# taz.de -- Hinrichtung mit Giftcocktail in Arizona: 1 Stunde und 58 Minuten | |
> Schon wieder eine vermurkste Exekution. Nachdem der oberste | |
> US-Gerichtshof grünes Licht gab, war der qualvolle Tod von Joseph Wood | |
> unaufhaltsam. | |
Bild: Vergeblich: Ein paar Bürgerrechtler prostestierten am Mittwoch vor dem G… | |
NEW YORK taz | Wie die Henker in Ohio und Oklahoma haben am | |
Mittwochnachmittag auch die des Bundesstaates Arizona die Hinrichtung eines | |
Mann zu einer langen Qual gemacht. Das Sterben von Joseph Wood III. dauerte | |
über 1 Stunde und 58 Minuten. Ein Augenzeuge der Exekution in Florence, | |
Arizona, zählte, dass Woods 640 mal nach Luft schnappte und schnaufte. Ein | |
anderer zählte 660 letzte Versuche, zu atmen. „Es war bestürzend“, sagte | |
anschliessend der Journalist und Augenzeuge Troy Hayden: „wie ein | |
gefangener Fisch, den man auf den Boden wirft und der immer wieder das Maul | |
auf- und zumacht“. | |
In Arizona wurde – wie zuvor in anderen der sieben Bundesstaaten der USA, | |
in denen in diesem Jahr im Gerichtsauftrag getötet wurde – ein Cocktail aus | |
zwei Medikamenten benutzt: Midazolam, ein Medikament gegen Angstzustände, | |
und Hydromorphone, ein Opiat, das als Schmerzmittel verwendet wird. Doch | |
die genaue Zusammensetzung des Cocktails, die Herkunft der Drogen und die | |
Details ihrer Verabreichung wurden geheim gehalten. | |
Die Anwälte von Wood haben bis zum letzten Moment versucht, auf dem | |
Gerichtswege Aufklärung und Transparenz über das Cocktail, das ihrem | |
Mandanten verabreicht werden sollte, zu bekommen. Unter Berufung auf das | |
Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit argumentierte Anwalt Dale | |
Baich: „es schadet unserer Demokratie, wenn die Öffentlichkeit, die | |
Gerichte und der Verurteilte nicht wissen, ob die Hinrichtung den Gesetzen | |
entspricht“. | |
Erstmals in der US-Geschichte folgte ein Berufungsgericht – das 9. - dieser | |
Argumentation. Doch am Dienstag entschied das Oberste Gericht der USA, dass | |
Arizona das Recht habe, Wood ohne eine Offenlegung der Details zu töten. | |
Das Sterben von Wood am Mittwoch war dann so lang, dass seine Anwälte | |
genügend Zeit hatten, um erneut einen – letzten – Dringlichkeitsantrag bei | |
Gericht einzureichen, um das Verfahren zu stoppen. | |
Vor dem Gefängnis in Florence demonstrierten unterdessen ein paar | |
GegnerInnen der Todesstrafe. „Nicht in meinem Namen“ und „Schafft die | |
Todesstrafe ab“, riefen sie. Nach der vermurksten Hinrichtung sagte der | |
Anwalt des Toten, „Arizona hat ein Experiment mit meinem Mandanten | |
durchgeführt“. Bürgerrechtsaktivisten sprachen von „Folter“. Und die | |
Bürgerrechtsorganisation ACLU hielt fest, dass dies eine „grausame und | |
ungewöhnliche Strafe“ gewesen sei. | |
Eine Hinrichtung wie die von Wood verstößt auch in jener Mehrheit von | |
US-Bundesstaaten, in denen die Todesstrafe weiterhin legal ist, gegen das | |
Gesetz. Sie alle haben Nachschubprobleme, nachdem eine öffentliche | |
Kampagne, die in Europa eine größere Wirkung erzielt hat, als in den USA, | |
Pharmaunternehmen unter Androhung von Boykott aufforderte, keine | |
Medikamente zum Töten an den Strafvollzug in den USA zu verkaufen. | |
## Richter schlägt Erschießungskommandos vor | |
Der Justizminister von Arizona hatte einem Lokal-Reporter vor Wochen | |
versichert, das Tötungscocktail für Wood würde funktionieren. „Ich habe | |
einen Horror vor jeder Art von Hinrichtung, die Schmerzen involviert“, | |
begründete Minister Tom Horne. Alex Kozinski, ein Richter am 9. | |
Berufungsgericht, hat das Problem mit dem Tötungscocktail aus Medikamenten, | |
die für Kranke gedacht sind, „kommen sehen“. Deswegen sprach er sich aber | |
nicht grundsätzlich gegen Hinrichtungen aus, sondern für eine andere | |
Methode. Da sich die Wiedereinführung der Guillotine politisch nicht | |
durchsetzen lasse, so Kozinski, schlage er Erschießungskommandos vor. Das | |
sei „primitiver“ aber „fehlersicher“ und „human“. | |
Die Gouverneurin des Bundesstaates Arizona, Jan Brewer, eine Republikanerin | |
vom rechten Parteirand, ordnete am Mittwochabend eine „unabhängige | |
Überprüfung“ der Hinrichtung von Wood an. Sowohl Blut als auch Hirn- und | |
Muskelgewebe des Toten sollen untersucht werden – und auch die Gefäße der | |
verabreichten Präparate. | |
Wood hatte 1989 seine ehemalige Freundin Debra Dietz und deren Vater | |
ermordet. Debra Dietz' Schwager wohnte der Hinrichtung ein | |
Vierteljahrhundert nach der Tat bei. Den JournalistInnen, die ihn zu dem | |
Todeskampf von Wood befragten, rief Richard Brown am Mittwochabend | |
ungehalten zu: „Fahrt zur Hölle! Anders als meine Schwägerin vor ihrem Tod | |
hat dieser Mann gelächelt und gelacht. Dann ist er eingeschlafen“. | |
24 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## TAGS | |
Hinrichtung | |
USA | |
Arizona | |
Menschenrechte | |
ACLU | |
Todesstrafe | |
Todesstrafe | |
USA | |
Todesstrafe | |
Todesstrafe | |
Todesstrafe | |
USA | |
USA | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Todesstrafe in den USA: Frau in Texas hingerichtet | |
Eine wegen Kindesmordes verurteilte Frau ist am Mittwoch mit der | |
Giftspritze getötet worden. Sie ist die 15. Frau seit 1976, an der die | |
Todesstrafe vollstreckt wurde. | |
Hinrichtungen in den USA: Abschied von der Todesstrafe | |
Eklatante Verfahrensfehler und zu Tode gequälte Delinquenten: Der Mythos | |
von der schmerzfreien und sauberen Exekution bröckelt. | |
Details zu Hinrichtung in den USA: Zwei Stunden Todeskampf | |
US-Behörden geben Details zu einer misslungenen Hinrichtung bekannt. | |
Demnach waren 15 Injektionen nötig, 600 Mal japste und keuchte der | |
Exekutierte. | |
Todesstrafe in Kalifornien: Dysfunktional und willkürlich | |
Was für eine Überraschung: Ein konservativer US-Bundesrichter hat die | |
Todesstrafe in Kalifornien mit guten Argumenten als verfassungswidrig | |
bewertet. | |
Nach qualvoller Hinrichtung: Oklahomas Todeskandidaten klagen | |
21 zum Tode verurteilte Gefangene ziehen vor Gericht. Sie klagen gegen eine | |
Giftinjektion, die bei einem Todeskandidaten unnötige Qualen verursachte. | |
Todesstrafe in den USA: Giftspritze zweimal eingesetzt | |
Zwei Männer sind in den USA mit der Giftspritze hingerichtet worden. Diese | |
Form der Tötung war nach dem qualvollen Tod eines Mannes stark in die | |
Kritik geraten. | |
US-Todeskandidat in Missouri: Hinrichtung wird erneut geprüft | |
Bei Exekutionen gab es in letzter Zeit schwere Pannen. Um eine weitere zu | |
vermeiden, stoppte das Oberste US-Gericht eine Tötung in Missouri – | |
vorerst. | |
Zum Tode Verurteilter in den USA: Hinrichtung mit Videoaufzeichnung | |
Wenn die Giftspritze gesetzt wird soll eine Kamera laufen: So fordert es | |
der Mörder Russell Bucklew. Damit alles dokumentiert wird – auch mögliche | |
Fehler. |