# taz.de -- Keine Lust auf Weltspartag: Schluss mit Weltmeister | |
> Die Bundesbürger geben ihr Geld lieber aus. Die Ökonomen freut das. Doch | |
> die Zahl derer, die nichts von ihrem Geld zurücklegen können, nimmt zu. | |
Bild: Rein ins Sparschwein oder lieber ausgeben? | |
HAMBURG taz Ausgerechnet die früheren Sparweltmeister aus Deutschland haben | |
immer weniger Lust, zu sparen. Seit Beginn der Finanzkrise sank der Anteil | |
ihres Sparbetrages am verfügbaren Einkommen von 10,5 auf aktuell 9,2 | |
Prozent und liegt nun deutlich unter dem Durchschnitt im Euroraum. Einen | |
Trend mit Zukunft sieht da der Bundesverband Deutscher Volks- und | |
Raiffeisenbanken (BVR): „Die Sparquote der privaten Haushalte in | |
Deutschland wird mittel- bis langfristig zurückgehen.“ | |
Noch kein Grund zur Aufregung, finden nachfrageorientierte Ökonomen. Sie | |
finden das Sinken der Sparquote an sich sogar erfreulich: Wer weniger | |
spart, konsumiert mehr und kurbelt die Wirtschaft an. „Die Nachfrage | |
steigt“, sagt Thomas Theobald, Ökonom des gewerkschaftsnahen Instituts für | |
Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Über die kleine Delle in der | |
deutschen Wirtschaftskonjunktur – wenn es denn eine Dell bleibe – werde die | |
gute Kauflaune hinweghelfen. Das begünstige neben den höheren | |
Tarifabschlüssen eine sinkende Sparquote. Die sinkende Quote hält Theobald | |
„nicht für ein Krisensymptom“, schließlich war sie schon einmal Anfang der | |
2000er Jahre eingebrochen. | |
Angesichts der heute vergleichsweise guten Konjunkturdaten und der hohen | |
Beschäftigungsquote sehen Banken, Verbände und Medien den Grund der | |
aktuellen Sparunlust vor allem in den niedrigen Zinssätzen. BVR-Vorstand | |
Andreas Martin weist aber auf „die Herausforderungen des demografischen | |
Wandels“ hin. Immer mehr Menschen aus den geburtenstarken Jahrgängen | |
erreichen ein Alter, in dem meist weniger gespart werde. Daher erwarten die | |
Volksbanken, dass die Sparquote bis 2025 unter 7 Prozent sinkt. | |
Gleichzeitig wird die Sparquote geschwächt, weil eine rapide wachsende Zahl | |
von Menschen es sich finanziell überhaupt nicht leisten kann, zu sparen. | |
Insgesamt sieht sich nach einer Umfrage des Sparkassenverbandes DSGV | |
inzwischen jeder sechste Deutsche nicht in der Lage, Geld zurückzulegen – | |
ein Drittel mehr als noch 2012. | |
## Studie: Kaum Sparvermögen im unteren Viertel der Gesellschaft | |
Die Kluft zwischen Arm und Reich hält IMK-Forscher Thomas Theobald für | |
„gravierend“. Eine aktuelle IMK-Studie zeigt, dass die Sparquote des | |
finanziell gesehen unteren Viertels der Gesellschaft gegen null tendiert | |
und das obere Viertel mit 15 Prozent seines Einkommens weit mehr und mit | |
einer höheren Rendite spart als das Mittelfeld. | |
Im Ergebnis wird die Vermögensspreizung in Deutschland immer größer. | |
Sparungleichheit könne auch die „makroökonomische Instabilität erhöhen“, | |
sagt Theobald. Das IMK schlägt daher die Wiedereinführung der | |
Vermögensteuer vor und die Abschaffung der Abgeltungssteuer. Kapitalerträge | |
würden dann höher als derzeit besteuert. | |
Vor einer schleichenden Erosion des Sparverhaltens warnt anlässlich des | |
heutigen Weltspartages auch der Präsident des Sparkassenverbandes, Georg | |
Fahrenschon: „Ein finanzielles Polster zur Absicherung wird allgemein als | |
wichtig erkannt.“ Der Sparkassenverband fordert daher mehr staatliche | |
Hilfen zur „Vermögensbildung“. | |
30 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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