# taz.de -- 30 Jahre „Metal Hammer“: Nur für Überzeugungstäter | |
> In der Heavy-Metal-Szene werden Magazine noch gelesen. Deutschlands | |
> größtes, „Metal Hammer“, feiert im Oktober sein 30-jähriges Bestehen. | |
Bild: Zwei Akkorde sind genug: Headbanger vor der Freilichtbühne Loreley. | |
Thorsten Zahn ist Anfang 40, sein ergrautes Haar trägt er zum Pferdeschwanz | |
und schiebt ein gemütliches Bäuchlein vor sich her. Zahn ist | |
Heavy-Metal-Fan und – mit kurzer Unterbrechung – seit 13 Jahren | |
Chefredakteur des Musikmagazins Metal Hammer. „Ich verstehe einigermaßen | |
etwas davon, was funktioniert in so einem Magazin und was nicht“, sagt er, | |
muss aber zugeben, dass auch er nicht mehr zu jeder Spielart der harten | |
Gitarrenmusik einen Zugang findet. | |
Heavy Metal wurde groß in den Achtzigern und ist heute von Hardrock bis | |
Black Metal in allerlei Subszenen ausdifferenziert. Er hat einerseits | |
bestimmt schon bessere Zeiten gesehen, ist andererseits aber auch eine | |
etablierte Kultur, wie man am Erfolg des „Wacken“-Festivals sehen kann. | |
So gesehen steht es um die Metal-Zeitschrift Metal Hammer, die jetzt ihr | |
dreißigjähriges Jubiläum feiert, kaum anders als um den Heavy Metal selbst: | |
Auch Metal Hammer wird nie mehr die Bedeutung haben wie in den Achtzigern – | |
doch es läuft einigermaßen. Das Heft hat sich bei einer verkauften Auflage | |
von circa 30.000 eingependelt. | |
Metal Hammer wurde 1984 gegründet, in einer Zeit, in der Metal dank Bands | |
wie Iron Maiden oder Metallica zu einer globalen Industrie wuchs. Die | |
Auflage der Zeitschrift wuchs mit: auf 100.000 verkaufte Exemplare. Dann | |
jedoch kam der Grunge und nahm der Szene die Werte: Kurt Cobain ließ die | |
harten Jungs aus der Headbanger-Zunft ziemlich alt aussehen. Metal Hammer | |
versuchte sich thematisch zu öffnen. Alles, was an Gitarrenmusik | |
auftauchte, kam ins Blatt. Das ging so weit, dass es sich Ende der | |
Neunziger in New Rock & Metal Hammer umbenannte. Die Identitätskrise war | |
perfekt. | |
## „Bands wie Iron Maiden funktionieren immer“ | |
Inzwischen heißt die Zeitschrift wieder Metal Hammer und Thorsten Zahns | |
Aufgabe ist es, die Marke nicht erneut verwässern zu lassen. „Wir hatten | |
mal eine Geschichte über die Hochzeit des Sängers einer Metal-Band“, sagt | |
Thorsten Zahn, „Die wird uns heute noch übel genommen und man sagt uns, das | |
sei eher eine Story für das Goldene Blatt gewesen.“ | |
Nach mehreren Verlagswechseln gehört das Magazin inzwischen zum | |
Axel-Springer-Konkurrenz. Die Redaktion teilt sich die Räume mit dem | |
deutschsprachigen Rolling Stone, ein Stockwerk darüber sitzt der | |
Musikexpress. Große Experimente wagt keine der drei Redaktionen mehr. | |
„Bands wie Iron Maiden funktionieren immer“, gibt Thorsten Zahn zu, meint | |
aber auch, dass der Metal-Fan zwar treu zu einer Band stehe, aber | |
empfindlich auf vermutetes kommerzielles Kalkül reagiere. | |
Das dürfte auch Götz Kühnemund wissen. Er war mal der Chefredakteur der | |
Rock Hard. Gerade versucht er mit Deaf Forever den Neustart eines | |
Metalmagazins. Das Printmagazin, das seine Redaktion in Dortmund sitzen hat | |
und im Eigenverlag erscheint, ist subkultureller orientiert als der Metal | |
Hammer. Kühnemund sei im Guten beim Rock Hard ausgestiegen, sagt er, lässt | |
aber durchblicken, dass er nicht mehr zufrieden war mit der Ausrichtung des | |
nach dem Metal Hammer zweitgrößten deutschsprachigen Metalmagazins. Deaf | |
Forever verspricht „Metal und Hardrock für Überzeugungstäter!“ auf dem | |
Cover der ersten Ausgabe und widmet dem undergroundigen Doom-Metal in der | |
aktuellen zweiten Ausgabe gleich eine Titelstory. Das Signal: Wir trauen | |
uns wieder was. | |
Deaf Forever ist mit einer optimistischen Auflage von 47.000 Exemplaren an | |
den Kiosk gegangen und laut Götz Kühnemund hat sich die erste Ausgabe | |
ordentlich verkauft. Erstaunlich ist auch der Umgang mit dem Internet: | |
Während die Konkurrenz alles dafür tut, möglichst viel Traffic auf ihre | |
Websites zu bekommen, will Deaf Forever das Internet weitestgehend | |
ignorieren, „denn es verwässert die eigentliche Sache“, sagt Kühnemund. | |
Ob das funktionieren wird? Thorsten Zahn sagt, er wünsche Kühnemund alles | |
Gute. Er wirkt ein wenig neidisch auf den Kollegen, der noch mal von vorne | |
anfangen kann mit einem Metal-Magazin – ganz so, als sei es 1984. | |
22 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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