Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Nicht Töten ist das erste Gebot“
> Wespen schwirren, nerven, stechen – darf man sie töten? Nein, sagt der
> Buddhist Dr. Ding Ding. Nur in Ausnahmefällen, findet ein Anwalt.
Bild: Diese Wespen haben es auf die Marmelade abgesehen.
Zucker und Eiweiß – das sind ihre bevorzugten Speisen. Je weiter der Sommer
voranschreitet, desto mehr Wespen scheinen sich an unserem gedeckten Tisch
im Garten oder auf dem Balkon zu bedienen. Sei es der süße Obstkuchen oder
der herzhafte Schinken: Wespen fliegen auf beide Geschmacksrichtungen.
Für manch einen ängstlichen Menschen kann so das morgendliche
Terassenfrühstück zu einer regelrechten Flucht ausarten, lässt er sich
durch die Nahrungssuche des gelb-schwarzen Fliegers provozieren. Während
der eine versucht, die kleinen Störenfriede durch Futterspenden zu
dressieren, schlägt der andere lieber fest zu.
Die Hemmschwelle zum tödlichen Schlag ist charakterabhängig – aber ist es
auch ethisch vertretbar und rechtlich unproblematisch den todbringenden
Hieb zu tun? Im aktuellen sonntaz-Streit melden sich Experten zu der
wesentlichen Frage zu Wort: Darf man Wespen töten?
„Nach § 39 I Ziffer 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebende Tiere – damit
auch Wespen – ohne vernünftigen Grund zu töten. Es drohen Bußgelder bis zu
10.000 Euro“, sagt Rechtsanwalt Andreas Ackenheil aus Mainz, der sichim
Besonderen mit dem Tierrecht beschäftigt. Zwar seien Wespenstiche nicht
gefährlicher als die von Bienen. „Dennoch besteht gerade für Allergiker ein
erhöhtes Risiko. Hier muss eine Ausnahme gelten. Bevor man sich daher
selbst in Gefahr begibt, muss in diesem Fall die Tötung erlaubt sein“, sagt
Ackenheil.
Der Allergologe und Pneumologe Gert Wurzinger sieht das anders: „Die
Vernichtung von Wespen ist für mich keine Frage der Ethik oder gar ein
Thema, das mittels Gesetzen geregelt werden sollte, sondern eine Frage der
Effektivität zum Schutz vor Stichen.“ Es sei effektiver, Nahrungsmittel
bedeckt zu halten und, falls sich die Wespen dennoch nicht abhalten lassen,
Wespenfallen aufzustellen.
## Negatives Karma
„Nicht töten ist das erste buddhistische Gebot“, sagt Dr. Ding Ding,
Geschäftsführer der Shaolin Tempel in Deutschland. „Denn wer tötet, schafft
negatives Karma für sich.“ Deshalb sollten wir auch Wespen schonend
behandeln, auch wenn wir uns belästigt fühlen.
Ähnlich sieht das auch Eva Zahnen aus Mönchengladbach: „Ich würde niemals
eine Wespe oder irgendein anderes Tier töten.“ Für sie ist der Totschlag
des kleinen Tierchens keine Lösung – obwohl sie als kleines Kind von über
hundert Wespen gestochen wurde, nachdem sie in ein Wespennest getreten war.
„Befindet sich ein Wespenstaat in unmittelbarer Nähe zum Haus, kann es
unangenehm werden – der Gartenschuppen, der Kompost oder auch der Dachboden
können beliebte Stätten für die Gründung eines solchen sein“, sagt
Wespenexperte Christian Schmid-Egger. „Die Wespen verteidigen ihr Nest und
greifen jeden und alles an, der sich in der Nähe des Nestes bewegt.“ Aber:
man sollte Wespennester nur zerstören, wenn sie eine umittelbare Gefahr für
Menschen, besonders Kinder, darstellen.
Neigt sich der Sommer dem Ende zu, ist auch die Lebenszeit der meisten
Wespen bald vorbei. Lediglich die Königinnen der nächsten Generation
überleben den Winter in einer Kältestarre, um im nächsten Frühjahr mit dem
Bau eines neuen Wespenstaates zu beginnen. Mit dem Kälteeinbruch beginnt
das große Sterben – und für den Menschen kehrt wieder Ruhe am Essenstisch
ein.
Die Streitfrage der Woche beantworten außerdem Gert Wurzinger, Facharzt für
Lungenkrankheiten und Tauchmedizin, Melanie von Orlow, Imkerin und
Wespenexpertin des NABU, Christoph Kehlbach, Jurist der Rechtsredaktion der
ARD sowie der Geschäftsführer der Shaolin Tempel Deutschland GmbH Ding Ding
– in der taz am wochenende vom 23./24. August 2014.
23 Aug 2014
## AUTOREN
Elisabeth Bauer
## TAGS
Wespen
Streitfrage
Insekten
Insekten
Wespen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hamburger Biologe auf der Pirsch: Der Insektenjäger
Frank Röbbelen zählt Insekten für die Hamburger Umweltbehörde – jedes
Krabbeltier einzeln. Seine Leidenschaft sind Libellen und Tagfalter
Blütenstreifen gegen das Insektensterben: Ausgesummt
Ihre Biomassse ist in den letzten Jahren dramatisch geschrumpft, viele
Arten sind verschwunden: Was können wir gegen das Insektensterben tun?
Der sonntaz-Streit: Darf man Wespen töten?
Sommerzeit ist Wespenzeit: Der eine schlägt einfach zu, wenn er eine um
sich hat, und meint, es sei Notwehr. Andere finden das moralisch
verwerflich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.