# taz.de -- Nachrichten von 1914 – 19. August: Mittagbrot für zehn Pfennig | |
> Am Berliner Moritzplatz werden für nur 10 Pfennig diejenigen satt, die | |
> sich ein normales Gasthaus nicht leisten können. | |
Bild: Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes. | |
Die erste der vom Roten Kreuz begründeten Bürgerspeisehallen ist heute in | |
den Kaiserhallen am Moritzplatz eröffnet worden, und ein sichtbares Zeichen | |
der Notwendigkeit dieser Gründung war der Ansturm der Bedürftigen, der vor | |
12 Uhr einsetzte. Die Bedürftigkeitsfrage wird freilich nicht genau | |
untersucht, aber auf den Plakaten liest man die Bitte, dass nur wirklich | |
Notleidende sich einfinden mögen. | |
In dichten Scharen rückten sie heran, die Unzähligen, die in diesen ernsten | |
Zeiten die Schwere des Daseinkampfes doppelt hart empfinden müssen. Alle | |
sind angenehm enttäuscht: hier ist keine große, dumpfige Speisehalle, | |
sondern ein schöner, geräumiger Garten, in dem nichts von den | |
Herrlichkeiten fehlt, die der Berliner am Sonntag sucht: Bäume, im satten | |
Grün, und einige volle Sträucher. Es ist, als wäre man im Gasthausgarten | |
eines Vorortes. | |
Für zehn Pfennig wird den Leuten hier ein kräftiges Mittagessen geboten. | |
Heute gab es Mohrrüben mit Schweinebauch, und manche der armen Frauen hier, | |
die sich große Sparkünstlerinnen nennen dürfen, werden seufzend nachgedacht | |
haben, wie man für einen Groschen eine so mächtige Portion Gemüse und | |
Fleisch bieten könne!? Aber das Geheimnis liegt darin, dass diese zehn | |
Pfennig nur einen Bruchteil des Betrages darstellen, der für die | |
Herstellung dieses Mittagessens aufgewendet werden muss. Den anderen Teil | |
trägt das Rote Kreuz, dem hoffentlich für diesen Zweck in den nächsten | |
Tagen so viele Spenden zufließen werden, dass er den geplanten einige | |
weitere Speisehallen angliedern kann. | |
Zu jedem Essen gibt es reichlich Brot und Wasser. Dass die alkoholischen | |
Getränke wegfallen, ist besonders zu begrüßen, denn viele Arbeiter, die | |
auch die billigsten Gasthäuser wegen des Trinkzwanges meiden müssen, finden | |
hier die notwendige Kräftigung. Die jungen Damen mit der weißen Armbinde | |
nehmen sich aller Gäste liebenswürdig an, und der Diensteifer, mit dem sie | |
von Gast zu Gast eilen, trägt dazu bei, ganz vergessen zu lassen, dass es | |
sich hier um eine Humanitätsanstalt handelt. Man fühlt sich wie in einem | |
bürgerlichen Gasthaus. | |
Quelle: Berliner Tageblatt | |
19 Aug 2014 | |
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