# taz.de -- Die Wahrheit: Yoda aus der Apfelkiste | |
> Auf den Inhalt von Biokisten kommt es nicht an. Interessanter ist, ob sie | |
> mit einem Lächeln oder von einem sexy Lieferanten zugestellt werden ... | |
Bild: „Keine Ahnung sie haben, diese Kommissionsmenschen für Wohltätigkeit�… | |
„Uaaah, was ist das denn?“, fragt Gisela und wiegt etwas in ihrer Hand, das | |
dubios aussieht, recht faltig ist und in einem Grün changiert, das ins | |
Bräunliche spielt. „Ein Apfel“, sagt Sylvia, entwindet ihr das gute Stück | |
und legt es zurück in die Obstschale, die in der Vergangenheit nur dem | |
Plastikobst eine Heimat bot, das Sylvia dort passend zur jeweiligen | |
Tischdeko drapierte. | |
An Ostern Bananen und im Advent Gummiäpfel in Weihnachtsrot. Bislang fand | |
sie, dass das mit den Vitaminen viel einfacher mit Brausetabletten mit | |
Himbeergeschmack zu regeln sei als mit dem Verzehr von Naturalien. Und im | |
Grunde wäre es auch billiger. Ihr Geld sah sie besser angelegt in | |
künstlichen Feigen aus Silikon, die ihrer Sammlung noch fehlten. Wozu nun | |
also lebendiges Obst? | |
„Wenn das ein Apfel sein soll, wieso sieht das dann nicht aus wie ein | |
Apfel, sondern wie die Reinkarnation von Yoda, dem Jedi?“, frage ich, | |
während ich mir unwillkürlich ausmale, ob zwischen dem maroden Apfel und | |
dem kompostiert wirkenden Meister der Schwerter vielleicht irgendwelche | |
geschmacklichen Parallelen zu finden wären. Wobei ich natürlich nie in | |
einen Jedi-Ritter beißen würde … obwohl – der junge Obi-Wan Kenobi … hm… | |
also … „Er ist bio!“, poltert Sylvia mitten hinein in meine ausschweifend… | |
Gedanken. „Ewan McGregor?“, hauche ich versunken. Als Antwort ernte ich nur | |
ihr Augenrollen. | |
„Seit wann isst du denn Bioäpfel?“, manövriert Gisela das Gespräch wieder | |
in fahrbares Gewässer. Sie ist immun gegen Jedis. Bei unseren langen | |
Star-Wars-Nächten war sie früher diejenige, die spätestens während der | |
„Episode II“ eingeschlafen war. „Ich habe Bioäpfel, seit ich mir eine | |
Biokiste liefern lasse“, antwortet Sylvia, und merkwürdigerweise bin ich | |
ein wenig erleichtert, dass sie „Äpfel haben“ und nicht „Äpfel essen“… | |
Aber wieso gleich eine ganze Kiste? | |
„Neulich auf dem Markt“, beginnt sie schließlich und erzählt von Hubert, | |
dem Biobauern, dessen Feld- und Wiesenfrüchte sie zwar ganz und gar nicht | |
interessierten, dessen charmantes Lächeln aber so überzeugend auf sie | |
wirkte, als wäre es eine mentale Botoxbehandlung für welkes Gemüse. „Als | |
ich dann auf seinem Flyer gelesen habe, dass er das Ganze auch nach Hause | |
bringt, fand ich den Gedanken an eine Biokiste plötzlich sehr sexy“, stellt | |
sie fest. „Nun liefert er pünktlich alle vier Wochen. Und sehr zuvorkommend | |
ist er auch.“ Wie ich Sylvia kenne, vermutlich in vielerlei Hinsicht. | |
„Wie wählerisch kann ich denn noch sein?“, fragt sie uns. „Bald habe ich | |
die nächste Null auf dem Alterskonto. Da dachte ich mir: Auch wenn ich Obst | |
hasse, tut sich einer, der Jedi-Äpfel für Leckerbissen hält, vielleicht | |
auch nicht so schwer mit meiner Cellulite. Zumal die ja ebenfalls sehr bio | |
ist.“ Wir schweigen erst. Dann nicken wir. | |
„Außerdem“, fügt Sylvia mit einem kurzen Seitenblick auf mich hinzu, „s… | |
er tatsächlich ein bisschen aus wie der junge Obi-Wan.“ Sie lächelt. „Ewan | |
McGregor … hmmm“, nuschele ich schon wieder. Und dann frage ich zögernd: | |
„Wie teuer ist eigentlich so eine Biokiste?“ | |
24 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Ilke S. Prick | |
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