# taz.de -- Spendenaffäre in Japan: Zweite Ministerin tritt zurück | |
> Aus dem umgestalteten Kabinett von Shinzo Abe haben nun schon zwei | |
> Ministerinnen ihren Rücktritt erklärt. Sie sollen Parteispenden | |
> missbräuchlich verwendet haben. | |
Bild: Hat ihr Amt niedergelegt: Japans Justizministerin Midori Matsushima. | |
TOKIO ap | Erst die Wirtschafts-, dann die Justizministerin: Zwei Frauen | |
aus dem Kabinett des japanischen Regierungschefs Shinzo Abe haben am Montag | |
ihren Rücktritt erklärt. Erst gab Wirtschaftsministerin Yuko Obuchi nach | |
Vorwürfen der missbräuchlichen Verwendung von Parteispenden ihren Rückzug | |
bekannt. Wenige Stunden später tat es ihr Justizministerin Midori | |
Matsushima aus dem gleichen Grund gleich. | |
Die 40-jährige Obuchi sagte am Montag auf einer Pressekonferenz, dass | |
Ermittlungen gegen sie liefen und sie deshalb ihren Posten als Ministerin | |
für Wirtschaft, Handel und Industrie niederlegen werde. Obuchi war die | |
erste Ministerin der derzeitigen Regierung, die aus ihrem Amt schied. | |
„Ich entschuldige mich, nicht dazu fähig gewesen zu sein, Beiträge zum | |
Erreichen der wesentlichen politischen Ziele des Kabinetts gemacht zu | |
haben“, sagte Obuchi. Ein Fehlverhalten bezüglich der Spenden räumte sie | |
allerdings nicht ein. | |
Obuchi ist die Tochter eines früheren Ministerpräsidenten und wurde als | |
eine mögliche Anwärterin auf den Posten des Regierungschefs gehandelt. In | |
der vergangenen Woche wurde sie im Parlament von der Opposition in die | |
Mangel genommen, woraufhin sie sich für Unregelmäßigkeiten bei den Spenden | |
entschuldigte. Sie machte jedoch auch klar, dass es keine Beweise dafür | |
gebe, dass sie die Wahlkampfspenden von einer Firma ihrer Schwester für | |
persönliche Zwecke verwendet habe. Dabei soll es sich um Halstücher | |
gehandelt haben, die laut Obuchi allerdings für politische Aktivitäten | |
genutzt worden sind. | |
## Rücktritt nach Strafanzeige | |
Nur Stunden später verkündete auch Justizministerin Matsushima ihren | |
Rücktritt, nachdem die oppositionelle Demokratische Partei Strafanzeige | |
gegen sie gestellt hatte. Der 58-Jährigen wird unter anderem vorgeworfen, | |
sogenannte Uchiwa-Fächer an Unterstützer verteilt zu haben, was ebenfalls | |
eine mögliche Verletzung eines Gesetzes für politische Spenden wäre – | |
obwohl ein Fächer umgerechnet nur 58 Cent kostet. | |
Die beiden Ministerinnen waren zwei von fünf Frauen, die Abe bei einer | |
Kabinettsumbildung im vergangenen Monat mit einem Posten bedacht hatte. Der | |
Ministerpräsident wollte so seinen Einsatz dafür zeigen, dass Frauen | |
vermehrt Führungsrollen in Japan einnehmen sollen. Die Rücktritte könnten | |
diese Bemühungen nun ernsthaft gefährden. | |
Nachdem er Matsushimas Gesuch angenommen hatte, trat Abe zerknirscht vor | |
die Presse. Er sagte, er sei teils mitschuldig an den Skandalen, weil er | |
die beiden Frauen ins Kabinett geholt habe. „Ich entschuldige mich zutiefst | |
beim Volk“, sagte der japanische Regierungschef. Er wollte noch am Montag | |
„taugliche“ Nachfolger auswählen. | |
## Chronisches Problem | |
Seit seinem Amtsantritt im Dezember 2012 hatte es Abe geschafft, dass | |
keines seiner Kabinettsmitglieder wegen Skandalen oder anderen Problemen | |
zurücktreten musste. Zuletzt hatte die konservative Zeitung „Sankei“ | |
allerdings getitelt: „'Rücktritts-Dominoeffekt'-Alarm der Regierung“. Auch | |
zwei weitere weibliche Kabinettsmitglieder, die als enge Vertraute Abes | |
gelten, mussten sich zuletzt heftiger Kritik erwehren, wonach sie | |
Verbindungen zu rassistischen Gruppen hätten. | |
Spendenskandale waren in Japan in der Vergangenheit ein chronisches Problem | |
– auch weil Wahlkampfgeschenke strengstens verboten sind. Dadurch soll | |
Stimmenkauf verhindert werden. Besonders in ländlichen Regionen würden mit | |
solchen Geschenken Wählerstimmen gekauft, sagte der Politikprofessor Koichi | |
Nakano in Tokio. Die Summen, um die es nun gehe, seien allerdings deutlich | |
geringer als die von vorherigen Regierungen des Landes. | |
20 Oct 2014 | |
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