# taz.de -- „Tagesspiegel“ diffamiert SPD-Politiker: Igitt, Männerärsche! | |
> Der „Tagesspiegel“ spielt Sittenwächter und skandalisiert, dass ein | |
> SPD-Politiker bei Twitter schwulen Porno-Accounts folgt. Ab auf den | |
> Scheiterhaufen mit ihm. | |
Bild: Stand auch mal auf der Twitterliste von Johannes Kahrs: Pornostar Niko Re… | |
Wie investigativ: Der Tagesspiegel hat sich [1][das Twitterprofil] des | |
SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs mal ganz gründlich angeschaut. | |
Wem folgt der schwule Politiker denn so? Redakteur Matthias Meisner findet | |
inmitten der über 1.300 Accounts auch einige Dutzend Pornoprofile. Von | |
denen werden „Fotos von nackten Männern, von hinten und von vorn, beim Sex, | |
teils in Gruppenaufstellung“ verbreitet. „Anzüglich“ seien die Bilder und | |
manchmal sehe man auch „erigierte Penisse“. Lauter so Schmuddelkram also. | |
Pfui! | |
Sofort [2][beschwört der Tagesspiegel einen Pornoskandal] herauf und fragt | |
den Politiker, was das eigentlich soll. Der gibt sich erst unwissend („Kann | |
sein“), dann abwehrend („Ich finde das nicht wirklich aufregend“), dann | |
nachgiebig: Nach der „Tagesspiegel-Recherche“ löscht er über 30 Accounts | |
aus seiner Liste. | |
Schade. Johannes Kahrs hätte auch dazu stehen können. Hey, guckt her, ich | |
bin Politiker und ich gucke Pornos. So what? Nachdem er jetzt die | |
Sex-Accounts aus seiner Follower-Liste gelöscht hat, wirkt er wie ein | |
naiver Twitter-Neuling, der nicht weiß, wem er so folgt und dass das auch | |
noch öffentlich sichtbar ist. | |
Doch die eigentliche Verfehlung leistet sich der Tagesspiegel selbst. Wie | |
verklemmt kann man eigentlich sein? Ja, Politiker haben eine eigene | |
Sexualität, sie interessieren sich für Körper, schauen Pornos. Sie sind | |
Menschen. Volksvertreter eben. | |
## Verbrennt ihn! | |
Um dem Text nachträglich noch etwas politische Relevanz zu geben, | |
[3][erklärt Tagesspiegel-Onlinechef Markus Hesselmann bei Facebook], es | |
gehe auch darum, „wie ein gewählter Volksvertreter mit den ihm aufgrund | |
seines Amtes zur Verfügung stehenden Infrastrukturen umgeht.“ Hört, hört, | |
da guckt sich ein Abgeordneter womöglich mit dem Dienstrechner bei Twitter | |
Pornobildchen an. Vielleicht verbraucht er auch Steuergeld, indem er sein | |
Smartphone im Bundestag auflädt und dann Twitter nutzt. Verbrennt ihn. | |
Man fragt sich, ob es auch eine Story gewesen wäre, wenn Kahrs nicht schwul | |
wäre und sich – wie es sich gehört – an Heteropornos erfreut hätte. Aus | |
Meisners Text jedenfalls quillt der blanke Ekel angesichts von | |
Männerärschen und Gruppensex. | |
Das ist nur nur prüde, der Text ist zudem schlicht diffamierend: „Die | |
abgebildeten Personen sind fast alle Jahrzehnte jünger als Kahrs. Ob sie | |
bereits volljährig sind, lässt sich nicht immer mit Sicherheit sagen“, | |
schreibt Meisner. Alles Spekulation. Aber klar, schwuler Mann guckt sich | |
Bilder von nackten jüngeren Männern an. Obacht, Pädoalarm! | |
Es sind Stereotype, die im Jahr 2014 eigentlich überwunden schienen. Doch | |
Meisner ist in den 50er Jahren hängengeblieben. | |
28 Jul 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://twitter.com/kahrs | |
[2] http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/spd-politiker-johannes-kahrs-bei-twi… | |
[3] http://www.facebook.com/markus.hesselmann/posts/10153008811284307 | |
## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
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