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# taz.de -- Vierzig Bäume weniger: Schnell gesägt ist halb gebaut
> AnwohnerInnen bemühen sich vergeblich, das Umlegen einer Baumreihe zu
> verhindern, das sie für illegal halten.
Bild: "Baumpflege" unter Polizeiaufsicht: gestern am Bremer Buntentorsteinweg.
Wie riesenhafte Blumensträuße wandern die Baumkronen durch die Luft.
Gepackt von einem gewaltigen Arm, auf dem
„[1][www.baumpflege-im-norden.de]“ steht. Stück für Stück stopft er die
Bäume in ebenso gewaltige Container, beobachtet von einem Grüppchen
AnwohnerInnen, denen zum Teil Tränen über die Wangen laufen. Der Weg für
die komplette Bebauung des Areals zwischen Buntentorsteinweg und
Hardenbergstraße, auf dem sich ein Rewe-Markt samt Parkplatz befand, ist
nun frei.
Ob dabei alles mit rechten Dingen zugeht, ist umstritten. Petra Redert, die
im angrenzenden Beginenhof wohnt, winkt mit einem Lageplan, der Teil der
Baugenehmigung sei: „Hier ist klar gekennzeichnet, welche Bäume stehen
bleiben müssen“, ruft sie. Die AnwohnerInnen fühlen sich überrumpelt. Um
zehn vor sechs habe es „gewaltig zu rumpeln“ begonnen, berichtet eine
Nachbarin, am Vormittag sind bereits 18 Stämme umgesägt. Mittlerweile hat
sich ein gutes Dutzend AnwohnerInnen auf den anliegenden Garagendächern
versammelt, hält Transparente hoch und fordert den sofortigen Fällstopp.
Dann besteht die Polizei darauf, dass die DemonstrantInnen wieder herunter
klettern. Nur das Schuppendach der Stadtkommune Alla Hopp bleibt
zugänglich.
Immerhin: Die Polizei nimmt den Protest ernst. Eine leitende Beamtin bemüht
sich engagiert um Vermittlung, sie will ein Gespräch zwischen den
DemonstrantInnen und der Bauleitung zu Stande bringen – was letztere aber
ablehnt. Dafür erscheint ein Vertreter des Bauamts. Gestikulierend steht er
mit Polizisten und Architekten auf der Baustelle, man beugt sich über
Pläne. „Wir haben zunächst einen vorübergehenden Baustopp verhängt“,
bestätigt später ein Sprecher des Bauressorts.
Die Sägeleute machen es sich derweil gemütlich, Picknick-Pause auf den
schon vorhandenen Stümpfen. „Hat euch denn keiner gesagt“, ruft einer in
Richtung Schuppendach, „dass wir heute kommen?“. Hat keiner. Im Gegenteil:
„Der Investor hat wiederholt betont, dass er die Baumreihe nach Möglichkeit
erhalten möchte“, sagt die Neustädter Ortsamtsleiterin Annemarie Czichon am
Telefon. Erst gestern in der Frühe wurde das Ortsamt davon in Kenntnis
gesetzt, dass nun doch der Kahlschlag kommt. Pünktlich zum ersten Oktober,
dem Ende der Sommerruhe.
Auf dem Gelände sollen 100 Wohnungen entstehen, außerdem ein vergrößerter
Rewe-Markt. Bauträger Justus Grosse will insgesamt 25 Millionen Euro für
das neue „Deichtor“ investieren. Vier mal hat sich der Beirat Neustadt mit
dem Vorhaben befasst, zuletzt im April – und ein ablehnendes Votum
formuliert.
Ein Vetorecht hat das Stadtteilparlament jedoch nicht. Baurechtlich, meint
die Ortsamtsleiterin, sei die gestrige Fällaktion nicht zu beanstanden, die
Pappeln und Weiden seien auch nicht durch die Baumschutz-Satzung geschützt
gewesen. Das sieht nun auch das Bauressort so: Am Mittag wurde der Baustopp
wieder aufgehoben, am Abend war die Arbeit getan – rund vierzig Bäume
containerisiert. „Wir gehen aber davon aus“, sagt der Ressortsprecher,
„dass wieder neue Bäume gepflanzt werden.“
1 Oct 2014
## LINKS
[1] http://www.baumpflegenord.de
## AUTOREN
Henning Bleyl
## TAGS
Rodung
Stadtentwicklung
Bremen
Umweltschutz
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