steigt auf über 200. Erstmals ist auch ein Israeli ums Leben | |
gekommen. | |
Kommentar Kein Waffenstillstand: Nahost-Krieg ohne Sieger | |
Die Hamas verweigert einen Waffenstillstand und fühlt sich als Gewinner im | |
Nahost-Konflikt. Zu Unrecht. Und der größte Heuchler sitzt in Ramallah. | |
Eskalation des Nahostkonflikts: Hamas will weiterkämpfen | |
Frieden in Nahost ist nicht in Sicht: Zwar hat das israelische Kabinett den | |
ägyptischen Plan für eine Waffenruhe akzeptiert. Die Hamas aber lehnt ihn | |
ab. | |
Beschuss des Gaza-Streifens: Die Medikamente werden knapp | |
In Gaza gehen die Vorräte an Betäubungsmitteln und Antibiotika zur Neige. | |
Ausreisen dürfen nur Palästinenser mit doppelter Staatsbürgerschaft. | |
Eskalation im Nahen Osten: Israel beschießt auch den Libanon | |
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die Konfliktparteien in Nahost zu einem | |
Ende der Kämpfe aufgerufen. Auch Libanon und Israel haben sich in der Nacht | |
beschossen. |