# taz.de -- Die Wahrheit: Am I evil? | |
> Das sittliche Empfinden des Menschen wird in der Postmoderne aufgeweicht. | |
> Eine WHO-Studie versucht Gut von Böse zu scheiden. | |
Bild: Viele Menschen handeln in einer ethischen Grauzone. | |
Ukrainisches Parlament oder Separatisten, Israel oder Palästina, Microsoft | |
oder Apple, die da oben oder das faule Pack da unten – immer mehr Menschen | |
fragen sich, wer eigentlich die Guten und wer die Bösen sind. Jetzt aber | |
hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Kopenhagen das Ergebnis der | |
Mammut-Studie „Wer nun wirklich die Bösen auf der Welt sind“ vorgelegt und | |
damit weltweit für Verblüffung gesorgt. | |
Ein internationales Forscherteam hatte über einen Zeitraum von zehn Jahren | |
500.000 Menschen in allen 193 Staaten der Erde danach befragt, ob sie sich | |
selbst oder jemand anderen als „böse“ – im Sinne von: moralisch schlecht… | |
Maximen folgend – bezeichnen. | |
Während sich nur aufgerundete 0,1 % selbst als böse deklarierten, gaben | |
99,7 % an, einen oder mehrere böse Menschen zu kennen. Wurden jedoch diese | |
„Bösen“ selbst gefragt, ergab sich ein anderes Bild. | |
So bezeichneten beispielsweise 45 % der deutschsprachigen Studienteilnehmer | |
den Bankmanager Josef Ackermann als böse, er selbst nannte sich aber „einen | |
verdammt guten Banker“ und untermauerte dies mit teils sehr beeindruckenden | |
Zahlen. | |
## | |
Ähnlich verwirrend fiel das Ergebnis bei Menschen mit unterschiedlichen | |
Ernährungsstilen aus. 51 % der in Deutschland befragten Vegetarier nannten | |
Fleischesser „nicht lieb“ (also böse), während 75 % der Veganer vor allem | |
Vegetarier für abgrundtief schlechte Menschen hielten. Die Mehrheit der | |
Fleischesser nannte vor allem Veganer böse, weil diese ihnen ständig so ein | |
schlechtes Gewissen machten. | |
88 % der befragten Käßmannianer bezeichneten Nichtpazifisten als böse. In | |
einem „Vergeltungsschlag mit Augenmaß“ bezeichneten 33 bis 45 % der | |
Gauckisten Pazifisten als „so selbstgerecht und dumm, dass es schon böse | |
sei“. Interessante Zahlen auch bei StraftäterInnen: So gaben rund 99 % der | |
Steuerhinterzieher an, gut zu sein, aber „leider mal einen dummen Fehler | |
gemacht“ zu haben, den auch ganz viele andere machten, die man bei Bedarf | |
gerne nennen könne. | |
Weniger selbstkritisch zeigten sich Menschen, die sich an Kindern vergangen | |
hatten; 99,5 % gaben an, es nur gut gemeint zu haben und sogar 99,4 % ihrer | |
Partner meinten, die „mutmaßlichen Missbrauchstäter“ hätten es nur gut | |
gemeint. Böse seien allenfalls die undankbaren Kinder gewesen. | |
Ob die Kinder sich selbst tatsächlich als böse ansahen, wurde nicht | |
ermittelt, da für die Studie nur Volljährige befragt wurden. Die Begründung | |
der Studienleitung lautete: Moralisch oft noch wirre Minderjährige neigten | |
phasenweise zu unverhältnismäßigen Selbstbezichtigungen. | |
## | |
Ungehört blieb auch eine Gruppe Bielefelder Satanisten, deren 13 Mitglieder | |
sich zwar als „extrem evil“ angedient hatten, denen ein Psychiater aber | |
lediglich ein extrem niedriges Selbstwertgefühl attestierte. Auch wichen | |
die „gnostisch-linkshändigen“ Handlungen der Satanisten nicht von der | |
bundesdeutschen Norm ab: Einer der „Luziferianer“ hatte mal ein Tier | |
gegrillt, ein zweiter war an Heiligabend bei einer Prostituierten gewesen | |
und hatte sie „Mutti“ genannt (und umgekehrt), ein dritter hatte eine | |
Schallplatte von Karel Gott rückwärts abgespielt. | |
Vorangegangen war der Studie die Untersuchung: „Das Böse als | |
Gesundheitsrisiko des 21. Jahrhunderts.“ Da sich darin das Böse als | |
zweitgrößtes Gesundheitsrisiko gleich nach dem Tod entpuppt hatte, gab die | |
WHO auf der Suche nach den Verursachern die Folgestudie in Auftrag. Das | |
Ergebnis muss jedoch als unbefriedigend bezeichnet werden. | |
So zog das Forscherteam in Kopenhagen ein resigniertes Fazit. Prof. Dr. | |
Cyril L. Cyphre formulierte: „Mehr als 200 Jahre nach der Aufklärung hätten | |
wir wohl nicht nach gut und böse fragen sollen.“ Seine Kollegin Prof. Dr. | |
Epiphany Jordan pflichtete ihm bei: „Warum von böse sprechen, wenn | |
unvernünftig, empathiefrei oder stumpf viel differenzierter klingt. | |
Bestimmt hätten mehr Menschen zugegeben, dass sie strohdoof sind.“ | |
## Wolkenformationstanz | |
Einen interessanten Gedanken äußerte der schwedische Soziologe und | |
Schären-Schamane Sören Strömblad: „Womöglich sind nicht wir Menschen schu… | |
am Bösen, sondern die Natur, die uns hervorbringt.“ Allerdings habe ihm die | |
Natur per Wolkenformationstanz zu Protokoll gegeben, er möge sich in dieser | |
Frage an Gott wenden, der die Natur geschaffen habe. | |
Der anwesende Gottesspezialist Joseph Ratzinger meldete sich mit Wissen aus | |
erster Hand: Gott bezeichne sich zu 100 % als gut. Der Teufel jedoch | |
herrsche in jenem Raum, aus dem sich Gott zurückziehe. Ein aus Bielefeld | |
angereistes Satansmedium ließ von Luzifer ausrichten, das haue in etwa hin, | |
aber schuld sei natürlich Gott. Der Evolutionsbiologe Richard Dawkins | |
wollte an Gottes Stelle sprechen, aber da gab es schon Häppchen und Sekt. | |
27 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Anselm Neft | |
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Akif Pirinçci | |
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