# taz.de -- Studie über Beiräte: Beiräten fehlt Kompetenz | |
> Beiräte sollen mitreden, aber im Konfliktfall nicht mitentscheiden. Eine | |
> Studie zeigt: Auch nach dem neuen Beirätegesetz aus 2010 ist das so. | |
Bild: Beiräte, wie hier in Blumenthal, kritisieren die Senatsressorts für ein… | |
BREMEN taz | Der Bremer Senat ist zufrieden: Im Jahre 2010 wurde das | |
[1][Beirätegesetz] novelliert, die Stadtteil-Vertretungen sollten mehr | |
Einfluss erhalten. Das Institut für Politikwissenschaft der Bremer Uni | |
wurde beauftragt, nach ein paar Jahren die Beteiligten zu befragen. Nun | |
wurde deren Studie vorgelegt und kommt – „nach Auffassung des Senats“ –… | |
dem Ergebnis, dass das „Ziel, die Rechte der Beiräte zu stärken, im | |
Vergleich zur vorherigen Rechtsgrundlage, erreicht worden“ ist. Es gebe | |
aber „Optimierungsbedarf“. Das ist wohl untertrieben. | |
Denn wer sich die Mühe macht, das Gutachten bis zur Seite 105 zu lesen, | |
findet dort den Hinweis auf „erheblichen Unmut“ der Beiräte über die | |
Situation – auch nach der Gesetzesnovellierung: Die Beiräte klagen über | |
„mangelnde Kooperationsbereitschaft der senatorischen Behörden und | |
zuständigen Stellen“. Die versprochenen „Stadtteilbudget“ stünden „nu… | |
dem Papier“ und „die Hoffnung, über die Planungskonferenzen (frühzeitig) … | |
den stadtteilbezogenen Planungen der senatorischen Behörden | |
gleichberechtigt beteiligt zu werden, hätte sich bisher nicht erfüllt“. | |
Schließlich würden „Informations-, Beteiligungs- und Entscheidungsrechte | |
der Beiräte immer wieder ignoriert oder sogar ausgehebelt“. Nur in einem | |
stimmen die Beiräte mit dem Senat überein: Früher war das nicht besser. | |
Dass es in Bremen „Beiräte“ gibt, war von Anfang an ein Kompromiss: Die | |
Nationalsozialisten hatten 1939 die ehemals selbstständigen Landgemeinden | |
Hemelingen, Burglesum, Vegesack, Blumenthal, Osterholz, Oberneuland, | |
Borgfeld, Lehesterdeich, Blockland, Arsten, Habenhausen, Huchting, Strom, | |
Lankenau und Seehausen eingemeindet. Zunächst waren die örtlichen | |
Gemeindeverwaltungen der Stadtgemeinde Bremen nur „kommissarisch“ | |
unterstellt worden. 1946 wurden dann die Gemeindeverwaltungen in die | |
Stadtverwaltung integriert, für die „Außengemeinden“ wurden als | |
Kompensation die Ortsämter erfunden. | |
Als die Bremer CDU 1947 „eine Direktwahl der Beiräte, eine demokratische | |
Wahl auch der Bezirksbürgermeister durch die gewählte Körperschaft, die | |
Öffentlichkeit der Beiratssitzungen und das Recht des Beirats, über die | |
Haushaltsmittel selbst zu verfügen“, forderte, lehnte die SPD das strikt | |
ab. Die SPD, die in Bremen die Mehrheit hatte, fürchtete um ihre zentrale | |
Machtposition. In den heutigen Innenstadtbereichen wurden damals nicht | |
einmal Ortsämter und Beiräte eingeführt, das passierte erst 1971. | |
Immerhin haben sich die Fraktionen der Bürgerschaft 2010 dann auf eine | |
Erweiterung der Rechte der Beiräte gegenüber der Verwaltung verständigt. In | |
der Verwaltung selbst stößt das offenbar auf wenig Gegenliebe: Ein | |
Behördenvertreter sagte etwa den Gutachtern, dass Beiräte nicht ausreichend | |
„zwischen Beiratsangelegenheiten und gesamtstädtischen Angelegenheiten“ | |
unterscheiden könnten. Dies sei in der fehlenden Kompetenz der Beiräte | |
begründet, denn „Beiräte sind mit komplizierten Fragestellungen | |
überfordert.“ | |
Über die Hälfte der befragten Beiräte gab an, dass ihnen nicht genügend | |
Rechte eingeräumt werden. Kritisiert wurde der „schleppende | |
Informationsfluss“, „Überflutung mit E-Mails“, fehlende juristische | |
Beratung. Insbesondere die Kooperation mit dem Ressort des (grünen) | |
Bausenators Joachim Lohse führt immer wieder zu Konflikten. An | |
Baugenehmigungs-Verfahren sei man nur „beteiligt“, auf die Entscheidungen | |
hätten Beiräte dann „so gut wie keinen Einfluss“, wird beklagt. | |
Insbesondere das Amt für Straßen und Verkehr, mit dem man über Tempo-30- | |
Zonen, die Gestaltung von Straßenkreuzungen und die Einrichtung von | |
Fahrradstraßen reden darf, lege die Regelungen über die Rechte der Beiräte | |
„relativ willkürlich aus“. | |
Angesichts der geringen Ausweitung der Kompetenzen ist nicht verwunderlich, | |
dass auch im Hinblick auf das Ziel „Bürgerbeteiligung“ kaum nennenswerte | |
Fortschritte zu verzeichnen sind. Auffällig sei, gab ein Beiratsvertreter | |
an, dass „es leider immer nur dieselben Personen sind, die sich | |
engagieren“. | |
29 Oct 2014 | |
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## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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