# taz.de -- Deutschland gegen Spanien: Weltmeister schlägt Europameister | |
> Mit Dreierkette und B-Mannschaft: Erstmals nach 32 Jahren gewinnt | |
> Deutschland wieder in Spanien. Im Regen von Vigo trifft Toni Kroos in der | |
> letzten Spielminute. | |
Bild: Grinsebacken: Torschütze Toni Kroos (l.) und Mario Götze | |
VIGO dpa | Im Dauerregen von Vigo hat Joachim Löw zum Abschluss des | |
glorreichen WM-Jahres noch einen Prestige-Erfolg bejubeln können. Toni | |
Kroos bescherte der deutschen Rumpfelf am Dienstagabend mit seinem Treffer | |
in der 89. Minute einen 1:0 (0:0)-Sieg gegen Europameister Spanien. | |
Im erstmals erprobten 3-4-3-System erarbeitete sich das DFB-Team ohne | |
zahlreiche gestandene Fußball-Weltmeister mit Kampfkraft und Disziplin den | |
ersten Sieg in Spanien nach 32 Jahren. Bei seinem Siegtor hatte Kroos | |
Glück, dass der eingewechselte Keeper Kiko Casilla den nassen Ball nicht zu | |
fassen bekam. | |
„Ich denke, dass man sich keinen besseren Jahresabschluss wünschen kann. | |
Und das bei schwierigen Bedingungen und in einer Formation, in der diese | |
Mannschaft noch nicht zusammengespielt hat“, zog Löw in der ARD eine | |
positive Bilanz. Auch die Spieler waren mit dem Erfolg vor nur 25.500 | |
Zuschauer im betagten Estadio Balaídos hoch zufrieden. | |
„Riesenkompliment an die Mannschaft. Da macht das Fußball spielen Spaß“, | |
betonte Abwehrspieler Shkodran Mustafi. „Wir hatten uns gewünscht, zum | |
Abschluss noch mal ein gutes Spiel zu machen. Das haben wir geschafft. Ein | |
tolles Jahr und ein guter Abschluss“, bekannte Torschütze Kroos. Mit elf | |
Siegen, vier Unentschieden und zwei Niederlagen fällt die Jahresbilanz der | |
Nationalmannschaft positiv aus. | |
Die kurzfristigen Ausfälle weiterer Leistungsträger hatten dem | |
Prestige-Duell gegen den Europameister im Vorfeld einiges an Reiz genommen, | |
doch die zur Notgemeinschaft gewordene DFB-Elf zog sich in ungewohnter | |
taktischer Ausrichtung achtbar aus der Affäre. Löw experimentierte im | |
letzten Spiel des Jahres mit einer Dreier-Abwehrkette, die Sebastian Rudy | |
und Erik Durm auf den Außenbahnen bei gegnerischem Ballbesitz zur | |
Fünfer-Reihe verdichteten. | |
## Starker Abwehrchef Mustafi | |
Und Löws Maßgabe wenig zuzulassen ging auf. Denn die Behelfsabwehr mit | |
Benedikt Höwedes und seinen Nebenleuten Antonio Rüdiger und Mustafi machte | |
ihre Sache sehr ordentlich, auch wenn Spaniens Jungstar Isco immer wieder | |
versuchte, seine Angriffskollegen in Szene zu setzen. | |
Pluspunkte sammelte vor allem Mustafi, der die schwierige Aufgabe im | |
Abwehrzentrum engagiert erledigte, energisch in die Zweikämpfe ging und | |
auch schon die Kommandos gab. Auch Ron-Robert Zieler zählte an einem völlig | |
verregneten Abend in Galizien zu den Gewinnern. Der Hannoveraner | |
entschärfte die drei größten Gelegenheiten der Hausherren und sicherte | |
damit das zu Null. | |
Im Spiel nach vorne kam die deutsche Mannschaft über gelegentliche Ansätze | |
allerdings kaum hinaus. Sami Khedira konnte wegen mangelnder Fitness und | |
Spritzigkeit die ihm zugedachte Rolle als Ankurbler zunächst nicht | |
ausfüllen, steigerte sich aber nach der Pause deutlich. Sein Madrider | |
Teamkollege Kroos agierte sehr dosiert. Mario Götze wurde kaum ins Spiel | |
eingebunden, zudem fehlte ihm schon nach 22 Minuten in Thomas Müller ein | |
Anspielpartner. | |
Müller vergrößerte Mitte der ersten Halbzeit die Ausfallliste | |
angeschlagener Weltmeister. Wegen eines Pferdekusses an der linken | |
Gesäßhälfte als Folge eines Fouls musste Müller seinen Platz im offensiven | |
Mittelfeld für Karim Bellarabi räumen, der das bis dahin sehr dezente | |
Offensivspiel sichtlich belebte. | |
## Selten zwingende Aktionen | |
Bei starkem Dauerregen und böigem Wind stand die Anfangsphase im Zeichen | |
der Spanier, auch wenn die Gastgeber nicht mehr ihr in der Vergangenheit | |
gefürchtetes Kurzpassspiel aufzogen. In der 12. Minute wurde Torhüter | |
Ron-Robert Zieler in seinem vierten Länderspiel durch einen Distanzschuss | |
von Debütant Nolito geprüft. Rüdiger hatte den 28 Jahre alten Angreifer von | |
Celta de Vigo einen Moment lang aus den Augen gelassen. Ein gutes | |
Zusammenspiel zwischen Müller und Mario Götze bescherte der Löw-Elf nach 20 | |
Minuten die erste Chance. Iker Casillas meisterte in seinem 160. | |
Länderspiel den trockenen Schuss des WM-Finaltorschützen. | |
Ihre seltenen offensiven Akzente setzte die deutsche Elf vor allem dann, | |
wenn das Tempo angezogen wurde. In der 33. Minute bot sich Rudy eine | |
unverhoffte Chance zum Abschluss, nachdem die spanische Abwehr den Ball | |
nicht aus dem Strafraum bekam. Der Schuss des Hoffenheimers flog allerdings | |
weit über den Kasten. | |
Auf inzwischen durchweichtem und tiefem Rasen hatten beide Teams nach der | |
Pause immer mehr Probleme mit der Standfestigkeit. Zwingende | |
Angriffsaktionen besaßen daher Seltenheitswert. So resultierte die nächste | |
Torchance auch aus einer Standardsituation, als Zieler den | |
18-Meter-Freistoß von Lokalmatador Nolito mit den Fäusten zur Ecke lenken | |
konnte (59.). Auf der Gegenseite hatte der eingewechselte Kiko Casilla im | |
spanischen Tor beim Distanzschuss von Kevin Volland größte Probleme, den | |
nassen und rutschigen Ball zu parieren (79.). Acht Minuten vor dem Ende | |
verhinderte Zieler gegen Pedro das drohende 0:1. | |
## Einzelkritik der Mannschaft | |
Zieler: Erledigte seine Aufgaben souverän. Parierte gut gegen Molito | |
(12./59.) und Pedro (82.). Und: Sein erster DFB-Sieg. | |
Rüdiger: Die Schwächen im Spielaufbau kompensierte der Schwabe mit guten | |
Zweikampfwerten. Häufig aber noch zu ungestüm. | |
Mustafi: Erstmals Abwehrchef und dabei lautstarker Dirigent. Rechtfertigte | |
Löws Vertrauen und ist so ein Mann mit Zukunft. | |
Höwedes: Fast wieder auf der linken WM-Position im Abwehrriegel. Fand immer | |
besser in die Zweikämpfe. Rettete gegen Morata (57.). | |
Rudy: Ein vielversprechender Auftritt. Empfahl sich rechts mit guter | |
Technik als Alternative. Sein Schuss (33.) ging drüber. | |
Khedira: Wirkte bei seinem Kapitänsdebüt nicht fit. Lief zunächst oft | |
hinterher. Steigerte sich dann noch deutlich. | |
Kroos: Der Ballverteiler spielte sehr ökonomisch, agierte geschickt in den | |
Zweikämpfen und entschied am Ende die Partie. | |
Durm: Auch in der offensiveren Position auf der Außenbahn konnte er kaum | |
Impulse setzen. Muss noch viel lernen. | |
Müller: Nach Foul von Ramos früh angeschlagen und nach 22 Minuten mit | |
Gesäßschmerzen raus. Zuvor noch guter Pass auf Götze (20.). | |
Götze: Hatte die erste Chance (20.). Ließ seine tolle Technik sporadisch | |
aufblitzen. Oft fehlte ihm die Unterstützung. | |
Volland: Prüfte mit frechem Distanzschuss Casilla (79.). Noch fehlt es an | |
Durchschlagskraft. Muss 2015 in der U21 reifen. | |
Bellarabi: Kam erstmals im DFB-Trikot von der Bank und belebte mit seinen | |
Dribblings gleich das Spiel. Ließ später etwas nach. | |
Kruse: Der Gladbacher durfte noch einmal für sieben Länderspiel-Minuten | |
ran. Torgefahr bewirkte er dabei nicht. | |
Bender: Kam in der Nachspielzeit für Khedira. Brachte Sieg mit über die | |
Zeit. | |
19 Nov 2014 | |
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