| # taz.de -- Konflikt in der Ukraine: Kiew im Schockzustand | |
| > Die angebliche russische Invasion im Südosten schürt Ängste, dass Putins | |
| > Panzer bis in die Hauptstadt kommen. Das Thema ist allgegenwärtig. | |
| Bild: Angehörige von Soldaten in der Ostukraine demonstrieren für mehr Unters… | |
| KIEW taz | In Kiew brummt es seit Donnerstagmorgen wie in einem defekten | |
| Bienenstock. Katja, eine Radiomoderatorin, ist sich sicher, dass Putins | |
| Truppen nicht im Donbass haltmachen werden. „Wenn die Russen Kiew | |
| einnehmen, dann verlasse ich das Land, wenn es sein muss, ziehe ich nach | |
| Neuseeland. Ich könnte mich nicht damit abfinden, in Kiew unter russischer | |
| Herrschaft zu leben. Mit einer Regierung wie unserer werden wir den Krieg | |
| bestimmt nicht gewinnen.“ Katja sammelt Geld für die ukrainische Armee und | |
| verwundete Soldaten. In den sozialen Netzwerken ruft sie auch andere dazu | |
| auf. Sie versucht mit allen Mitteln ihr Heimatland zu unterstützen. | |
| Die Invasion Russlands – das zumindest behaupten die ukrainische Regierung | |
| und Staatspräsident Petro Poroschenko am Donnerstag – ist das | |
| Gesprächsthema Nummer eins auf Kiews Straßen. In den Cafés, in öffentlichen | |
| Verkehrsmitteln, Büros und am Telefon wird ununterbrochen darüber | |
| gesprochen. Die Menschen sind total verunsichert, stehen unter Schock und | |
| fragen sich, wie weit die russischen Truppen wohl noch in das Innere das | |
| Landes vordringen werden. | |
| Am Donnerstag forderte Semjon Sementschenko, Kommandeur des ukrainischen | |
| Bataillons „Donbass“, Unterstützung für die freiwilligen Kämpfer im Osten | |
| und rief zu einer Demonstration vor dem Gebäude des Generalstabs in Kiew | |
| auf. | |
| Die Einwohner reagierten umgehend. Mehr als Tausend Menschen blockierten | |
| die Straßen, um diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die immer noch steif | |
| und fest behaupten, dass die ukrainischen Kampfeinheiten ausreichend | |
| ausgestattet sind und die notwendige Unterstützung erhalten. Eine Frau, die | |
| ihren Namen nicht nennen will, sagt: „Ich wünsche den Regierenden, dass | |
| ihre eigenen Kinder an die Front müssen – ohne Waffen, Patronen und weitere | |
| Unterstützung – und dort gegen schwerbewaffnete russische Spezialeinheiten | |
| kämpfen müssen. Sollen sie doch alle verrecken!“ | |
| Taras hat vor Kurzem die Universität abgeschlossen. Er verlässt oft die | |
| Konditorei, in der er arbeitet, und zieht nervös an seiner Zigarette. | |
| Mittlerweile raucht er zwei Päckchen pro Tag. Seine Mutter lebt in der Nähe | |
| von Lugansk. Er hat seit Tagen nichts mehr von ihr gehört. Auf seinem | |
| Smartphone liest er ständig Nachrichten und wird dabei immer trauriger. | |
| Der Armee als Soldat dienen kann er aufgrund massiver gesundheitlicher | |
| Probleme nicht. Das findet Taras schade. | |
| „Das alles ist doch komisch. Mein Opa hat mir erzählt, dass 1943 jeder, der | |
| noch nicht einmal eine Waffe in der Hand halten konnte, eingezogen wurde. | |
| Dann haben solche Leute eben einfach nur Kartoffeln geschält. Heute will | |
| man dienen, darf aber nicht. Die Armee braucht keine Freiwilligen, die | |
| nicht voll einsatzfähig sind. Mit so einer Einstellung werden die Russen | |
| Kiew problemlos einnehmen. Besonders auch deshalb, weil niemand der Ukraine | |
| hilft. Europa redet doch nur und tut nichts.“ | |
| Auch der Taxi-Fahrer Igor Michailowitsch glaubt, dass die Ukraine mit ihren | |
| Problemen alleingelassen wird. „Europa und Amerika tun so, als ob sie | |
| schwer beschäftigt seien mit unserem Problem. Dabei sind wir ihnen doch | |
| scheißegal. Unsere Regierung kann sie um alles mögliche bitten, sie werden | |
| ihnen trotzdem immer einen Vogel zeigen. Die Europäer haben viel zu viel | |
| Angst um ihre eigenen Ärsche und ihre Geldbeutel.“ | |
| Michailowitsch erzählt, dass 1945 lange Zeit auch niemand glauben konnte, | |
| dass die sowjetische Armee in Berlin einmarschiert. „Ich bin mir sicher, | |
| dass sich die Geschichte wiederholen kann. Russlands Präsident Wladimir | |
| Putin ist wahnsinnig und hat es geschafft, ein ganzes Volk von Zombies zu | |
| züchten. Das ist jetzt dazu bereit, für ihn wie dumme Schafböcke über die | |
| Klinge zu springen.“ | |
| Aus dem Russischen von Ljuba Naminova | |
| 29 Aug 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Andrej Nesterko | |
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