| # taz.de -- Performance von Marina Abramovic: Das Nichts als Markenkern | |
| > Die Performance „512 Hours“ der Künstlerin Marina Abramovic ist in London | |
| > zu Ende gegangen. Viel mehr als Abramaovic gab es nicht zu sehen. | |
| Bild: Ist Marina Abramovic die Marienerscheinung der Kunst? | |
| Die 512 Stunden, die Marina Abramovic, gerne als Grande Dame der | |
| Performance gerühmt, in der Londoner Serpentine Gallery anwesend war, sind | |
| vorüber. Abramovic, die tatsächlich einmal eine große Vertreterin der | |
| Performance art war, hat sich längst als die Marienerscheinung der Kunst | |
| offenbart. Wo sie ist, ist das Lourdes der Kunst - und alle Gebrechen | |
| werden geheilt. So jedenfalls berichten es die Leute, die ihr in der | |
| Serpentine Gallery begegnen durften. | |
| Denn mehr gab es nicht zu sehen und zu tun. Um dieses Nichts haben denn | |
| auch die Künstlerin und die Direktoren der Serpentine Gallery viel Wind | |
| gemacht. Die "Süddeutsche Zeitung" sieht im Nichts den Markenkern von | |
| Marina Abramovics Kunst, so wie Damian Hirst der mit den Diamanten ist und | |
| Jeff Koons verchromt. | |
| Das Nichts ist freilich schon seit den 1990er Jahren der Markenkern des | |
| Werk der in New York lebenden Konzept-Künstlerin Mary Ellen Carroll. 2006 | |
| zum Beispiel verließ sie ihr New Yorker Apartment mit nichts als ihrem Pass | |
| und reiste so nach Argentinien, wo sie sechs Wochen lang lebte mit nichts | |
| außer den Kleidern, die sie am Leib trug. Nichts ist entsprechend auch in | |
| ihrem Buch „MEC“ dokumentiert, das der Steidl Verlag 2010 veröffentlichte. | |
| Marina Abramovic wurde spätestens 2012 mit Carrolls „Nothing“ benanntem | |
| Projekt vertraut, als sowohl sie wie auch MEC (wie sich Mary Ellen Carroll | |
| abkürzt) in einer Gruppenausstellung im Smart Museum in Chicago vertreten | |
| waren. Das Nichts der Marina Abramovic kommt also nicht ganz aus dem | |
| Nichts. Darauf haben denn auch eine Reihe von Kuratoren und | |
| Kunsthistorikern hingewiesen. In einem Brief an Hans-Ulrich Obrist fragten | |
| sie, warum auf die Genealogie der Nichts-Performance beziehungsweise auf | |
| die Inspiration durch MEC nirgendwo hingewiesen wurde. | |
| Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören der Kunsthistoriker David Joselit | |
| von der City University, New York, Frazer Ward, Professor am Smith College | |
| und Autor des Buches „No Innocent Bystanders: Performance Art and Audience“ | |
| und die Kunstberaterin der Lambert Foundation, Yona Becker, ehemals | |
| Programm Direktor der Andy Warhol Foundation. | |
| Gegenüber dem Guardian sagte Joselit, dass er Unterschiede in der | |
| Vorgehensweise der Künstlerinnen erkenne und Abramovic nicht des Plagiats | |
| zeihen möchte. Aber er finde es wichtig, dass auf den Zusammenhang | |
| verwiesen werde, wobei MECs Werk vielerlei Hinsicht wesentlich radikaler | |
| und extremer sei als das von Marina Abramovic. Es soll denn auch | |
| tatsächlich Leute gegeben haben, auch das war aus London zu hören, die die | |
| Begegnung mit der Diva des Nichts belanglos empfanden. | |
| 24 Aug 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Brigitte Werneburg | |
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