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# taz.de -- Altenpflege von Migranten: In Würde altern für alle
> Ein Berlin leben 40.000 Migranten im Rentenalter – Tendenz steigend. Eine
> Tagung zeigt, dass es mehr kultursensible Altenpflege braucht.
Bild: Auch Migranten kommen in die Jahre
Eine junge türkische Pflegerin im Urban-Krankenhaus fragt eine ältere
griechische Patientin, ob sie denn besondere, religiös motivierte
Fastenvorschriften habe. „Ja, mittwochs und freitags isst sie nur vegan“,
antwortet Eleni Werth, die für die Dame übersetzt. Diesen kleinen Dialog
zitiert Werth von der AG Migration des Landesseniorenbeirats Berlin immer
gern, wenn sie deutlich machen möchte, was kultursensible Altenpflege
bedeutet. Zuletzt hat sie die vielsagende Geschichte auf der Berliner
Tagung zu „Interkultureller Altenhilfe“ am Dienstag im „Kompetenz-Zentrum
Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe“ in Friedrichshain erzählt. Auf der
Tagung gaben Fachleute Empfehlungen „für eine kultursensible Pflege älterer
Migrantinnen und Migranten“.
Kulturelle, religiöse und andere Besonderheiten bei älteren Migranten
müssten eigentlich selbstverständlich abgefragt werden. Doch das eingangs
erwähnte Urban-Krankenhaus in Kreuzberg ist wie die meisten
Pflegeeinrichtungen nicht auf kultursensible Pflege spezialisiert. Es war
nur ein Zufall, dass in dem Moment diese junge türkische Frau Dienst hatte
und sensibel auf die Bedürfnisse der alten griechischen Dame einging.
Das Pflegesystem hat es versäumt, mit seinen Angeboten den Bedürfnissen und
Wünschen von Zuwanderern Rechnung zu tragen. Doch einzelne Migranten haben
immer wieder auf den Bedarf aufmerksam gemacht. „Sie sehen sich als Bürger
dieses Staates, für den sie jahrelang gearbeitet haben, und sie fordern ihr
Recht ein, in diesem Land auch in Würde zu altern“, erklärt Nadia Nagie,
Leiterin des Kompetenzzentrums Interkulturelle Öffnung der Altenpflege.
In Berlin leben etwa 40.000 Migranten im Rentenalter, 2030 werden es in
Deutschland rund drei Millionen sein. Das erfordert ein Umdenken in der
Altenpflege – nicht nur bei der Sprachkompetenz des Personals.
Es gibt über 600 Pflegedienste in Berlin; ständig kommen Anbieter hinzu,
und andere verschwinden vom Markt. Viele Pflegedienste sind türkisch- oder
russischsprachig, sie garantieren aber nicht unbedingt gute Arbeit. Es gehe
nicht darum, kulturspezifische Pflege anzubieten, sondern die Pflegedienste
für verschiedene Kulturen zu öffnen, erklärt Monika Lücke, die Beauftragte
des Senats für Integration. „Wie der Mehraufwand finanziert werden soll,
muss natürlich der Bund regeln, wir können nur Empfehlungen geben“, sagt
die Beauftragte des Senats für Gesundheit, Christine Fuhrmann. Es muss eine
„biografieorientierte Pflege, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt,
garantiert werden“, ergänzt Nadia Nagie. Konkret gehe es bei der
kultursensiblen Altenpflege vor allem um Essgewohnheiten, den Umgang mit
der Intimpflege und den Wunsch nach gemeinschaftsorientierten Wohnmodellen,
erklärt Fuhrmann.
Das andere Problem sieht Fuhrmann bei der Öffentlichkeitsarbeit. Noch immer
sprechen Beratungsstellen und Seniorenorganisationen die Migranten nicht
an. Aber gerade diese Gruppe weiß zu wenig über ihre Rechte als Patient
oder als pflegende Angehörige. Sie kennen das Versorgungssystem der
Pflegeversicherung nicht und wissen nicht, wie sie ihre Ansprüche
durchzusetzen sollen. Deshalb wirbt der Senat verstärkt in den Communitys
und wendet sich dabei auch an migrantische Medien. LEYLA DERE
20 Nov 2014
## TAGS
Migranten
Pflege
Soziales
Altern
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Pflege
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