Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Stadtentwicklung in Frankfurt/Main: Luxuswohnungen oder Hausprojekt?
> Das alte Unigebäude „Philosophicum“ könnte ein autonomes Wohnprojekt
> werden. Doch weil das Geld fehlt, wird es wohl ein Objekt für Reiche.
Bild: Anette Mönich (hintere Reihe, 2.v.l.) und einige ihrer Mitstreiter der �…
FRANKFURT AM MAIN taz | Der Kampf scheint verloren, dennoch will Anette
Mönich weiterkämpfen. Das heißt vor allem: Geld sammeln, und zwar in Form
von Mikrokrediten. Damit wollen die 62-Jährige und ihre „Projektgruppe
Philosophicum“ das gleichnamige neunstöckige Seminarhaus auf dem alten
Frankfurter Uni-Campus Bockenheim kaufen, um dort „bezahlbaren Wohnraum und
Begegnungsräume“ zu errichten. So soll das Gebäude im Sinne des
[1][Mietshäuser Syndikats] dem Immobilienmarkt entzogen werden.
Allerdings ist diese Vision spätestens seit dem 30. Juni in weite Ferne
gerückt. Denn bis zu diesem Tag, für den bereits ein Notartermin vereinbart
war, wollte die neue Eigentümerin des früheren Universitätsareals, die
städtische Wohnungsbaugesellschaft ABG, eine verbindliche
Finanzierungszusage. Diese wurde aber nicht erbracht. Zwar hat die
Projektgruppe laut eigener Aussage bereits über 1 Million Euro gesammelt –
allerdings benötigt sie für einen Bankkredit knapp 6 Millionen Euro an
Eigenkapital, also 25 Prozent der Gesamtinvestitionssumme. Es wäre das
größte Projekt des bundesweit agierenden Mietshäuser Syndikats.
Während Mönich die fehlende Zeit beklagt, um die hohe Summe aufzubringen,
glaubt ABG-Geschäftsführer Frank Junker, dass sich die Projektgruppe
„finanziell verhoben“ habe. Gegenüber der taz bezeichnete er die
Verhandlungen als „definitiv gescheitert“ – und sucht nun nach einem
privaten Investor, der hochpreisige Wohnungen errichten wird.
Anette Mönich hält das für „völlig falsch“, denn so werde „der
Verdrängungsprozess ärmerer Menschen“ fortgesetzt. „Um in Frankfurt eine
Mischung zu erhalten, brauchen wir mehr bezahlbaren Wohnraum.“
Da sich zwar besonders grüne und sozialdemokratische Kommunalpolitiker
rhetorisch dieses Themas angenommen haben, die Zahl der Sozialwohnungen
aber stetig sinkt, während in Frankfurt über 2 Millionen Quadratmeter
Bürofläche leer stehen, nehmen viele Menschen das Thema selbst in die Hand
– besonders in Bockenheim, wo seit Jahren um die künftige Nutzung des
insgesamt rund 17 Hektar großen ehemaligen Campus gestritten wird.
## Leuchtturmprojekt statt günstiges Wohnen
Die Stadt Frankfurt und das Land Hessen hegen große Pläne, ein
„Leuchtturmprojekt“ soll hier entstehen: der „Kulturcampus“, eine Misch…
aus Hotels, Wohnen, Arbeiten und Kultur. Allerdings stockt die
Finanzierung. Und: Nur je 6 Prozent der Gesamtfläche sind für
Sozialwohnungen sowie für genossenschaftliches Wohnen vorgesehen.
Für das vorläufige Scheitern der Verhandlungen um das denkmalgeschützte
Philosophicum macht Anette Mönich die politischen Entscheidungsträger
verantwortlich: „Die willkürlich gewählten Fristen haben uns viel zu wenig
Zeit gelassen, wir arbeiten ehrenamtlich.“ Das Philosophicum stehe seit
über zehn Jahren leer, sagt sie. „Aber wir hatten seit der Einigung über
den Kaufpreis nur drei Monate Zeit, um die Finanzierung zu stemmen.“
Der zuständige grüne Planungsdezernent Olaf Cunitz, der im Aufsichtsrat der
ABG sitzt, hält dagegen, die Fristen seien mehrfach verlängert worden. „Es
ist bedauerlich, dass dieses Projekt gescheitert ist, aber die Gruppe
konnte die Finanzierung einfach nicht stemmen.“ Ähnlich äußert sich
Frankfurts SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann: Ein weiteres
Entgegenkommen sei nicht möglich, aber er habe „große Sympathie“ für das
Projekt – zumal hohe Mieten das „gravierendste Problem der Stadt“ seien.
Der Entwurf des neuen Frankfurter Mietspiegels sieht einen Anstieg der
Kaltmieten um 11,3 Prozent vor.
Die Projektgruppe gibt nicht auf. „Die Stadt kann auch anders“, sagt
Mönich. Das zeige ihr „Entgegenkommen“, als es vor Monaten um den Bau eines
neuen Leistungszentrums des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ging. Der Preis
für das Gelände der Galopprennbahn wird geheim gehalten, aber
Sportdezernent Markus Frank (CDU) sagte, die Stadt wolle „dem DFB ein
Angebot machen, das er nicht ablehnen kann“.
11 Aug 2014
## LINKS
[1] /1/archiv/digitaz/artikel/
## AUTOREN
Timo Reuter
## TAGS
Frankfurt am Main
Mieten
Spekulation
Gentrifizierung
Oldenburg
Städte
Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gentrifizierung in Frankfurt: Pastrami-Boom neben Bordellen
Das Bahnhofsviertel wird zum Szeneviertel. Einwohner kritisieren, dass
steigende Mieten und „die Kreativen“ zu Verdrängung führen.
Gemeinschaftsprojekt: Wohnen unterm Kran
Auf einem früheren Kasernengelände in Oldenburg entsteht ein neues
Wohnviertel – auch eine kleine Genossenschaft hat sich eingekauft.
Der vergängliche Reiz der Städte: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Der Hype ist weitergezogen: Leipzig hat gerade das, was Berlin verliert.
Doch die, die schon da sind, haben Angst vor jenen, die kommen.
Sprengung des Uni-Turms in Frankfurt: 30 Jahre Ausnahmezustand
Im AfE-Turm wurden Politikformen, Drogen, Piratensender, Zeitschriften und
Liebesbeziehungen ausprobiert. Nun wird zurücknormalisiert. Mit
Sprengstoff.
Bauen und Wohnen: In windigen Höhen
Architekt Frank Gehry baut Hochhaus am Alex: 150 Meter, 39 Stockwerke, 300
Luxuswohnungen. Es soll das höchste Wohnhaus Berlins werden. Kosten: 250
Millionen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.