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# taz.de -- Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Kein Monopol für E-Books
> Bibliotheken dürfen ihre Papierbücher digitalisieren. Das gilt auch, wenn
> Verlage elektronische Lizenzen anbieten. Die Nutzung von USB-Sticks
> bleibt umstritten.
Bild: Studenten im Lesesaal des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums der Humboldt-U…
BERLIN taz | Bibliotheken dürfen Bücher einscannen und an elektronischen
Leseplätzen zur Verfügung stellen. Dies gilt auch dann, wenn der Verlag das
gleiche Buch als E-Book anbietet. Das entschied nun der Europäische
Gerichtshof (EuGH) in einem Musterprozess aus Deutschland.
Seit 2006 haben öffentliche Bibliotheken die Möglichkeit, in ihren Räumen
elektronische Leseplätze einzurichten. Das hat der Bundestag im
Urheberrechtsgesetz geregelt (§ 52b). Die Bibliotheksnutzer können
digitalisierte Bücher am Bildschirm lesen, was zum Beispiel Vorteile
bringt, wenn man nach bestimmten Begriffen oder Namen sucht.
Die TU Darmstadt ermöglichte es ihren Studenten darüber hinaus, von einem
digitalisierten Buch auch Papierausdrucke zu machen oder das Buch auf einem
USB-Stick abzuspeichern und mit nach Hause zu nehmen. Das ärgerte die
Verlage, die sich um ihr Geschäft sorgten.
Eines der in Darmstadt digitalisierten Bücher war die „Einführung in die
neuere Geschichte“ von Winfried Schulze, das im Eugen-Ulmer-Verlag
erscheint. Der Verlag bot der Uni an, dass sie das gleiche Werk als E-Book
kaufen könne, mit Lizenzen für mehrere Leseplätze. Doch die Uni lehnte ab.
Deshalb klagte der Ulmer-Verlag gegen die Uni Darmstadt.
Der Musterprozess wurde durch die Instanzen gezogen, bis zum EuGH. Der
Verlag wurde vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels unterstützt. Die TU
Darmstadt hatte den Deutschen Bibliotheksverband hinter sich.
Der EuGH entschied nun, dass eine Bibliothek ihre Bücher auch dann
digitalisieren und an elektronischen Leseplätzen anbieten darf, wenn diese
Bücher zugleich im Handel als E-Book erhältlich sind. Allerdings darf nicht
der gesamte Bestand einer Bibliothek auf diese Weise angeboten werden.
Außerdem müssen die Verlage hierfür einen finanziellen Ausgleich erhalten.
## Ein Digitalbuch pro Buch
Das deutsche Gesetz werde den EU-Anforderungen gerecht, so der EuGH, weil
es eine Vergütung vorsieht, die über die Verwertungsgesellschaft Wort
eingezogen wird. Außerdem dürfen digitalisierte Bücher laut Gesetz nur an
sovielen Leseplätzen angeboten werden, wie die Bibliothek auch papierne
Exemplare von diesem Buch in ihrem Bestand hat.
Ob die Nutzer digitalisierte Bücher auch ausdrucken und auf USB-Sticks
speichern dürfen, entschied der EuGH nicht endgültig. Dies sei nur möglich,
heißt es in dem Urteil, wenn es dafür eine spezielle nationale Regelung
gibt. Soweit ersichtlich ist im deutschen Urhebergesetz derzeit jedoch
keine derartige Regelung enthalten. Wie die Rechtslage in Deutschland ist,
muss letztinstanzlich nun der Bundesgerichtshof klären. Das Landgericht
Frankfurt hatte 2011 entschieden, dass das Kopieren und Speichern von
digitalisierten Büchern derzeit unzulässig ist.
Wenn der Gesetzgeber eine Regelung schafft, dann muss er wiederum eine
Vergütung der Verlage und Urheber vorsehen. Außerdem muss der Umfang im
Interesse der Urheber begrenzt bleiben, so die EuGH-Vorgabe.
Der Bibliotheksverband forderte die Politik auf, eine solche Regelung zu
schaffen, falls es erforderlich ist. „Es kann im 21. Jahrhundert nicht
sein, dass man Bücher noch abschreiben muss“, sagte Frank Simon-Ritz, der
Verbandsvorsitzende. Die restriktive Rechtslage habe den Ausbau
elektronischer Leseplätze massiv behindert. Außerdem sollten Berechtigte
nicht nur in der Bibliothek auf digitalisierte Bücher zugreifen können,
sondern auch an ihrem Arbeitsplatz oder auf einer Dienstreise. Die
Digitalisierung sei vor allem bei alten Büchern erforderlich, die nicht als
E-Book angeboten werden, so der Bibliotheksverband.
Der Börsenverein des Buchhandels setzt jetzt auf Gespräche mit dem
Bibliotheksverband, so Justiziar Christian Sprang. Grundsätzlich sind die
Verlage nicht gegen eine Regelung, die auch Studenten und anderen Nutzern
das Speichern von Inhalten auf Datenträger erlaubt. „Allerdings kann es
nicht sein, dass das ganze Buch digital kopiert wird, sonst lohnt es sich
bald nicht mehr Lehrbücher herzustellen.“ Die Vergütung müsse dann außerd…
an den konkreten Verlag und Autor gehen und nicht in einen großen Topf
aller Urheber.
Das Bundesjustizministerium will nächstes Jahr Vorschläge vorlegen, wie das
Urheberrecht wissenschaftsfreundlicher werden kann. Ein entsprechender
Auftrag findet sich schon im Koalitionsvertrag.
11 Sep 2014
## AUTOREN
Christian Rath
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Bibliothek
Digitalisierung
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EuGH
Europäischer Gerichtshof
Lizenz
E-Books
Amazon
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