# taz.de -- Räumung in Duisburg: Die letzten Roma müssen raus | |
> Duisburg lässt das bundesweit bekannte „Problemhaus“ räumen. Um neue | |
> Wohnungen für Familien mit Kindern kümmert sich die Stadt nicht. | |
Bild: Traurig berühmt: „In den Peschen 3–5“. | |
DUISBURG taz | Türen fehlen in leer stehenden Wohnungen. Elektroanlagen | |
hängen in der Luft. Den Strom hat der Vermieter längst abstellen lassen. Er | |
mag nicht für die Sanierung des Gebäudes aufkommen, obwohl er lange viel | |
Geld damit verdient hat. Die 47 Wohneinheiten in dem Gebäude „In den | |
Peschen 3–5“ in Duisburg-Rheinhausen sind in einem unfassbar schlechten | |
Zustand. | |
Als „Problemhaus“ hat der Komplex bundesweit traurige Berühmtheit erlangt. | |
Der Eigentümer hatte hier zwischenzeitlich Wohnraum an 1.400 Menschen aus | |
Südosteuropa vermietet, überwiegend an Roma. In diesen Tagen ziehen die | |
letzten der rund 150 Gebliebenen aus, unter ihnen viele Kinder. Das Haus | |
muss geräumt werden. Die Stadt hat den Bewohnern mitgeteilt, dass sie bis | |
Ende Juli das Gebäude verlassen müssen. | |
Möglich ist die Räumung wegen eines neues Gesetzes, das der Landtag im | |
April verabschiedet hat. Nun können Kommunen in Nordrhein-Westfalen aus | |
eigenem Antrieb gegen Vermieter vorgehen, die Wohnungen überbelegen oder | |
verwahrlosen lassen. Früher war das nur auf Verlangen des Mieters möglich. | |
Auch in anderen Kommunen wie Gelsenkirchen und Dortmund haben die | |
Stadtverwaltungen von der neuen Möglichkeit Gebrauch gemacht, heißt es aus | |
dem Infrastrukturministerium. | |
Nach Angaben von Stadtsprecherin Anja Kopka gibt es allein in Duisburg 50 | |
sogenannte Problemhäuser. „Dort ist teilweise die Lage noch schlimmer als | |
In den Peschen“, sagt Pfarrer Heiner Augustin von der Evangelischen | |
Friedenskirchengemeinde in Duisburg-Rheinhausen. „Aber da schaut keiner | |
hin.“ Er hält die Räumungsanordnung für das Haus für richtig. „Es ist | |
vollkommen in Ordnung, dass die Stadt die Wohnungen für unbewohnbar | |
erklärt“, sagt er. | |
## Die Stadt fühlt sich nicht verantwortlich | |
Augustin hat verfolgt, wie das Haus vor zwei Jahren in die Schlagzeilen | |
geriet, weil es völlig überbelegt war – mit den entsprechenden Folgen, die | |
sich einstellen, wenn zu viele Menschen auf zu wenig Raum leben. „Es gibt | |
Vermieter, die verdienen sich mit der Wohnungsnot der Menschen aus | |
Südosteuropa eine goldene Nase“, sagt Augustin. Nach den ersten Berichten | |
über zu viel Lärm und Unrat war die öffentliche Empörung groß. Aber die | |
Kritik zielte meist nicht auf den Vermieter, sondern auf die dort lebenden | |
Roma. | |
Momentan leben in den Häusern Familien mit Kindern, 18 Einheiten sind noch | |
bewohnt. Der Eigentümer hat von der Stadt eine Liste mit Mängeln bekommen, | |
die er beseitigen soll. Dazu sieht er sich wirtschaftlich nicht in der | |
Lage, sagt Stadtsprecherin Kopka. | |
Die Stadt fühlt sich nicht dafür verantwortlich, den Bewohnern zu einer | |
neuen Bleibe zu verhelfen. In Duisburg gebe es genug freie Wohnungen, so | |
Sozialamtsleiterin Andrea Bestgen-Schneebeck – aber nicht für die Bewohner | |
aus den Peschen, sagt Pfarrer Augustin: „Hier kann man als Professor eine | |
Wohnung suchen. Wenn man aus Rumänien oder Bulgarien kommt, kriegt man | |
keine.“ | |
Auch die Linkspartei im Duisburger Stadtrat kritisiert die Haltung der | |
Stadt. „Die Schließung der Häuser aufgrund des derzeitigen Zustands ist | |
richtig, jetzt ist aber weiteres Handeln gefragt“, sagt | |
Fraktionsvorsitzende Martina Ammann. Die Familien sollten in ihrem Umfeld | |
bleiben können, damit sie an den mittlerweile aufgelegten Projekten wie | |
Jugendkulturarbeit und Gesundheitsförderung weiter teilnehmen können. | |
Pfarrer Augustin und andere bieten den Bewohnern seit Langem Unterstützung | |
an. Ehrenamtliche begleiten sie bei Ämtergängen. „Die Roma-Scouts helfen | |
jetzt bei der Wohnungssuche“, sagt Augustin. Für viele Familien konnten sie | |
eine neue Unterkunft in der Nähe finden, damit die Kinder weiter in die | |
gewohnte Schule gehen können. | |
21 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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