Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Späte Ehrung für sandinistischen Minister: Ganz große Koalition …
> Anlässlich seines 30. Todestags wird in Köln eine Straße nach dem
> einstigen nicaraguanischen Minister Enrique Schmidt benannt.
Bild: Sandinisten feiern in Managua ihren Sieg über die Regierungstruppen (Arc…
KÖLN taz | Auf Antrag der CDU, der Grünen und der Linkspartei wird im
Kölner Stadtteil Lindenthal ein sandinistischer Revolutionär geehrt. Eine
Straße an der Universität erhält an diesem Mittwoch den Namen von Enrique
Schmidt Cuadra, dem vor dreißig Jahren von den Contras ermordeten einstigen
Kommunikationsminister Nicaraguas.
„Wir wollen mit der Namensgebung ein Signal setzen, wie wichtig es ist,
sich für demokratische Verhältnisse einzusetzen“, sagt die Lindenthaler
Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker (CDU) zur taz.
Im Beisein von Enrique Schmidts Witwe Maria Victoria Urquijo Nuño und
seinen beiden Kindern Maité und Enrique Evenor wird Blömer-Frerker
gemeinsam mit ihrem Stellvertreter, dem Grünen Roland Schüler, das
Straßenschild enthüllen.
„Enrique Schmidt hat bei uns in Köln gelebt und ist für seinen Einsatz für
die Demokratie gestorben“, begründet sie ihr Engagement. Eine für
Christdemokraten keineswegs selbstverständliche Position: In den 1980er
Jahren, nach dem Sieg über den Diktator Somoza, betrachteten sie die
Sandinisten noch als böse Vorhut des Kommunismus.
Enrique Schmidt, dessen ostpreußischer Urgroßvater Ende des 19.
Jahrhunderts nach dem Deutsch-Französischen Krieg nach Südamerika emigriert
war, hatte ab Ende der 1960er Jahre an der Kölner Uni studiert und war
aktiv im AStA-Ausländerreferat. Nach dem Diplom kehrte er 1974 nach
Nicaragua zurück. Mittlerweile hatte er sich der Frente Sandinista de
Liberación Nacional (FSLN) angeschlossen.
## Generalvertreter für Siemens
In dem lateinamerikanischen Land arbeitete Schmidt als Generalvertreter für
den Siemens-Konzern und als Dozent für Nationalökonomie. 1975 wurde er
wegen verbotener Gewerkschaftskontakte verhaftet und wochenlang im
berüchtigten Gefängnis von Tipitapa gefoltert.
„Weder Siemens noch die deutsche Botschaft in Managua haben sich für ihn
eingesetzt“, berichtet der Grüne Schüler, Geschäftsführer des Kölner
Friedensbildungswerks. Erst internationaler Druck unter anderem der
evangelischen Kirche führte 1977 zu Schmidts Freilassung und Ausreise in
die BRD. Er promovierte an der Uni Bremen und war als offizieller Vertreter
der FSLN in Westeuropa maßgeblich an der Gründung erster
Solidaritätsgruppen in der BRD beteiligt.
Mit der Revolution zog es ihn im Frühjahr 1979 erneut zurück nach
Nicaragua.
Nach dem Sieg über die Somoza-Diktatur arbeitete Schmidt zunächst im
Innenministerium, wurde dann Polizeichef von Managua und schließlich 1982
Post- und Fernmeldeminister. Für die Finanzierung eines seiner Projekte,
eine Telefonverbindung vom Atlantik zum Pazifik, mobilisierte er Spenden in
Deutschland. Die IG Metall sammelte Geld für die Kabel.
## Von den Contras getötet
Während seiner Regierungszeit pflegte Schmidt enge Kontakte zur SPD und zur
Sozialistischen Internationalen. Am 5. November 1984 wurde der 35-Jährige
bei einem Gefecht mit den von den USA unterstützten Contras getötet. „Kurz
vorher hatte er noch auf Einladung von Hans-Jürgen Wischnewski beim
SPD-Bundesparteitag gesprochen“, erzählt Roland Schüler.
Lange ist’s her. Auf Schülers Initiative für die Straßenbenennung hat die
SPD in Köln-Lindenthal nicht reagiert. Deshalb sei sie, anders als die CDU
und die Linkspartei, nicht bei den Antragstellern gewesen, so der Grüne.
Aber immerhin haben auch die Sozialdemokraten in der Bezirksvertretung für
„das rote Geschenk Preußens“, wie ihn der sandinistische Schriftsteller und
Weggefährte Tomás Borge rückblickend bezeichnet hat, als Namenspatron
gestimmt.
„Enrique Schmidt hat sich für Gerechtigkeit eingesetzt“, sagt Schüler.
„Deshalb ist er ein Vorbild.“
5 Nov 2014
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Nicaragua
Köln
El Salvador
## ARTIKEL ZUM THEMA
taz sammelte Kohle für Knarren: Tüten voller Dollarscheine
Was passierte eigentlich mit dem Geld, das die taz einst für Waffen in El
Salvador gesammelt hat? Eine Spurensuche, 34 Jahre später.
Nachruf Carlos Fuentes: Der Pathologe der Macht
Seine Werke waren brutal nah an der Realität: Er sezierte Macht, er war
stetiger Anwärter auf den Literaturnobelpreis. Ein Nachruf auf den
mexikanischen Autor Carlos Fuentes.
FSLN-Gründer Tomás Borge gestorben: Der Zuchtmeister der Sandinisten
Er war der Wadenbeißer der Partei und ein Frauenheld: Tomás Borge, Gründer
der nicaraguanischen Guerilla FSLN. Am Montag erlag er einem Krebsleiden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.