# taz.de -- Dschihadisten in Österreich: „Ihr werdet bluten, bidnallah“ | |
> In den Online-Netzwerken Österreichs tummeln sich Dschihadisten, die der | |
> IS-Miliz nahestehen. Sie predigen gegen Ungläubige. | |
Bild: Vorbild für europäische Islamisten: IS-Kämpfer im Irak. | |
WIEN taz | Eine sprachlich und grammatikalisch etwas kryptische Drohung hat | |
die Wiener Polizei am Mittwoch zu Ermittlungen veranlasst. Die Drohung ist | |
in der Tageszeitung Kurier erschienen und lautete so: „jeder dreckige | |
Teufelsanbeter meldet euch ihr werdet bluten für das was ihr meinen brüdern | |
in herford angetan habt bei allah ihr werdet bluten Bidnallah durch meine | |
hände getötet“. Der Absender soll der Polizei bekannt sein. | |
In den sozialen Medien tummeln sich zunehmend Dschihadisten, die sich an | |
den Gotteskriegern der IS-Miliz orientieren. Sie haben die 700 Personen | |
starke jesidische Gemeinde in Wien als neues Feindbild erkoren. | |
Im Internet tauchten schon nach den ersten militärischen Erfolgen der IS | |
Fotos mit einschlägigen Terrorbotschaften vor dem Hintergrund von Wiener | |
Wahrzeichen wie dem Stephansdom oder dem Schloss Schönbrunn auf. Ein | |
Aktivist betreibt einen Internetshop mit Fanartikeln der IS. Besondere | |
Renner sind Baseball-Kappen in Tarnfarben mit IS-Logo und T-Shirts mit | |
Terrorbotschaften auf Arabisch. | |
Kein Wunder, dass sich Jesiden, die in der Straßenbahn solchen Symbolen | |
oder der schwarzen Fahne der IS begegnen, bedroht fühlen. Vorgehen gegen | |
Dschihadisten-Symbole in der Öffentlichkeit kann das Innenministerium | |
nicht. Das verbietet die Rechtslage, und das wissen offenbar auch die | |
IS-Sympathisanten. Aber Gewaltaufrufe im Internet erfüllen den Tatbestand | |
der Verhetzung. Das Problem ist, die Urheber solcher Drohungen | |
auszuforschen. | |
Das österreichische Bundesamt für Verfassungsschutz und | |
Terrorismusbekämpfung (BVT) beobachtet schon seit einiger Zeit die | |
Radikalisierung von Jugendlichen, vor allem aus Tschetschenien und der | |
Türkei, von denen viele auch die österreichische Staatsbürgerschaft | |
besitzen. Viele von ihnen bereiten sich in Kampfsportvereinen oder durch | |
Bodybuilding auf einen künftigen Einsatz im „Heiligen Krieg“ vor. | |
## Netzwerk gegen Extremismus geplant | |
Und nicht nur testosteronstrotzende frustrierte Burschen fühlen sich zum | |
Einsatz gegen „Ungläubige“ berufen. Anfang des Jahres machten zwei Mädchen | |
mit kosovarischen Wurzeln Schlagzeilen, die sich in den Krieg nach Syrien | |
verabschiedeten. Ihre Spur verlor sich in der südlichen Türkei. | |
Eine Internetrekrutierungsoffensive der IS für Europa ist auch in | |
Österreich angekommen. Und, so fürchtet der Verfassungsschutz, sie trifft | |
in Wien auf fruchtbaren Boden. Ein deutliches Symptom: Jugendliche brechen | |
mit ihrem sozialen Umfeld. Der Kurier zitiert das Posting eines | |
türkischstämmigen Migranten: „Habe alle falschen Freunde gelöscht in meinem | |
Leben und bin auch froh damit. Ich möchte inshallah die wahren Freunde in | |
mein Kreis finden.“ | |
Im Juni wurde ein tschetschenischer Imam in Graz festgenommen, dem die | |
Staatsanwaltschaft vorwirft, in seiner Moschee Jugendliche für den Dschihad | |
in Syrien rekrutiert zu haben. Mindestens acht seiner Schützlinge seien | |
bereits in den Kampf gegen Diktator Assad gezogen. Vier von ihnen sollen | |
gefallen sein. Der Geistliche leugnet nicht, in der Moschee über den | |
Aufstand in Syrien gesprochen zu haben, bestreitet aber den Vorwurf. Er | |
vermutet, dass Agenten des tschetschenischen Kadyrow-Regimes ihn | |
angeschwärzt hätten. | |
Die Politik zeigt sich bisher eher hilflos gegenüber der Radikalisierung | |
von Teilen der migrantischen Bevölkerung. Im Herbst will die Stadt Wien ein | |
Netzwerk gegen Extremismus ins Leben rufen. Alle Stellen, die mit Kindern | |
und Jugendlichen arbeiten, sollen sich vernetzen. | |
13 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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