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# taz.de -- Aus der Edition Le Monde diplomatique: Frontex geht es immer besser
> Das Budget der Agentur ist seit 2005 von 7 auf 93 Millionen Euro
> gestiegen. Ihre Datensammlung über Migration an den EU-Grenzen wächst
> unaufhörlich.
Bild: Frontex-Personal bei der Arbeit an der bulgarischen Grenze.
Ilkka Laitinen denkt gern an die Tage im Frühjahr 2005 zurück, als die
„Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen�…
kurz: Frontex, in Warschau eingerichtet wurde: „Es war eine sehr intensive,
sehr interessante Zeit", sagt er. „Wir haben bei null angefangen. Wir
hatten nichts." Frontex startete mit einem Budget von 7 Millionen Euro,
2013 lag es bei 93 Millionen Euro. „Unsere Ressourcen sind ein Gradmesser
für die Erwartungen, die an uns gerichtet werden", sagt der
Verwaltungsdirektor Jose Carreira.
Und die sind hoch. Frontex soll irreguläre Migranten möglichst schon
aufhalten, bevor sie die EU erreichen - spätestens aber an der Grenze. 2013
reisten 125 Millionen Menschen mit Erlaubnis in das Schengen-Gebiet (siehe
Karte) ein, 107.000 wurden beim unerlaubten Grenzübertritt aufgegriffen.
Wie viele unerkannt einreisten, weiß niemand.
Die Freizügigkeit der EU hatte zur Folge, dass sich Binnenstaaten wie
Deutschland kaum mehr um Grenzkontrollen zu kümmern brauchen. Andere, wie
Griechenland, müssen diese Aufgabe nun für ihre EU-Partner mit erledigen.
Das Gründungsprinzip von Frontex lautete deshalb: EU-weit Material und
Personal einsammeln und dorthin schicken, wo es gebraucht wird. Die
Grenzpolizisten sind dabei stets Gäste des Landes, auf dessen Hoheitsgebiet
der Einsatz stattfindet. Anders als vielfach behauptet ist Frontex nämlich
keine europäische Grenzpolizei - auch wenn es in Warschau und Brüssel
durchaus entsprechende Gedankenspiele gibt.
Während in den ersten Jahren noch mit verschiedenen Formen von Einsätzen
experimentiert wurde, arbeitet Frontex seit 2011 nur noch mit sogenannten
Europäischen Grenzschutzteams (EGBT). Über eine Datenbank namens OPERA
melden die Mitgliedstaaten Beamte, die sie für bestimmte Frontex-Missionen
freistellen. Das Personal wird in 13 Profilgruppen für verschiedene
Einsatzzwecke eingeteilt, wie Erkennung von gefälschten Dokumenten,
Seeüberwachung oder die Identifizierung gestohlener Fahrzeuge.
## Drohnen an bulgarisch-griechischer Grenze
Bei OPERA geben die Mitgliedstaaten auch alle Ausrüstungsgegenstände ein,
die sie der Agentur zur Verfügung stellen. Diese werden im „Technical
Equipment Pool" (TEP) gesammelt und an die verschiedenen Frontex-Missionen
verteilt. Für 2014 stellten die EU-Staaten unter anderem 26 hochseetüchtige
Boote, 259 Boote für Küstenpatrouillen, 39 Nachtsichtfahrzeuge, 43
Flugzeuge, 53 Helikopter und 93 Aufklärungsfahrzeuge.
Bis heute bewegt Frontex nur einen Bruchteil der nach Angaben von Laitinen
etwa 400.000 Grenzschützer in der EU. Der Anteil wächst zwar, aber laut
EU-Recht sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, Frontex Personal oder
Material zu stellen - was immer wieder dazu geführt hat, dass zugesagte
Mittel wieder abgezogen wurden. „Wir brauchen eigenes Material, wir dürfen
nicht zu abhängig von den Mitgliedstaaten sein", stellte Laitinen schon am
fünften Gründungstag der Agentur 2010 fest.
Als Anfang 2011 in Tunesien und Libyen die Diktaturen stürzten, erreichten
die irregulären Grenzübertritte nach Malta und Italien neue Rekorde. Im
Juni desselben Jahres versammelten sich deshalb die Staatschefs der EU, um
Frontex eine neue gesetzliche Grundlage zu verschaffen. Der Mindestzeitraum
für die Bereitstellung von Personal wurde auf ein Jahr erhöht, ein Rückzug
von Zusagen erschwert. Und Frontex darf seither Ausrüstungsgegenstände
selbst kaufen oder leasen.
Bislang machte sie hiervon noch wenig Gebrauch. Zwischen Mai und Juli 2014
setzte Frontex im bulgarisch-griechischen Grenzgebiet erstmals Drohnen des
Typs Diamond DA42 ein, hergestellt von der österreichischen Firma Diamond
Aircraft. Das war erst einmal nur ein Testlauf. Im Herbst 2014 wird Frontex
entscheiden, ob die Drohnen dauerhaft zum Einsatz kommen. Welches sonstige
Material die Agentur sich zulegen will, ist noch offen.
## Überwachungsdaten frei Haus
Vieles könnte dabei bald überflüssig sein. Denn was in Sachen Aufklärung
gut und teuer ist, bekommt Frontex teils frei Haus: Ende 2013 startete das
Europäische Grenzüberwachungssystem Eurosur zur Überwachung der
Außengrenzen. Mit Eurosur sollen Polizei, Küstenwache oder Grenzschutz
Informationen etwa über den Standort von Flüchtlingsbooten in Echtzeit
austauschen können. Die dazu nötigen Informationen werden unter anderem
durch die Grenzüberwachung mittels Satelliten und Drohnen gewonnen. Bis
2020 stehen für Eurosur 244 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt bereit.
Im Rahmen von Eurosur erstellt jedes Mitgliedsland sein eigenes Lagebild,
das direkt an Frontex übermittelt wird. Die Agentur erstellt ihrerseits
daraus zwei Bilder: ein gesamteuropäisches Lagebild und eines für den
„Grenzvorbereich", also die EU-Nachbarregionen.
Diese Lagebilder bestehen jeweils aus drei Schichten. In der
„Ereignisschicht" laufen die Meldungen der Grenzschützer zusammen:
verweigerte Einreisen, geschmuggelte Autos, illegale Einwanderer,
kontrollierte Boote, Zollvergehen. Die „operative Schicht" inventarisiert
den Grenzschutz selbst: Welche Beamte patrouillieren wo, welches Material
setzen sie ein, wo gibt es Lücken? Die „Analyseschicht" schließlich enthält
unter anderem Geheimdienst- und Polizeiinformationen über
Schleppernetzwerke, politische Entwicklungen in Drittstaaten oder andere
Ereignisse, die Migrationsrouten betreffen.
Es wächst aber nicht nur die Datensammlung der Agentur, sie bekommt auch
mehr Befugnisse: Im März 2014 wurde sie durch die EU ermächtigt, in Zukunft
auch in internationalen Gewässern Flüchtlingsboote aufhalten und
zurückschleppen zu dürfen.
24 Oct 2014
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
Frontex
Flüchtlinge
Grenzkontrollen
EU
Drohnen
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