Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Odenwaldschule mit neuem Konzept: Altschüler sollen den Ruf retten
> Die Odenwaldschule hat ihr Wohnkonzept überarbeitet und plant eine neue
> Rechtsform. Ehemalige sollen Anteile zeichnen und die Existenz sichern.
Bild: Unterricht läuft bereits, Zukunft ist ungewiss: Odenwaldschule.
BERLIN taz | 2.400 Euro im Monat kostet ein Platz im Internat der
Odenwaldschule. Aber Eltern melden ihren Nachwuchs kaum noch in der
ehemaligen Eliteschule an, deren Ruf durch Missbrauchsskandale ruiniert
wurde. Jetzt plant der Trägerverein, die finanziell klamme Privatschule in
eine gemeinnützige GmbH zu überführen. Dann könnten etwa Unterstützer mit
Gesellschafteranteilen das Finanzpolster der Schule stärken.
„Als Favorit gilt, aus dem eingetragenen Verein eine gemeinnützige GmbH zu
machen“, sagte der Vorsitzende des Trägervereins, Gerhard Herbert, nach
einer Sitzung des Gremiums am Sonnabend im südhessischen Heppenheim. Die
GmbH könnte dann das operative Geschäft übernehmen. Das Vermögen der
Odenwaldschule solle in eine Stiftung überführt werden. In einer GmbH
könnten ehemalige Schüler oder Mitglieder des Förderkreises Anteile
zeichnen.
Er habe Verständnis dafür, dass ehemalige Schüler ein Interesse daran
hätten, die Odenwaldschule zu erhalten, sagte Norbert Denef, Vorsitzender
von NetzwerkB für die Opfer sexualisierter Gewalt im Gespräch mit der taz.
Schließlich wolle man als Absolvent nicht, dass der Name der ehemaligen
Schule rückblickend wie ein „schwarzer Fleck“ im Lebenslauf erscheine. Er
sei aber dennoch für die Auflösung der Schule.
Die Odenwaldschule in Heppenheim zählte früher zu den renommiertesten
Reformschulen in Deutschland, bis im Jahre 2010 ein lange unter der Decke
gehaltener Missbrauchsskandal hochkochte. In dessen Rahmen wurden in den
70ern bis in die 80er Jahre hinein mindestens 132 Schüler von Lehrern
systematisch sexuell missbraucht. Im April 2014 musste erneut ein Lehrer
entlassen werden, weil er Kinderpornos aus dem Internet heruntergeladen
hatte.
## Kein Nachwuchs mehr
Die integrierte Gesamtschule ist in Finanznot, weil kaum noch Eltern ihren
Nachwuchs anmelden. Derzeit sind von den 220 Internatsplätzen nur noch 143
besetzt, rund 50 weniger als im vergangenen Schuljahr. 31 SchülerInnen
davon wurden von den Jugendämtern zugewiesen, meist aufgrund
problematischer Verhältnisse in ihren Familien. Nach diversen Wechseln an
der Spitze und vielen internen Querelen über die Zukunft wird die Schule
derzeit nur kommissarisch geleitet, eine neue Schulleitung wird gesucht.
Das hessische Sozialministerium erteilte der Schule aufgrund ihrer
angespannten Finanzlage nur noch eine einjährige Betriebsgenehmigung. Bis
zum nächsten Jahr muss der Trägerverein ein überzeugendes Finanzkonzept für
die Zukunft vorlegen.
Um die finanziellen Auflagen zu erfüllen, verzichteten die rund 110
MitarbeiterInnen auf zehn Prozent ihres Gehalts, zudem seien zwei
Immobilien am Rande des Schulgeländes verkauft worden, berichtete kürzlich
Matthias Schimpf (Grüne), Vizelandrat des hessischen Landkreises
Bergstraße. Ein ehemaliger Schüler habe eine Bürgschaft von 600.000 Euro
geleistet.
Nach Auflagen der Schulaufsichtsbehörden wurde das pädagogische Konzept der
Schule geändert. Die Wohngruppen werden im neuen Schuljahr von zusätzlich
eingestellten Sozialpädagogen und Lehrern gemeinsam betreut, sagte die
Pressesprecherin der Schule, Gertrud Ohling von Haken, der taz.
Das alte Konzept, in dem die Lehrer quasi als alleinige
„Familienoberhäupter“ für die Wohngruppen fungierten, galt früher als
pädagogisch innovativ, erleichterte aber den Missbrauch, weil die Bindungen
zwischen Lehrern und Schülern sehr eng waren. Außerdem entstanden durch die
Doppelrolle von Lehrern und Betreuern starke Abhängigkeiten, die das
Aufdecken des Missbrauchs jahrelang verhinderten.
31 Aug 2014
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Odenwaldschule
Missbrauch
Internat
sexueller Missbrauch
Reformpädagogik
Missbrauch
Odenwaldschule
Odenwaldschule
sexueller Missbrauch
Odenwaldschule
Odenwaldschule
Odenwaldschule
## ARTIKEL ZUM THEMA
Odenwaldschule bleibt geöffnet: Schulbetrieb für drei Jahre gesichert
Schüler und Eltern sind erleichtert: Durch Spenden konnten genug Mittel
eingeworben werden, um die Schule vorläufig zu retten.
Ende einer Reformschule: Die Odenwaldschüler kämpfen
Deutschlands bekannteste Reformschule steht vor dem Aus. Die Schule
brauchte zu lange, um den Missbrauch aufzuarbeiten.
Odenwaldschule schließt: Kein Kredit mehr
Über Jahre kämpfte die Odenwaldschule mit der Verarbeitung eines
Missbrauchsskandals. Jetzt muss die Einrichtung aus finanziellen Gründen
schließen.
Film über Odenwaldschule: Pädagogischer Eros im Bademantel
Der ARD-Film „Die Auserwählten“ zeigt den Missbrauch an der Odenwaldschule
wohl zu konkret. Zwei Ex-Schüler wollten die Ausstrahlung verhindern.
Zukunft der Odenwaldschule: Ein weiteres Schuljahr
Nach dem Missbrauchsskandal und Finanzproblemen wird der Unterricht an dem
umstrittenen Internat fortgesetzt. Das hat das hessische Sozialministerium
entschieden.
Regisseurin über die Odenwaldschule: „Becker hat mich regelrecht verfolgt“
Als Odenwaldschülerin stritt sich Elfe Brandenburger mit dem pädophilen
Schulleiter Gerold Becker um Jungs. Jetzt verarbeitet sie ihre Erinnerungen
in einem Film.
Nach Missbrauchsskandalen: Odenwaldschule entlässt Leitung
Die umstrittene Reformschule in Heppenheim reagiert auf Missbrauchs- und
Kinderpornoskandale: Sie feuert Schulleiter, Internatsleiterin und
Geschäftsführer.
Nach neuen Missbrauchvorwürfen: Odenwaldschule droht Schließung
Hessens will die Betriebsgenehmigung des privaten Reform-Internats unter
die Lupe nehmen. Der Staatsanwalt prüft einen Verdacht gegen einen Arzt der
Schule.
Debatte sexueller Missbrauch: Zeit, das Licht auszumachen
Die Odenwaldschule muss geschlossen werden. Sie ist zum Symbol der
institutionalisierten sexualisierten Gewalt geworden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.