# taz.de -- Polizei in Bayern: Justizposse im Schwarzfahrerprozess | |
> Ein Aktivist muss sich gegen den Vorwurf wehren, er habe sich vor der | |
> Polizei als „Rechtsanwalt“ ausgegeben. Er hätte nur „Strafverteidiger�… | |
> sein dürfen. | |
Bild: Wie juristisch bewandert wohl der Schäferhund im Vergleich zu den Polizi… | |
BERLIN taz | Eine bayerische Justizposse findet am Montag am Landgericht | |
München ihre Fortsetzung. Der 24-jährige Mechatroniker Andreas S. ist | |
angeklagt, weil er sich als Rechtsanwalt ausgegeben haben soll. Vermutlich | |
hat aber nur ein Polizist den Unterschied zwischen Rechtsanwalt und | |
Strafverteidiger nicht gekannt. | |
Der Vorfall trug sich im Mai 2013 auf der Polizeiwache von Germering, | |
westlich von München, zu. Ein Schwarzfahrer war frühmorgens von der Polizei | |
zu Hause abgeholt worden, damit er nachmittags sicher an seiner | |
Gerichtsverhandlung teilnahm. | |
Andreas S. erfuhr von der Inhaftierung und wollte sich mit dem Angeklagten | |
gemeinsam auf den Prozess vorbereiten. Auf der Polizeiinspektion Germering | |
sagte S. – so seine Darstellung gegenüber der taz –, er sei der | |
„Strafverteidiger“ des Schwarzfahrers. Der Polizist ist sich dagegen | |
sicher, dass S. „Rechtsanwalt“ gesagt habe. | |
Jedenfalls fragte der Polizist nach der Anwaltszulassung. S. entgegnete | |
korrekt, dass er kein Anwalt sei, sondern Strafverteidiger in dieser Sache. | |
Ein Anruf beim zuständigen Richter sorgte dann dafür, dass S. zur Zelle des | |
Schwarzfahrers durchgelassen wurde. Am Nachmittag wurde S. vom gleichen | |
Richter auch förmlich als Strafverteidiger für den Angeklagten akzeptiert. | |
Nicht zuletzt auf Vermittlung von S. wurde das Verfahren gegen den | |
Schwarzfahrer dann sogar eingestellt. | |
## Der Polizist hatte wohl keine Ahnung | |
Vermutlich lief alles also ganz rechtschaffen. S. hatte keinen Grund, sich | |
als Rechtsanwalt auszugeben, weil die Strafprozessordnung es durchaus | |
erlaubt, dass auch Nicht-Juristen in einem Strafprozess als Verteidiger | |
auftreten können (§ 138). Andreas S., der sich als „Berufsaktivist“ | |
bezeichnet, hatte das auch schon mehrfach gemacht. Voraussetzung sind nur | |
eine gewisse Sachkunde und Vertrauenswürdigkeit. | |
Der Polizist in Germering hatte davon aber wohl noch nie gehört und schrieb | |
einen Vermerk, dass S. sich als Anwalt ausgegeben habe. Das hatte Folgen. | |
Im August 2014 verurteilte das Amtsgericht Fürstenfeldbruck den | |
Mechatroniker zu einer Geldstrafe von 400 Euro (40 Tagessätze) – wegen | |
Missbrauchs einer Berufsbezeichnung. | |
Wer sich unbefugt als Anwalt, Arzt oder Psychotherapeut ausgibt, muss | |
nämlich laut Strafgesetzbuch mit Haft bis zu einem Jahr oder Geldstrafe | |
rechnen (§132a). | |
S. ging aber in Berufung, über die an diesem Montagnachmittag verhandelt | |
wird. Wie schon in erster Instanz will S. aus Prinzip keine Aussagen zur | |
Sache machen. Er hofft auf einen Freispruch „im Zweifel für den | |
Angeklagten“. | |
20 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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