# taz.de -- Installation an der Nationalgalerie: Vom Winde verweht | |
> Rund 1.000 Menschen sehnen das letzte Werk Otto Pienes herbei: Doch die | |
> luftig-leichten Sternskulpturen bleiben wegen des Windes meist am Boden. | |
Bild: Endlich sind sie oben: die Sterne bei Pienes letzter Installation. | |
Als die mit Helium gefüllten Skulpturen einige Meter in den Nachthimmel | |
steigen, jubeln die Besucher vor der Neuen Nationalgalerie. Die drei großen | |
weißen Sterne hängen an dicken weißen Luftschläuchen, eigentlich sollten | |
sie am Ende 90 Meter in den Himmel ragen und leuchten. Doch der Wind | |
verhindert das bis zuletzt. Der Jubel der Zuschauer kurz vor Mitternacht | |
ist dann, nach langem Warten, auch die Erleichterung darüber, dass von der | |
Installation überhaupt etwas zu sehen ist. | |
Rund um die Galerie haben sich am Samstagabend rund 1.000 Menschen | |
versammelt, um dieses letzte Lichtspektakel des Künstlers Otto Piene zu | |
beobachten. Bei der Vorbereitung der Skulptur hatte der 86-Jährige am | |
Donnerstag noch selbst Hand angelegt. Wenige Stunden später starb er bei | |
einer Taxifahrt. Sein Herz machte nicht mehr mit. | |
„Es schließt sich ein Kreis“, hat Piene vergangene Woche über die | |
retrospektive „More Sky“-Ausstellung gesagt, die am Donnerstag eröffnete. | |
Er sei glücklich über die Hommage an ihn, die noch bis Ende August in der | |
Neuen Nationalgalerie und der Deutsche Bank Kunsthalle gezeigt wird. In | |
Absprache mit der Familie beschloss die Galerie, das „Sky Art Event“ trotz | |
des unerwarteten Todes des Kunstpioniers wie geplant stattfinden zu lassen. | |
Am Samstag fing man auf dem Dach der Neuen Nationalgalerie bereits um 17 | |
Uhr mit dem Aufbau der Skulptur an, gegen 20 Uhr war die Galerie von | |
Menschen umgeben. Viele brachten Stühle und Decken mit, es mangelte an | |
Sitzgelegenheiten. Man hatte sich schick angezogen, saß nun auf Mauern, | |
Treppen oder dem Bürgersteig, den Blick immer auf das Dach gerichtet. In | |
der Luft lag eine andächtige Stimmung: Man war auch gekommen, um Piene die | |
letzte Ehre zu erweisen. | |
Ursprünglich sollten die drei Sterne um 22 Uhr in den Himmel steigen, die | |
Windverhältnisse aber machten das unmöglich. Immer wieder stiegen und | |
sanken die Skulpturen. Die Veranstalter versuchten bis 3 Uhr morgens, die | |
Installation zu vollenden – vergeblich. Die Besucher harrten trotzdem aus. | |
Denn was man sehen konnte, war beeindruckend schön. | |
So tragisch der Tod des Künstlers war, so romantisch sind die Umstände. | |
Denn Piene war mitten in seinem künstlerischen Schaffen und hatte zuletzt | |
mehrmals betont, wie zufrieden er sei. Für ihn hatte es eine besondere | |
Bedeutung, auf dem Dach der Neuen Nationalgalerie ausstellen zu dürfen: | |
Seine Kunst war vom Krieg geprägt, das Licht war seine Erlösung in der | |
Nachkriegszeit. Er arbeitete mit Feuer, Rauch und Lichtstrahlen, war | |
fasziniert von der Energie der Sonne und dem sich stetig verändernden | |
Himmel, der seine Leinwand bildete. Es hätte keinen schöneren Abschied | |
gegeben, als seine Sternenskulpturen noch einmal am Berliner Himmel | |
leuchten zu sehen. | |
20 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Saskia Hödl | |
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